BLKÖ:Strassoldo, Julius Cäsar Graf

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 39 (1879), ab Seite: 282. (Quelle)
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Strassoldo, Julius Cäsar Graf (k. k. Feldmarschall-Lieutenant und Ritter des Maria Theresien-Ordens, geb. zu Görz im Jahre 1791, nach Strack 1793, gest. auf dem Familienschlosse Strassoldo im Herzogthume Friaul am 21. September 1855). Von der ersten Linie des Hauses Graffemberg. Der Sohn des k. k. Kämmerers Leopold Grafen Strassoldo und Franziskas, geborenen Gräfin Auersperg, k. k. Sternkreuz-Ordensdame. Ueber das altadelige, namentlich in Oesterreichs Kriegsgeschichte hervorragende Friauler Geschlecht der Strassoldo bringen Näheres die Quellen Seite 285. Julius Cäsar Graf S. betrat im 16. Lebensjahre die militärische Laufbahn als Cadet im 4. Linien-Infanterie-Regimente Hoch- und Deutschmeister. Dem eigenen Verdienste verdankte er am 15. Februar 1809 die Ernennung zum Fähnrich im Regimente, und schon zwölf Tage später wurde er, bei seiner Vorliebe für den Dienst bei den Jägern, als Unterlieutenant zum 5. Feldjäger-Bataillon eingetheilt, in welchem er nach der Schlacht von Aspern zum Oberlieutenant vorrückte. Seine angeborene Kaltblütigkeit erregte schon damals die Bewunderung seiner Untergebenen; im heftigsten Feuer und in den gefährlichsten Situationen bewahrte Strassoldo stets jene Ruhe und Sicherheit in allen seinen Handlungen, wie auf dem Exercierplatze in Friedenszeit. Bei Wagram wurde er verwundet und leitete blutend seine Tirailleurs an die für den Feind gefährlichsten Orte. Beim Ausbruch des Kampfes zwischen Frankreich und Rußland im Jahre 1812 gehörte das 5. Jäger-Bataillon zu dem von dem Feldmarschall Karl Fürsten zu Schwarzenberg befehligten Auxiliarcorps, in der Brigade Suden unter dem Feldmarschall-Lieutenant Trautenberg. Am . August 1812, als die Division Trautenberg vor Pruzany ankam, wo Regnier mit dem siebenten Corps (Sachsen) mit dieser und der Division Frimont sich vereinigte, um den feindlichen General Lambert zu attaquiren, den er auch von Position zu Position bis Koziebrod [283] drängte, gerieth das 5. Jäger-Bataillon auf einem bei 1200 Schritt langen Damm in das heftigste Kanonenfeuer und mußte diese gefährliche Strecke durchschreiten, um ein Wirthshaus zu stürmen, welches mit Infanterie und drei Kanonen besetzt war. Strassoldo an der Spitze seiner Abtheilung war einer der Ersten, die sich dem gefährlichen Punkte näherten, er bedrohte, indem er, durch einen Morast watend, des Feindes linke Flanke zu umgehen wußte, diesen derart, daß der Frontalangriff gelang. Während der Schlacht bei Podubje am 12. August 1812 kämpfte er wieder in den vordersten Reihen. Alle folgenden Gefechte machte er theilweise auch als Compagnie-Commandant mit. Im Jahre 1813 stand er bei der leichten Division des Feldmarschall-Lieutenants Grafen Bubna. Im August wurde er zum Capitänlieutenant befördert, als solcher machte er die Affairen bei Reichenberg, und Gabel in Böhmen, dann jene bei Stolpen und Fischbach in Sachsen und drei Gefechte in der Dresdener Haide mit. Die Division Bubna marschirte nach Leipzig und betheiligte sich in der daselbst vorgefallenen großen Schlacht in rühmlichster Weise. Nach der Schlacht von Leipzig kam ein Theil der Division Bubna, darunter auch das 5. Jäger-Bataillon, zum Cernirungscorps von Dresden auf das rechte Elbeufer. Bei dem großen Ausfall Anfangs November, den der Marschall Mouton-Lobau unternahm, vertheidigte Hauptmann Strassoldo mit seiner Compagnie den Wald auf der Meißener Straße mit großer Bravour, wofür er auch vom Feldmarschall-Lieutenant Prinzen Wied-Runkel öffentlich belobt wurde. Nach der Capitulation führte er mit seiner Compagnie die erste Colonne der gefangenen Dresdener Garnison nach Altenburg. Dann eilte er zur Division Bubna an den Rhein. Im folgenden Jahre stand er in der Division Lederer und Brigade Scheither während des Marsches nach Paris. Bei Maçon kam das Bataillon in ein hartnäckiges Gefecht, in dem er zum zweiten Male verwundet wurde, demungeachtet folgte er seiner Truppe und zog mit ihr zu Anfang April in Paris ein. Im Jahre 1815 rückte er zum wirklichen Hauptmanne vor und wurde zugleich zum 5. Feldjäger-Bataillon übersetzt; als solcher machte er den Feldzug 1815 in der Brigade Baron Paumgarten im Reserve-Armeecorps des Erzherzogs Ferdinand d’Este mit. 1820 und 1821, nachdem er an dem vom Feldmarschall-Lieutenant Baron Bianchi in sechs Wochen beendeten Feldzug gegen Neapel theilgenommen, befand er sich im damaligen Occupations-Heere bis zum Abzug der k. k. Truppen aus dem Königreiche. Im Jahre 1833 wurde er in seinem Range Major und in das Kaiser-Jäger-Regiment eingetheilt, wo er auch im März 1836 zum Oberstlieutenant vorrückte. Im Juli desselben Jahres wurde er zum Obersten und Commandanten des 26. Linien-Infanterie-Regiments König Wilhelm der Niederlande ernannt. Bei seiner besonderen Vorliebe für die Jägertruppe bat er nach einigen Jahren um die Wiedereintheilung zu derselben, was ihm im Jahre 1841 unter Verleihung des Commandos bei dem 10. Jäger-Bataillon auch gewählt wurde. Als er 1846 zum General-Major und Brigadier in Italien ernannt worden war, kam sein ehemaliges 10. Jäger-Bataillon wieder unter seine Befehle; so traf ihn das verhängnisvolle Jahr 1848 in Verona. Nun fügte es sich, daß General Graf Strassoldo und [284] 10. Jäger-Bataillon an ein und derselben Stelle und am nämlichen Tage, das ist bei Santa Lucia, die höchsten Beweise von Klugheit, Umsicht und Tapferkeit an den Tag legen konnten. Die Thaten des 10. Jäger-Bataillons unter Kopal [Bd. XII, S. 421] sind bekannt; S.’s Leistung ergibt sich aus der folgenden Darstellung. Mit seiner sehr schwachen Brigade, die nur aus dem 10. Jäger-Bataillon, dem kleinen 3. Bataillon vom Erzherzog Sigismund-Infanterie-Regimente, der sechspfündigen Cavallerie-Batterie Nr. 3 und aus der ersten Major-Division von Radetzky-Huszaren gebildet war, bekämpfte er demungeachtet, daß der ihm zugewiesene Vertheidigungs-Rayon in keinem Verhältnisse zu seiner Schwäche stand, den ihm sehr überlegenen Feind, der mit der piemontesischen Brigade Uosta und den Garden Santa Lucia angriff, durch beinahe drei Stunden im Orte selbst auf das heldenmüthigste und nahm dann, als er der Uebermacht dennoch weichen mußte, einige hundert Schritte hinter dem Orte auf dem die Ebene von Verona einschließenden Rideau abermals Stellung. In dieser Position verblieb er selbst dann, als ihm vom ersten Armee-Corps-Commando der Befehl zukam, sich nach Verona zu repliiren, weil er die Wichtigkeit seiner Stellung ebenso schnell erkannte, als den Vortheil, welcher durch die Festhaltung des Rideaus für die das Dorf San Massimo vertheidigende Brigade Gyulai erwuchs. Dieses Gefecht war eines der rühmlichsten des ganzen Feldzuges. Die großen Folgen der Schlacht von Santa Lucia für den glücklichen Ausgang desselben sind allbekannt. Der Feldmarschall Graf Radetzky selbst gab dem General Strassoldo das Zeugniß, daß ohne die tapfere Vertheidigung der Brigade Strassoldo die Stellung auf dem (damals noch nicht verschanzten) Rideau vor Verona nicht haltbar gewesen wäre, und hätte der Feind sich dort festgesetzt, so wäre die Offensivkraft Veronas gelähmt gewesen. Am 29. desselben Monats (Mai) focht Strassoldo mit seiner Brigade bei Curtatone und Montanaro, Tags darauf bei Goito. In der Relation des Feldmarschalls Grafen Radetzky steht der Name Strassoldo an der Spitze Derjenigen, welche der Feldherr wegen ihrer persönlichen Aufopferung, Tapferkeit und Gewandtheit vor Allen bezeichnete. Am 23. Juli 1848, als die Attaque gegen Sommacampagna angeordnet wurde und die beiden Brigaden Supplikaz und Wohlgemuth, durch das verheerende Feuer der Piemontesen am meisten litten, stand Strassoldo mit seiner Brigade (zusammengesetzt aus dem 10. Jäger-, den zwei ersten Feldbataillonen Prinz Hohenlohe Nr. 17 u. m. a. mit dem Generalstabs-Hauptmann von Kuhn) in Reserve, er erfaßte den günstigsten Augenblick und rückte gegen Sommacampagna vor; durch sein Andrängen gelang es dann, diesen Ort zu erobern. Rühmlichst genannt wird ferner Strassoldo in den glücklichen Gefechten bei Oliosi, Monte Vento, Valleggio, Vicenza, Monte Berico, Padua, San Felice, Busiasco, Ca Verde und besonders in Gambaloita, wo seine Brigade neun der sechzehnpfündigen Geschütze während des Gefechtes dem Feinde abnahm. Er befehligte beim Vorrücken der Armee nach Mailand die Avantgarde-Brigade. Der Feldmarschall Graf Radetzky nannte in der Relation, welche er nach der letzten entscheidenden Epoche des Feldzuges dem k. k. Kriegsministerium einsandte, den General Strassoldo [285] wieder unter Jenen, welche ihm so würdig und tapfer mit der ganzen Kraft ihrer Seele beigestanden hatten. Jedoch in seiner Bescheidenheit drängte sich derselbe nie vor und mußte hohen Orts erst aufgefordert werden, um den Theresien-Orden zu bitten, weil die Statuten dieses Ordens es so fordern. Mittlerweile verlieh ihm Seine Majestät der Kaiser das Commandeurkreuz des kaiserlichen Leopold-Ordens. Bei der Wiedereröffnung der Feindseligkeiten gegen den König der Sardinier, 1849 im denkwürdigen Feldzuge der fünf Tage, bestand Graf Strassoldo mit seiner Brigade (wieder das 10. Jäger- und vier Bataillons Hohenlohe-Infanterie Nr. 17) das Avantgarde-Gefecht am 21. März bei San Siro und Gambolo. Das k. k. Militär-Verdienstkreuz wurde ihm hier zutheil. In Folge Capitelbeschlusses des Militär-Maria Theresien-Ordens ward ihm im Juli 1849 das Ritterkreuz zuerkannt. Im April 1849 rückte General-Major Strassoldo zum Feldmarschall-Lieutenant vor und erhielt im nämlichen Jahre das vacant gewordene 61. Linien-Infanterie-Regiment. Zur Wahrung des Andenkens der Helden von Santa Lucia ließ der Feldmarschall Graf Radetzky jene Redouten und Batterien, welche zur Vollendung der Befestigung von Verona auf dem Rideau permanent erbaut wurden, mit den Namen jener Generale bezeichnen, die am 6. Mai 1848 daselbst so tapfer kämpften; und so erhielt jene Batterie, welche den Ort vertheidigte, den Strassoldo so heldenmüthig behauptete, seinen Namen. Außer seinem Kaiser halten den Grafen auch Sicilien, Rußland und Papst Pius IX. mit Orden ausgezeichnet. Im Jahre 1853, im 45. seines Dienstes, trat Graf S., zuletzt Divisions-Commandant in Mailand, über sein Ansuchen in den wohl verdienten Ruhestand und begab sich auf das Familienbesitzthum Strassoldo nach Friaul, wo ihn die Cholera, die eben in jenen Gegenden so verheerend auftrat, am 21. September 1855 dahinraffte. Der Graf blieb unvermält. Als Soldat von bewunderungswürdiger Tapferkeit, in seinem Wesen anspruchslos, gegen seine Untergebenen streng, jedoch gerecht, als Mensch bieder und charaktervoll, war er eine Zierde der kaiserlichen Armee, in welcher sein Andenken fortlebt.

Strack (Joseph), Die Generale der österreichischen Armee. Nach k. k. Feld-Acten und anderen gedruckten Quellen (Wien 1850, Keck und Sohn, br. 12°.) S. 527. – Hirtenfeld (J. Dr.), Der Militär-Maria Theresien-Orden und seine Mitglieder (Wien 1857, Staatsdruckerei, kl. 4°.) Bd. II, S. 1508. – Militär-Zeitung. Herausgegeben von J. Hirtenfeld (Wien, gr. 4°.) 1855, Nr. 118. S 793: „Nekrolog“. – Oesterreichische Zeitung (Wiener polit. Blatt) 1855, Nr. 381. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.), V. Supplementband, S. 1062, Nr. 2.