Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Rosenau, F.
Band: 26 (1874), ab Seite: 359. (Quelle)
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Rosen, Julius (Theaterdichter, geb. zu Prag 8. October 1833). Heißt mit seinem wahren Namen Nikolaus Duffek, den er anfänglich in seinen Stücken mit obigem Pseudonym vertauschte, gegenwärtig führt er aber euch im gewöhnlichen Leben den Namen Julius Rosen. Sein Vater Joseph Duffek war bis zum Jahre 1869 durch 48 Jahre an der Prager Bühne, und zwar durch 31 Jahre als Tenorist und Chorführer, dann durch 17 Jahre als Orchestermitglied bedienstet und beging im genannten Jahre seine Abschiedsfeier, die sich über Veranstaltung seiner Collegen zu einer besonders festlichen gestaltete. – Ein Bruder des Joseph Duffek starb als Cassier des Carl-Theaters am 7. September 1868. – Der Dichter selbst beendete die philosophischen und juridischen Studien in Prag und trat im J. 1855 bei dem Gubernium in Siebenbürgen in den Staatsdienst, kam von dort nach Oedenburg in Ungarn und im Jahre 1860 zur Polizeidirection nach Prag, wo ihm die Preßsachen und Vereinsangelegenheiten zugetheilt waren. Der unglückliche Feldzug des Jahres 1866 sollte für seine Zukunft entscheidend werden. Der damalige Statthalter Böhmens, Graf Lazanzky, verfügte seine Suspendirung von der Leitung des Preßbureau’s. Es ist dieß unmittelbar darnach geschehen, nachdem die preußischen Truppen die Hauptstadt Prag geräumt hatten. Man hatte R. „ungebührlichen Verkehr mit den Preußen“ vorgeworfen und in Folge dessen obige Verfügung erlassen. Der in seiner Amtsehre angegriffene R. verlangte Untersuchung, aus welcher sich ergab, daß R. den Muth gehabt, der preußischen Commandantur seine Mitwirkung bei ihren Amtshandlungen zu verweigern. Für dieses loyale Verhalten eine solche statthalterliche Verfügung war trotz der darauf erfolgten Rehabilitirung R.’s diesem denn doch zu viel, und R. zog es vor, lieber für immer einem Dienste zu entsagen, in welchem man nicht selten für treue Pflichterfüllung und regen Diensteifer amtliche Zurücksetzung und Demüthigungen [360] aller Art zu erfahren hat. Er legte sofort sein Amt nieder, um sich nun ausschließlich der schriftstellerischen Laufbahn, die er schon früher mit Glück betreten, zu widmen. Indem ihm gleichzeitig Wallner in Berlin und Ascher, Director des Carl-Theaters in Wien, die Stelle eines Dramaturgen an ihren Bühnen anboten, entschied sich R. für letzteren Antrag und ist seither als Dramaturg und Regisseur des Carl-Theaters in Wien angestellt. Schon als Student arbeitete R. für die Prager Blätter und schrieb Romane für die Feuilletons derselben, wurde auch nach seiner Rückkehr aus Ungarn nach Prag Redacteur der belletristischen Monatschrift „Erinnerungen“ und Kunstreferent des politisch-belletristischen Blattes „Bohemia“. Seit dem Jahre 1864 wendete er sich aber der Bühne zu – auf welcher er auch während seines Aufenthaltes in Oedenburg persönlich, doch talentlos für die Darstellung, mitgewirkt haben soll – und ist seither für dieselbe ausschließlich und mit nicht geringem Glücke, dabei aber auch in fast Besorgniß erregender Fruchtbarkeit thätig. Seine bedeutenderen schriftstellerischen Arbeiten – so weit sie der Herausgeber dieses Lexikons selbst zu verfolgen im Stande war, denn Herr Rosen hat über ein Ersuchen desselben, ihn mit Angaben zu unterstützen, einen unbrauchbaren Wisch von etlichen Zeilen geliefert – sind im Jahre 1855 im Feuilleton eines Siebenbürger Blattes: „Memoiren eines Narren“, im Jahre 1859 sein erstes Stück: „Convenienz und Liebe“, das im Theater zu Oedenburg, wo sich R. damals als Beamter befand, aufgeführt wurde; – im Jahre 1861 das für das Prager Theater geschriebene Lustspiel: „Im Parlament“ und die beiden Schwanke: „Faschingsbraut“ und „Der deutsche Bund“; – im Jahre 1862, in welchem er auch das Theaterreferat des in Böhmen erscheinenden entschiedenen Parteiblattes „Die Politik“ führte, im Feuilleton desselben die Romane: „Kinder der Revolution“ und „Salon-Piraten“; – im Jahre 1863 das Lustspiel: *„Die Compromittirten“, in Prag zur Darstellung gebracht, und nach seiner Uebersiedelung nach Wien in chronologischer Folge daselbst. 1864: „Männer von heute“; – „Der Hanswurst“, komische Operette in 1 Act; – 1865: *„Ein schlechter Mensch, oder Entweder – Oder“, Original-Lustspiel in 3 Acten; – am 2. Juni: *„Il baccio“, Schwank in 1 Act; – am 4. October: „Hohe Politik“, Orig. Lustsp. in 3 Acten; – am 9. December: „Amba Sola!“. Orig. Posse mit Gesang, Tanz und Tableaux in 3 Acten; – 1866, am 26. Februar: „Identische Noten“, Lustsp. in 1 Act; – am 15. März: *„Ein Held der Reclame“, Schwank in 2 Acten; – am 10. November: *„Alte Sünden“, Schwank in 1 Act; – 1867, am 25. Juni: „Süss oder sauer“, dramatischer Scherz in 1 Act, ursprünglich zur Benefice für den Prager Schauspieler Sauer geschrieben; – am 21. September: *„Schulden“, Original-Lustsp. in 3 Acten; – am 3. November: „Nullen“, Orig. Lustsp. in 4 Acten; – am 12. December: *„Sein Einziges“, Orig. Schwank in 3 Acten; – 1868, am 26. März: *„Garibaldi“, Schwank in 1 Act; – am 20. Mai: „Orthographische Schmerzen“, Lustsp. in 1 Act, nach dem Französischen von Eugen Labiche und Alfonso Jolly; – am 3. October: „Gewissensbisse“, Orig. Lustsp. in 3 Acten; – am 29. October: *„Im Schlafe“, Orig. Lustsp. in 1 Act[WS 1]; – 1869, am 5. Jänner: „Wort und That“, Charakterbild mit Gesang in vier Acten; – am 12. Jänner: *„Kanonenfutter“, Orig. Lustsp. in 3 Acten; [361] – am 13. April: *„Ein Knopf“, Orig. Lustsp. in 1 Act; – am 30. October: „Des Nächsten Hausfrau“, Possenspiel in 3 Acten; – am 20. November: *„Schweigen ist Gold“, Schwank in 1 Act; – am 15. December: *„Ein schlechter Mensch“, Orig. Lustsp. in 3 Acten, von dem Franzosen Royer de Bruges zu Paris unter dem Titel: „Un scélerat“ für ein Pariser Boulevard-Theater französisch bearbeitet; – 1870, am 2. April: „Margarethe“. Schwank in 1 Act; ferner wurden in Prag gegeben im Jahre 1869; *„Der erste Narrenabend“, und in Wien in den letzten Jahren die folgenden, deren Aufführungszeit ich nicht angeben kann: *„Die böse Welt“, Lebensbild in 2 Acten; – *„Eine innere Stimme“,. Lustspiel in 1 Act; – *„Ein Engel“, Schwank in 3 Acten; – „Die Feinde“ und „Unterm Mikroskop“. Wie das Berliner Theaterblatt „Dramatisch-literarischer Berichterstatter“ 1873, Nr. 24, unterm 18. December meldet, so werden im Carl-Theater zwei neue Stücke Rosen’s, und zwar ein modernes Sittenbild: „Das goldene Kalb“ und eine Posse: „Im Himmel“ zur Aufführung vorbereitet. Auch kam jüngst nach Rosen’s Uebersetzung ein zweiactiges polnisches Lustspiel des Grafen Alexander Fredro, betitelt: „Die einzige Tochter“, zur Aufführung. Rosen aber will mit diesen Werken seine Thätigkeit in Wien beschließen und mit 1. Jänner 1874 aus dem Verbande dieses Theaters treten. Rosen’s Theaterstücke erscheinen im Drucke unter dem Titel: „Gesammelte dramatische Werke von Julius Rosen“ (Berlin, Eduard Bloch, 8°.). Es sind bisher (1873) 5 Bände (à 1 Thlr. 15 Sgr.) erschienen und die oben mit *bezeichneten 19 Stücke befinden sich in diesen fünf Bänden. Mehrere seiner Stücke sind auch bereits in’s Holländische, Russische, Ungarische, Polnische, Čechische und Croatische übersetzt worden. Es ist, wie man aus vorstehender Uebersicht inne wird, eine nicht gewöhnliche Fruchtbarkeit, welche Rosen entfaltet, und wenn auch die Xenie des „Floh“ den „Herrn Rosen einen Dichter unter Dichtern, wie ein Irrlicht unter anderen Lichtern“ nennt, ungerechtfertigt ist, so ist doch unter diesen zahlreichen Arbeiten Vieles nur mittelgut, für den Augenblick berechnet, ausreichend, um ein Publicum, das amusirt sein will, für eine oder zwei Stunden in einer Weise zu unterhalten, die kein Kopfanstrengen erfordert; aus einigen aber blickt das unverkennbare Talent hervor, das sich nur selbst die Zügel anzulegen braucht, um mit Ruhe zu schaffen und Arbeiten zu liefern, die es den besten in seiner Gattung zur Seite stellen. Und wenn es Leute gibt, die ihn vornehm mit der Phrase: „Rosen ist eine Art Kotzebue“ abzuthun suchen, so haben diese weder eine Kenntniß von Kotzebue’s Bedeutung noch von Rosen’s Talent. Denn, wer eine Art Kotzebue ist, ist nicht nur etwas, sondern in dem an Lustspielen so armen Deutschland sehr viel, und wenn er gar außer diesem Etwas noch Rosen’s urwüchsiges Talent besitzt, so ist er ein Lustspieldichter, wie ihn in der Gegenwart keine Nation aufzuweisen hat. Am treffendsten hat der immer schlagfertige Wiener Volkswitz Herrn Duffek-Rosen charakterisirt. Er nennt ihn im Hinblicke auf seinen čechischen Ursprung und auf das Vorbild, das er sich genommen, den „Powidl-Bauernfeld“, eine Charakteristik, die dem gelehrten Goedeke jede weitere literarische Erläuterung ersparen wird.

Wiener Abendpost 1866, Nr. 242. – Neue freie Presse 1865, Nr. 398, im Theaterbriefe von Junius novus. – Presse 1866, [362] Local-Anzeiger vom 17. August: „Beamte und Schriftsteller“; 1866, Nr. 266: „Julius Rosen“. – Fremden-Blatt. Von Gust. Heine (Wien, 4°.) 1866, Nr. 266. – Neues Fremden-Blatt (Wien, 4°.) 1866, Nr. 266. – Wiener Chronik (4°.) 1865, Nr. 45, in der „Theater-Chronik“. – Porträt. Holzschnitt ohne Ang. d. Zeichners u. Xylographen im „Wiener Rothbuch. Kalender für 1872“. Herausgegeben von Karl Linder und F. Groß (Wien, Fromme, 8°.) S. 101. – Ein Toast auf Julius Rosen. Der im Folgenden mitgetheilte, von dem Prager Schauspieler Sauer auf Julius Rosen bei Gelegenheit, als Rosen’s Vater im Jahre 1869 sein Jubiläum feierte, ausgebrachte Toast besitzt ein „literarhistorisches Interesse“, denn er ist geistreich aus den bis zum Jahre 1869 von Rosen verfaßten und aufgeführten Stücken zusammengestellt. Er lautet: „Dein erstes Werk: „Die Compromittirten“ sind gottlob nicht „Das einzige Kind“ deiner Muse geblieben. Du brachtest in deinem Talente viele „Talismänner“ mit, warst kein „Faulenzer“, schriebst wacker d’rauf los, riefst der „bösen Welt“ zum Trotze „Entweder – Oder“ zu und die „Consequenzen“ davon waren, daß man dich nicht zu den „Nullen“, sondern bald zu den „Männern von heute“ zählte, ohne daß du es nöthig hattest, ein „Held der Reclame“ zu sein. „Ein schlechter Mensch“ bist du niemals gewesen, „Schulden“ drückten dich auch nicht und selbst deine trefflichen „Alten Sünden“ werden dir wenig „Gewissensbisse“ verursacht haben. „Hohe Politik“ zu treiben, stand dir ferne und du ließest demnach auch im Jahre 1866 den „Deutschen Bund“ als „Kanonenfutter“ ruhig zu Grunde gehen. „Mein Bruder“, mögst du rastlos wie „Garibaldi“ noch lange wirken und schaffen und auch in Wien deine Tugend bewahren, damit dir nicht etwa „Der Knopf“ aufgeht und du „Des Nächsten Hausfrau“ begehrst. Dieß wünscht dir wachend und „Im Schlaf“, dir einen „Bacio“ gebend, dein „Freund mit Wort und That“ – Sauer.“

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: in Act.