BLKÖ:Steinacker, Gustav

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Steinacker, Karl
Band: 38 (1879), ab Seite: 45. (Quelle)
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Steinacker, Gustav (protestantischer Theolog und Schriftsteller, geb. zu Wien 1. März 1809, gest. zu Buttstädt (auch Buttelstädt) nächst Weimar, 7. Juni 1877). Schrieb auch unter dem Pseudonym G. Treumund. Seine Jugend verlebte er in Ungarn, wo er an den Lehranstalten zu Preßburg und Käsmark seine Ausbildung erhielt, worauf er zu Wien und Halle die theologischen Studien beendete. Nun widmete er sich dem Erziehungswesen und folgte einem Rufe nach Debreczin in Ungarn als Director der ersten deutschen Töchterschule daselbst. Später trat er in die Seelsorge, wurde zunächst Pfarrer in Göllnitz, einer Ortschaft in Preußen, und erhielt 1846 einen Ruf als Pfarrer nach Triest. In dieser Stellung stand er im Jahre 1848 besonders für die Rechte der Protestanten in Oesterreich ein, und trat dabei in so energischer Weise auf, daß er in der damaligen Aera mißliebig und unter dem Cultusministerium Leo Graf Thun ohne Untersuchung seines Amtes entsetzt wurde. Bald nach seiner Entlassung wurde er zum Prediger an der Kreuzkirche in Hannover gewählt, seine Wahl aber von dem streng orthodoxen hannover’schen Consistorium nicht bestätigt. Im Jahre 1854 begab sich S. mit seiner Familie nach Weimar und lebte daselbst bis 1857, in welchem Jahre er zum Pfarrer in Buttstädt nächst Weimar ernannt wurde, und wo er auch im Alter von 68 Jahren starb. Steinacker war sowohl in seinem geistlichen Berufe als auch sonst noch literarisch thätig. Insbesondere suchte er die Kenntniß der ungarischen Literatur durch Verdeutschung der schönsten Dichtungen derselben dem deutschen Volke zu vermitteln. Die Titel seiner Schriften sind, u. zw. der selbständigen: „Predigten. Weihestunden im Tempel des Herrn; Predigten für Freunde einer geläuterten Religionsbildung“, 2 Bände (Pesth 1839 u. f., gr. 8°.), in Gemeinschaft mit Moriz Kolbenheyer; – der 2. Band auch unter besonderem Titel: „In Allem das Eine, was Noth thut. Sonntags-, Fest- und Gelegenheits-Predigten. Von G. Steinacker“ (Triest 1848, Favarger, gr. 8°.); – „Weibliche Berufs- und Umgangslehre. Ein Leitfaden zum Schul- und Privatunterricht für reifere Töchter“ (Pest 1842, Heckenast, 8°.); – „Herzensklänge. Ausgewählte Dichtungen eines Deutschungars“ (Leipzig 1847); – „Stimmen der Zeit im Tempel des Herrn. Drei Kanzelreden, gehalten am 12., 19. und 26. März 1848 zu Triest“ (Triest 1848, Favarger, 8°.); – „Das Presbyterial- und Synodalwesen und die Union der evangelischen Kirche; erläutert in acht Kanzelreden über den von der Köthner Versammlung und der Wiener Conferenz im April und August 1848 den evangelischen Gemeinden Deutschlands und Oesterreichs zur Prüfung vorgelegten Entwurf einer neuen Kirchenverfassung“ (Triest 1848, Favarger, gr. 8°.); – „Verfassungsentwurf für die evangel. Kirche Oesterreichs nach den im Gutachten der österreich. Superintendenten und Vertrauensmänner enthaltenen Grundlinien, und mit Benützung der vom Verfassungsauschusse der Wiener Versammlung gelieferten Materialien ausgearbeitet und erläutert. Nebst Schematismus der evangelischen Gemeinden Oesterreichs und einem Unionsentwurf“ (Triest 1850 [Frankfurt a. M., Sauerländer], gr. 8°.), in Gemeinschaft mit Erhard Karl Buschbeck; – „Weimars Genius. Eine Festgabe in Lebensbildern zur hundertjährigen Geburtsfeier von Karl August“ (Weimar 1857); – „Johann Friedrich der Grossmüthige und Sybilla, Churfürst und Churfürstin von Sachsen. Ein Bild für deutsche Söhne und Töchter ...“ (Weimar 1854, Böhlau, 16°.); – „Die ernste Mahnung der Weihnacht [46] als eines geweihten Kinderfestes. Predigt u. s. w.“ (Weimar 1855, Kühn, 8°.); – „Die Reformation des 16. Jahrhunderts im Lichte der Gegenwart, erläutert in drei historisch-kirchlichen Festpredigten zur Gedächtnissfeier der Reformation .... Nebst einem Sendschreiben an Herrn Dr. theol F. G. F. Schläger in Hameln“ (Weimar 1857, Kühn, gr. 8°.); – „Predigt über Matth. 19, 14, bei der kirchlichen Eröffnungsfeier der neubegründeten Kinderbewahranstalt zu Buttelstädt am Sonntag Rogate [29. Mai 1859]. Nebst einem Anhang, enthaltend: Kurze Geschichte der Errichtung der Anstalt nebst gesetzlichen Bestimmungen derselben“ (Weimar 1859, Kühn, gr. 8°.); – „Wodurch werden auch wir in den Stand gesetzt, uns der Trübsal zu rühmen, die uns betroffen hat? Predigt über Römer 5, 3. 4., gehalten am 8. Sonntage nach Trin., nach dem grossen Brande zu Buttelstädt“ (Weimar 1859, Kühn, 8°.); – „Zur Verfassungsfrage der evangelisch-protestantischen Kirche in Deutschland. Ein Wort der Verständigung“ (Leipzig 1862, O. Wigand, gr. 8°.); – „Bilder, Studien und Klänge aus dem Bereiche des Elternhauses und Kindergartens, der Bewahranstalt und Volksschule; nach (Friedr.) Fröbel’schen Grundsätzen“ (Halle 1868, Knapp, 16°.); – „Gutachten der weimarischen Protestantenvereine Weimar, Jena, Eisenach, Buttelstädt, Stotternheim, Nohra, in ihrer Versammlung zu Weimar am 17. März 1869, über die vom grossherzoglich S. Kirchenrath vorgelegten Grundzüge zur Weimarischen Synodal-Verfassung ...“ (Weimar 1869, Kühn, gr. 8°.); – „Die Synodal- und Bekenntnissfrage der evangelischen Kirche, zunächst des Grossherzogthums Sachsen-Weimar-Eisenach und der verschiedenen kirchlichen Parteien; mit einem Schlusswort an Herrn Professor O. Nicolai in Marknippach“ (Jena 1870, Döbereiner, gr. 8°.); – „Unsere That und unser Hoffen beim zweiten deutschen Freiheitskriege. Kriegs- und Bettagspredigt über Psalm 60, 14 am 7. Sonntag nach Trinitatis (31. Juli 1870), als am allgemeinen Bettage aus Anlass des Krieges gehalten“ (ebd. 1870, gr. 8°.); – „Christenthum und Humanität. Vortrag, gehalten im Protestantenvereine zu Leipzig, am 10. December 1872“ (Berlin 1872, 8°.) auch im 4. Bande der in Berlin [Leipzig, Barth] herausgegebenen „protestantischen Vorträge“ Nr. 6; – „Friedrich Fröbel und der Volkskindergarten. Vortrag, gehalten zu Kassel am 14. Februar 1872“ (Kassel 1872, Wigand, gr. 8°.). – Auch gab Steinacker im Vereine mit Billig und Wendel die im Verlage von Knapp in Halle seit 1865 erschienenen „Predigten und Amtsreden namhafter Kanzelredner der Gegenwart“ heraus, wovon bis 1870 sechs Sammlungen veröffentlicht wurden. Ferner sind von S. folgende Uebersetzungen aus dem Ungarischen, zum Theil unter dem Pseudonym G. Treumund erschienen: „Harfentöne aus dem Ungarlande“ (Leipzig 1835); – „Abafi. Von Nikolaus Jósika. Aus dem Ungarischen übersetzt und mit Anmerkungen versehen“ (ebd. 1838, Scheld und Comp.); – „Pannonia. Blumenlese auf dem Felde der neueren magyarischen Lyrik in metrischen Uebersetzungen“ (Leipzig 1840, Wilhelm Einhorn, 8°.); dasselbe auch ungarisch und deutsch, ebenda; – „Zrinyi der Dichter. Romantische Chronik aus dem XVII. Jahrhundert. Von Nikolaus Jósika. Aus dem Ungarischen übersetzt“ (Pesth 1844, G. Heckenast, 8°.); – „Geschichte der ungarischen Dichtung von den ältesten Zeiten bis auf Alex. Kisfaludy, von Dr. Franz Toldy. Aus dem Ungarischen übersetzt“ (Pest 1863, Heckenast); – „Ungarische Lyriker von Alex. Kisfaludy bis auf die neueste Zeit (die letzten 50 Jahre), In chronologischer Reihenfolge metrisch übertragen und mit literarisch-historischer Einleitung und biographisch-kritischen Notizen [47] versehen“ (Leipzig 1875). Steinacker steht unter den Verfechtern des Protestantismus vorgeschrittenster Richtung in vorderster Reihe, und hat natürlich im orthodoxen Lager mächtige und zahlreiche Gegner. Dankbarer ist man ihm als Vermittler der magyarischen Literatur. Steinacker’s Uebersetzung der „Geschichte der ungarischen Dichtung des ungarischen Literatur-Historikers Franz Toldy ist unstreitig seine verdienstlichste Arbeit, denn sie verdeutscht uns eine anerkannt treffliche Arbeit Toldy’s, und orientirt die Deutschen zuerst auf einem ihnen noch ziemlich fremden Gebiete. Daran schließen sich, gleichsam um das Bild der ungarischen Dichtung bis auf die Gegenwart fortzuführen, seine „Ungarischen Lyriker“. Man rühmt seinen metrischen Uebersetzungen wohl Treue nach, doch sollen sie nicht immer den nationalen Charakter wiedergeben, den zu treffen, für das vom ungarischen so abweichende Idiom, wie es das deutsche, wohl sehr schwer ist.

Kertbeny (C. M.), Album hundert ungarischer Dichter in eigenen und fremden Uebersetzungen (Dresden und Pesth 1854, Schäfer und Geibel, 12°.) S. 534. – Steinacker und seine Wahl zum Pastor an der Kreuzkirche in Hannover. Ein Beitrag zur neuesten Geschichte der protestantischen Kirchenverhältnisse in Oesterreich und Hannover. Herausgegeben von einigen Mitgliedern der Kreuzgemeinde. Mit einem dreifachen Anhange (Celle 1833, Capaun, 12°.). – Frankl (Ludwig August Dr.), Sonntagsblätter (Wien, gr. 8°.) II. Jahrgang (1843), S. 689 [in der Anmerkung erscheint er irrig als Gust. Strinacker].
Porträt. T. Petter p., Bauer lith. (Kniestück, gr. Fol.).