BLKÖ:Widerhofer, Joseph

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 55 (1887), ab Seite: 242. (Quelle)
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Widerhofer, Joseph (Tonsetzer, geb. zu Maria-Zell in Steiermark am 7. Jänner 1786, gest. daselbst am 24. Februar 1857). Sein Vater Franz Xaver war Organist in Maria-Zell, die Mutter Maria Anna eine geborene Spreng. Ersterer, ein geschickter Musicus, auch Componist und in Orgelspiel und Tonsatz der Lehrer des nachmaligen Capellmeisters bei St. Stephan in Wien Joseph Preindl, ertheilte seinem Sohne Joseph den ersten Unterricht im Gesang, auf der Orgel und im Generalbaß, und dieser machte hierin solche Fortschritte, daß er schon im Alter von sieben Jahren bezahlter Discantist wurde, im Alter von zwölf Jahren in Gegenwart der Wiener Procession die sogenannte große Zeller-Messe von Joseph Haydn auf der dortigen großen Orgel spielte. Als dann 1798 sein Vater starb, bekam er dessen Organistenstelle, mit welcher er nicht nur sich, sondern auch die Mutter und seine vier noch unmündigen Brüder erhalten mußte. Da er aber im Orgelspiel zwar fest, im Tonsatz dagegen noch schwach war, berief ihn Joseph Preindl zu sich nach Wien und unterrichtete ihn durch ein halbes Jahr in der Composition. Nach dieser Zeit mußte er wieder nach Maria-Zell, wo er den Sommer über als Organist unentbehrlich war; zurückkehren und sich durch eigenes Studium im Tonsatz fortbilden, wobei er auch zu componiren anfing. Im Jahre 1810 machte ihm Preindl den Antrag, nach Wien zu kommen und ihn in seinem Capellmeisteramte zu unterstützen. [243] Allein Widerhofer, der seinen vier Brüdern zwar bereits zu einem Brode verholfen hatte, schlug doch seiner Mutter zuliebe, die sich von Maria Zell nicht trennen mochte, diese für ihn aussichtsvolle Laufbahn aus und blieb in seinem Geburtsorte, wo er sich noch im nämlichen Jahre mit Josepha Ritter vermälte. 1815 erhielt er zu seinem Organistendienste noch die Lehrerstelle an der Maria-Zeller Trivialschule, und 1827 ernannte ihn das Gratzer Ordinariat zum Musterlehrer. Am 5. August 1849 feierte er sein fünfzigjähriges Jubelfest als Organist, und am 15. Februar 1850 verlieh ihm Seine Majestät der Kaiser Franz Joseph die kleine goldene Civil-Ehrenmedaille am Bande. Widerhofer’s Leben ging ganz in seinem Doppeldienst als Organist und Lehrer auf, und als er starb, geschah es gleichsam in seinem Berufe. Denn da er in der letzten Zeit bei dem angestrengten Dienste im Sommer nicht selten die Stelle des Bassisten suppliren mußte, erlag er, 71 Jahre alt, infolge der Ueberanstrengung einer Lungenlähmung, nachdem er nur wenige Tage vor seinem Tode an einem Marienfeste eine Pastoralfuge mit hinreißender Begeisterung gespielt und die Besucher der Kirche auf das höchste entzückt hatte. Widerhofer war auch ein fleißiger Componist, meist auf kirchlichem Gebiete, obgleich er auch einige profane Musikstücke, wie: Theatermelodien, und für sogenannte türkische Musik componirt hat. Er schrieb: 8 Messen, nämlich 6 Missae solennes und 2 Missae ordinariae, darunter die sogenannte Brandmesse in C, zum Andenken an den 1827 in Maria-Zell stattgehabten Brand, dem Erzherzog Johann gewidmet, in Wien bei Haslinger im Stich erschienen; die Dankmesse in D zur Danksagung für die Rettung Seiner Majestät des Kaisers, dem Kaiser gewidmet, in Gratz bei Lor. Greiner erschienen; die Messe in B 1839 zur Feier seiner 40jährigen Dienstzeit als Organist, und die Primizmesse, componirt 1842 sammt Graduale, Offertorium und Veni sancte spiritus zur Primiz seines Sohnes Ignaz Widerhofer, nachmaligen Pfarrers in Liezen; 2 Te deum laudamus eines im Jahre 1814 zur Friedensfeier; 12 Offertorien, 25 Salve Regina, 5 Regina coeli, 3 Ave Regina, 19 Sub tuum praesidium, 6 Gradualien, 3 Applausus, 9 Litaneien, 1 Cantate und 2 Symphonien. Das mir vorliegende Verzeichniß dieser Compositionen, die mit Ausnahme der Brandmesse (1827), der Messe in B (1839) und der Primizmesse (1842) vor 1825 geschrieben sind, ist, wenn ich nicht irre, einer handschriftlichen Skizze Widerhofer’s entnommen, welche dieser für das Conservatorium der Musik in Wien entwarf. Gewiß wird er nach 1825 als Componist noch thätig geblieben sein, obwohl sein Nekrolog nichts davon erwähnt.

Der Aufmerksame (Gratz, 4°.) 1857, Nr. 16: „Correspondenz aus Maria-Zell 9. April“.