Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 45 (1882), ab Seite: 214. (Quelle)
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Tobenz, Daniel (gelehrter Theolog und Fachschriftsteller, geb. in Wien 1743, gest. daselbst am 20. August 1819). In seiner Vaterstadt besuchte er die Schulen und trat nach öffentlich abgehaltener Disputation aus den philosophischen Disciplinen 1762 zu Klosterneuburg in den Orden der regulirten lateranensischen Chorherren des h. Augustin. Nachdem er die Ordensgelübde abgelegt hatte, studirte er Theologie in Wien, und zum Priester geweiht, primizirte er am 4. April 1768, von da ab theils in seinem Kloster, theils zu Hietzing nächst Wien geistlichen Verrichtungen obliegend. Während dieser Wirksamkeit erlangte er 1772 die theologische Doctorwürde und trug nun in seinem Stifte den Novizen Theologie vor. Nach Abschaffung der Jesuiten bewarb er sich 1774 um einen Lehrstuhl an der Wiener Hochschule, an welcher er auch 1775 die Professur für Patrologie, theologische Literaturgeschichte und Polemik erhielt. Zehn Jahre, bis. zum Erscheinen eines neuen Lehrplanes, bekleidete er diese Stelle, sich zugleich in seinem Fache schriftstellerisch beschäftigend. Vom Lehramte entfernt, versah er 1786 das Decanat der theologischen Facultät, mußte aber noch im Februar d. J. die Supplirung der Lehrkanzeln der Hermeneutik, des neuen Testaments und der griechischen Sprache übernehmen und bis Ende des Schuljahres fortführen. 1787 wurde er zum Notar der theologischen Facultät und nach dem Tode des Abtes im Cistercienserstifte zum h. Kreuz nächst Baden bei Wien von dem Fürsterzbischofe in Wien zum Commendabte dieses Stiftes ernannt. Da aber dasselbe die Ermächtigung erhielt, sich selbst einen Abt aus seinen Gliedern zu wählen, trat Tobenz seine Stelle gar nicht an. Dagegen erlangte er durch seinen Abt [215] Floridus Leeb die Präfectur des Neuburgerhofes in Wien, und die reiche Muße dieses Postens, welchen er drei Jahre lang verwaltete, widmete er seinen theologischen Studien. 1790 trat er das Lehramt der Dogmatik an der Wiener Hochschule an und bekleidete es, bis er 1803 bei seinen vorgerückten Jahren sich genöthigt sah, demselben zu entsagen. Im Jahre 1806 wurde er als geistlicher Rath und Director der theologischen Studien des Erzherzogs Rudolph, nachmaligen Cardinals und Olmützer Erzbischofs, berufen und 1811, nach Beendigung seiner Mission, mit ganzem Gehalte pensionirt und zugleich zum Propste der h. Jungfrau Maria von Adony ernannt, worauf er in den Neuburgerhof zurückkehrte. Hier nun widmete er sich der Redaction der Gesammtherausgabe seiner Werke, starb aber noch kurz vor Vollendung dieser Arbeit im hohen Alter von 76 Jahren. Die Titel der von Tobenz im Druck erschienenen Schriften sind: 1) „Patrologiae et historiae literar. Theolog. Conspectus“ (Wien 1776, 8°.); – 2) „Examen tractatus J. Barbeyracii de doctrina morali patrum eccles.“ (Wien 1785, 8°.), J. Barbeyrac (geb. 1674, gest. 1729), ein berühmter französischer Theolog, hatte im Jahre 1728 sein „Traité de la morale des Pères“ herausgegeben, worin er die Ansichten des Benedictiners Ceillier (geb. 1688, gest. 1761), die dieser in seinem berühmten Werke: „Apologie de la morale des Pères de l’église“ ausgesprochen und worüber sich eine gelehrte Polemik entspann, bekämpfte. Jenes Werk unterzog Tobenz seiner wissenschaftlichen Kritik; – 3) „Institutiones, usus et doctrina patrum“ (Pesth 1787, dritte Ausgabe Wien 1819, 8°.); – 4) „Paraphrasis psalmorum ex hebraico adornata“ (Wien 1814); – 5) „Institutiones S. Scripturae“, Zwei Bände (Wien 1814, 8°.); – 6) „Institutiones theologiae moralis“, drei Bände (ebd. 1815); – 7) „Commentarius in S. Script. novi foederis“ (ebd. 1819, 8°.); – 8) „Theologia dogmatica“, fünf Bände (ebd. 1820, 8°.). Ein Jahr nach seinem Ableben erschienen seine „Opera omnia“ (Wien 1820, Degen, später ebenda bei Binz) in XV Bänden, von denen Bd. I und II: Nr. 5 der oben genannten Werke; Bd. III: Nr. 4; Bd. IV bis VI: Nr. 6; Bd. VII und VIII: Nr. 7; Bd. IX: Nr. 1 und 3 und Bd. X bis XV: Nr. 8 enthält. Tobenz war ein gelehrter Priester von gründlichem Wissen und von vorurtheilsfreien Ansichten. Seine Schüler in den theologischen Disciplinen waren mehrere Kirchenfürsten späterer Zeit, so Fürstbischof Ernst von Schwarzenberg [Band XXXIII, S. 39], Ferdinand Mar. Graf Chotek[WS 1], Fürsterzbischof von Olmütz, und Andreas Graf von Ankwicz und Skarbek [Bd. I, S. 44], Erzbischof von Lemberg, einer der interessantesten kirchlichen Würdenträger Oesterreichs im ersten Drittel des laufenden Jahrhunderts. Seine Paraphrase der Psalmen hat Tobenz seinem kaiserlichen Zöglinge Erzherzog Rudolph gewidmet.

Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1837, 8°.) Bd. V, S. 376. – Waitzenegger (Franz Joseph). Gelehrten- und Schriftsteller-Lexikon der deutschen katholischen Geistlichkeit (Landshut 1820, Jos. Thomann, 8°.) Bd. II, S. 459.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Ferdinand Mor. Graf Chotek.