BLKÖ:Schwarzenberg, Johann Nepomuk Fürst

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 33 (1877), ab Seite: 82. (Quelle)
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Schwarzenberg, Johann Nepomuk Fürst (Ritter des goldenen Vließes, geb. 4. Juli 1742, gest. 6. November 1789). Ein Sohn des Fürsten Joseph Adam Johann Nepomuk, aus dessen Ehe mit Maria Theresia Fürstin Liechtenstein. Die kriegerischen Wirren, in welchen sein Vater gelebt, hatten tiefe Schäden in alle Verhältnisse gerissen, und es bedurfte einer sicher leitenden Hand, um Alles wieder in das rechte Geleise zu bringen und die traurigen Spuren einer unheilvollen Zeit zu verwischen. Der Fürst nahm daher die Verwaltung seines ausgedehnten Besitzes in eigene Hand; von Staatswürden bekleidete er nur die eines k. k. Kämmerers und geheimen Rathes, nur einmal übernahm er eine diplomatische Ehrenmission, als er im Jahre 1764 die Notification der römisch-deutschen Königswahl an Papst Clemens XIII. nach Rom überbrachte, denn sonst war die Verwaltung eines so großartigen Grundbesitzes an den sich die verschiedenartigsten, und mitunter höchst wichtigen Geschäfte knüpften, mit einer Stellung bei Hofe, mit dem Dienste für den Staat kaum vereinbar. Aber als Herr und Regierer seiner Lande, deren Umfang den des Gebietes manches heut regierenden Fürsten um ein Ansehnliches übertrifft, steht Fürst Johann Nepomuk fast unerreicht da. Der Vater Joseph Adam war 1782 gestorben und Fürst Johann Nepomuk war ihm 1789 in die Gruft der Väter gefolgt, also nur sieben Jahre waren ihm gegönnt zu schaffen, aber was ist in diesen sieben Jahren geschehen! Welche Thätigkeit in der musterhaften Einrichtung und Bewirthschaftung des ungeheueren Gütercomplexes hat der Fürst entfaltet! Diese Thätigkeit commentirt der Historiograph seines Hauses am treffendsten mit folgenden Worten: „Wenn der Fürst die Agricultur und Forstwirthschaft seiner umfangreichen Güter mit scharfem Auge überwacht und das Daniederliegende möglichst zu heben sucht; wenn er nach neuen Quellen forscht und die entdeckten ruhig ausbeutet; wenn er Moräste ableitet und versumpfte Länder ertragsfähig macht und in lachende Gefilde umwandelt; wenn er sogar bis in die Urwälder dringt, und mit einem Aufwande von Hunderttausenden [83] einen Schwemmcanal künstlich eröffnend, den Weg bis zur Donau sucht, um Wien mit reichen Holzvorräthen zu versehen; wenn er durch vortheilhafte Güterverkaufe Schulden tilgt und andererseits durch Kauf, Tausch, Verträge und wohl auch durch Erbschaften seinen Besitzstand erweitert, abrundet und verbessert; wenn er sich endlich als Oberdirector und Hauptactionär selbst an die Spitze eines Zukunft verheißenden großen Handels- und Finanzinstitutes – der octroyirten Leih- und Commerzialbank gemeinschaftlich mit dem Fürsten Franz Grundacker von Colloredo-Mannsfeld und dem Grafen Friedrich von Nostiz als Mit-Oberdirectoren – stellt, und keine sonst sich darbietende Gelegenheit, zu großem gemeinnützigem Wirken versäumt, so sind diese Aufgaben völlig hinreichend, ein Menschenalter auszufüllen, auf den Namen eines hochverdienten Staatsbürgers vollgiltigen Anspruch machen zu dürfen und das goldene Vließ – dieß Symbol sieghafter Errungenschaft und hohen Preises – mit Ehren zu tragen.“ Was die oberwähnten vortheilhaften Güterverkäufe, Tausche, Käufe u. s. w. betrifft, so hat der Fürst das im westphälischen Gebiete gelegene Gimborn-Neustadt an den Grafen Wallmoden verkauft und der Fideicommißtitel wurde, durch ein Capital seinerzeit, auf den böhmischen Herrschaften versichert; durch Vergleich und Uebereinkunft erhielt er von seiner Base, der Markgräfin Elisabeth, Tochter Maria Anna’s zu Schwarzenberg und des Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden die Herrschaften Lobositz und Werschowitz nebst den Gütern Mohr und Kamalk in Böhmen und dem Nutzgenusse der Herrschaft Schlakenwerth; durch Erbschaft von derselben Markgräfin die Herrschaft Lichtenegg nebst Riegl im schwäbischen Kreise. Im Reiche erwarb der Fürst noch die Herrschaften Illereichen mit Kellmünz (n. A. hätte diese erst sein Sohn 1793 gekauft) und Unterroth in Steiermark, einige Herrschaften und Eisenhämmer u. dgl. m. War er aber ein Mehrer des Hauses, so vergaß er den Spruch noblesse obblige auch nicht und sorgte durch Stiftungen, Stipendien für das Wohl der Menschheit, und durch die neue Constituirung des bereits von seinem Vater gegründeten Pensionsfonds – nicht zu verwechseln mit dem allgemeinen Pensionsinstitut für Witwen und Waisen, dessen Mitbegründer und Protector sein Sohn und Nachfolger der Fürst Joseph Johann wurde – für das in seinen Diensten stehende Personale. Auch noch in anderer Weise war der Fürst für das Wohl seines Hauses thätig. Schon Fürst Ferdinand Wilhelm Euseb [s. d. S. 19, Nr. 21] hatte eine Secundogenitur seines Hauses in Aussicht genommen. Fürst Johann Nepomuk führte diese Idee aus, indem er testamentarisch u. A. die Uebertragung des Secundogenitur-Verbandes von den steiermärkischen Besitzungen auf eine der großen Herrschaften in Böhmen übertrug, wozu die bereits von ihm durch Zukäufe erweiterte, aus dem Eggenbergischen Erbe [siehe Fürstin Ernestine S. 18, Nr. 17] herrührende Herrschaft Worlik unter seinem Nachfolger dem Fürsten Joseph Johann Nepomuk gewidmet ward. Aus seiner (am 14. Juli 1768) mit Maria Eleonora, geborenen Gräfin Oettingen-Wallerstein geschlossenen Ehe hatte der Fürst zahlreiche Nachkommenschaft und unter den Söhnen Träger dieses Namens, deren Ruhm unvergänglich fortlebt. Außer 4 Töchtern, von denen zwei in die Häuser Fürstenberg und Lobkowitz heiratheten (siehe die II. Stammtafel), und vier in jungen [84] Jahren gestorbenen Söhnen hatte der Fürst noch folgende Söhne: den Fürsten Joseph Johann Nepomuk, Chef des Hauses und ersten Majorates und Gemal der durch ihren in Mutterliebe gefundenen Flammentod im Pariser Ballsaale unvergeßlichen Fürstin Pauline; den Fürsten Karl Philipp, den Feldmarschall und Sieger bei Leipzig 1813 und ersten Nutznießer und Chef des zweiten Majorates; den Raaber Bischof Ernst und den in jungen Jahren im Dienste für das Vaterland gefallenen Friedrich Johann Nepomuk. Mit dem Stolze eines regierenden Fürsten (siehe die Quellen) verband der Fürst auch alle Tugenden, die ein solcher besitzen soll. Ein früher Tod raffte ihn im schönsten Mannesalter von erst 47 Jahren dahin, entriß ihn einer Gattin, die im Volksmunde nur die „Gütige und Leutselige“ hieß, und den Kindern, die voll Verehrung zu diesem Vater aufblickten. Das ihm von seinen Söhnen in der Gruft zu Wittingau gesetzte Grabdenkmal aus Carrara-Marmor ist ein Werk des berühmten Bildhauers Alexander Trippel, der es zu Rom, wo der genannte Künstler lebte und starb, vollendet hatte.

Transsilvania. Beiblatt zum Siebenbürger Boten (Hermannstadt, gr. 4°.) 1856, Nr. 3, S. 12: „Das Fürstenhaus Schwarzenberg“. – Die österreichische Biedermannschronik (Freiheitsburg 1784, Gebrüder van Redlich, 8°.). Dieses Buch, das in der Auswahl seiner in dasselbe aufgenommenen Candidaten mit großer Strenge vorgeht, schreibt über den Fürsten, diesen echten Ritter des goldenen Vließes: „Ein Biedermann unter den Fürsten, der zum Beweis dient, daß wahre Größe nicht im äußerlichen Prunk besteht, sondern im echten Selbstgefühl und der inneren Ueberzeugung: man würde Dich zum Fürsten wählen, wenn Du es nicht von Geburt wärest. Er ist eigentlich Hausvater und gleichsam neuer Stifter Seines alten Stammes, ein treuergebener Kaiservasall, ein guter und beliebter Vater seiner Unterthanen, Belohner der Verdienste und Verpfleger seiner Beamten und Diener, der nahmhafte Summen jährlicher Gnadengehalte an Witwen und Waisen ausspendet und große Wohlthaten im Stillen ausübt. Wir weihen ihm diese Stelle mit jener Verehrung, die man biedergesinnten Großen schuldig ist“. – Daß der Fürst, wie oben in der Lebensskizze gesagt ist, den Stolz eines regierenden Fürsten besaß, dafür spricht nachstehende historische Reminiscenz: Im J. 1788 fertigte Fürst Johann als Senior des fürstlichen Hauses Schwarzenberg eine Urkunde aus, welche im Eingange die Worte enthielt: „Wir von Gottes Gnaden Fürst zu Schwarzenberg, Herzog von Krumau u. s. w.“. Das damals bestehende Directorium in publico politicis“, eine Hofbehörde, deren Wirkungskreis mit dem der späteren vereinigten Hofkanzlei und des jetzigen Ministeriums des Innern ungefähr der gleiche war, sah in der von dem Fürsten gebrauchten Eingangsformel eine Anmaßung, einen Eingriff in die Rechte des Monarchen, und hielt die Sache so wichtig, daß sie dieselbe dem Kaiser zur Entscheidung und Ahndung vorlegte. Joseph’s II. Entschließung ließ nicht lange auf sich warten; sie ist ganz dem hohen Geiste dieses unvergeßlichen Monarchen entsprechend und lautet: „Da der Bauer seine Hütte, und so Jeder aufwärts bis zum Landesfürsten Alles was er hat und was er ist wirklich nur durch Gottes Gnade hat und ist, so kann auch Keinem verweigert werden, seinen Stand oder seinen Besitz mit dem Beisatze „von Gottes Gnaden“ zu benamsen, der ganz in der Wahrheit begründet ist. Es darf daher in dem vorliegenden Falle dem Fürsten Schwarzenberg, noch in der Folge, wem immer, der sich dieses Ausdruckes bedienen will, deßhalb die mindeste Ausstellung gemacht werden. Joseph m. p.“ –