BLKÖ:Reiner, Wenzel Lorenz
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 25 (1873), ab Seite: 202. (Quelle) | |||
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Brandel [Bd. II, S. 113) und Halwax [Bd. VII, S. 258), zwei geschickte Künstler, als sie das Talent des jungen Knaben erkannten, gingen ihm mit Rath und That an die Hand, so daß R. im Anfange ohne eigentlichen Meister, sondern vielmehr durch eigenes Talent und fleißiges Copiren guter Werke sich selbst heranbildete. Nun ging er zu dem Maler Schweiger in Prag und arbeitete bei demselben durch drei Jahre mit solchem Erfolge, daß Schweiger seine Bestellungen nur durch Reiner ausführen ließ, und da die Bilder großen Beifall fanden, immer mehr Zuspruch erhielt. Während Reiner um kargen Lohn malte, vermehrte sich in solcher Weise das Vermögen Schweiger’s, bis Reiner zur Erkenntniß kam, daß er, was er bisher für seinen Meister gethan, ebenso gut für sich thun könne und – im Alter von zwanzig Jahren – sein eigenes Atelier eröffnete. Die Bestellungen ließen auch nicht lange auf sich warten, aus Prag und aus der Ferne liefen deren in solcher Menge ein, daß seine Bilder auf der Staffelei gar nicht trocken wurden. [203] Nun versuchte er sich auch in der Frescomalerei, und zwei kleine Schlachtenbilder auf den Abseiten der Kuppel in der Kirche auf dem weißen Berge nächst Prag werden als seine ersten Versuche in dieser Art bezeichnet. Indessen vernachlässigte er die Staffeleimalerei ganz und gar nicht, und malte fleißig Bildnisse, Landschaften, vornehmlich aber Schlachtenbilder, und bezüglich der letzteren bemerkt Pelzel in naiver Weise, daß sie seinen Muth ganz besonders angefacht haben mögen: denn er wurde ein nächtlicher Schwärmer und Renommist, der, mit dem Raufdegen an der Seite, einem ledernen Koller am Leibe und einem großen Hute auf dem Kopfe, Abends die Straßen unsicher mochte, so daß Alles dem gefürchteten Künstler auswich, dessen Muth und Händelsucht allmälig ruchbar geworden waren. Erst nach seiner im Jahre 1725 erfolgten Heirath, indem er ein wohlhabendes Mädchen, eine Prager Bürgerstochter, Anna Veronika Herzog, die ihm ein Haus auf dem Bergstein, später nach dem Künstler das „Reiner’sche Haus“ genannt, zubrachte, als Hausfrau heimführte, gab er seine nächtlichen Schwärmereien auf und lebte nunmehr ausschließlich seiner Kunst und seiner Familie. Durch seinen großen Fleiß und die zahlreichen Bestellungen, die er, da er sehr leicht und rasch arbeitete, in kurzer Zeit ausführte, erwarb er allmälig ein großes Vermögen, so daß er bald viele Grundstücke und mehrere Häuser in Prag besaß. Aber mit einem Male trat ein trauriger Umschwung ein, als im Jahre 1741 Böhmen von feindlichen Heeren überschwemmt wurde, welche das Land verwüsteten und die Bevölkerung brandschatzten. Reiner verlor durch die ungeheuren feindlichen Brandschatzungen und die außerordentlichen Steuern fast sein ganzes Vermögen, während, da die Kunst feierte, der Verdienst ausblieb. Die Sorge um Erhaltung einer zahlreichen Familie, die durch die Zeitereignisse veranlaßten Kümmernisse aller Art hatten seine durch die vielen Arbeiten auf nassen Kalk ohnedieß angegriffene Gesundheit noch mehr geschwächt, und von einer Krankheit befallen, erlag er derselben im besten Mannesalter. Die Arbeiten Reiner’s theilen sich in Staffeleibilder und in Fresken. Die Zahl der ersteren ist sehr groß, viele derselben aus seiner ersten Zeit gelten als Werke Schweiger’s, der vielleicht an denselben nicht einmal die Leinwand grundirt hatte. Von Reiner’s Oelbildern sind anzuführen: in der Prager Neustadt, auf einem Seitenaltar in der Kirche Maria Schnee: „Der englische Gruss“; – in der Pfarrkirche zu St. Peter das Hochaltarblatt; – in der Marienkirche der Cölestinerinen: „Die Verklärung Christi“, und auf einem Seitenaltar in derselben Kirche ein Gegenstück; – in der Cajetanerkirche, in der Allerheiligenkirche auf dem Pragerschlosse und in der Minoritenkirche zu St. Jacob in der Prager Altstadt die Hochaltarblätter; – in der Stadtkirche zu Teplitz ein Seitenaltarblatt: „Die Freundschaft Christi“; – in der Stiftskirche zu Ossek drei Altarblätter und in der Abtei mehrere Bildnisse, darunter sein eigenes; – im ehemaligen Cistercienserstifte Sedletz nächst Kuttenberg mehrere Oelgemälde; – in der gräflich Nostitz’schen Gallerie in Prag: „Orpheus, die Thiere durch sein Harfenspiel bezwingend, in einer reichen Baumlandschaft“; – „Drei nach verschiedenen Seiten galoppirende Pferde, in einer Landschaft mit italienischen Gebäuden“; – „Viele Vögel in einer Landschaft“; – in der Dresdener Gallerie (nach einem Kataloge vom Jahre 1782) [204] eine „Berglandschaft mit einem Viehmarkte“; – „Landschaft, in derselben ein Mann, der seinem Maulthiere Gepäck aufladet“; – „Landschaft, in derselben ein Mann, einem Mädchen den Sitz im Grase anbietend“. Viele andere Bilder befanden sich in Privatsammlungen und im Besitze einzelner Familien in Prag, wo sie zum Theile wohl noch sein mögen. Von seinen zahlreichen Fresken sind bemerkenswerth in Prag: jene in der Kuppel und in den übrigen Theilen der Kreuzherrenkirche; – in der Pfarrkirche zu St. Thomas; – in der Dominikanerkirche zum h. Aegydius in der Altstadt; – in der Lorettokirche auf dem Hradschin und in der Kirche der Ursulinerinen zum h. Johannes Nepomuk ebenda; – ferner die Barbaracapelle in der Laurettengasse ebenda; – die Kuppel ober der Hauptstiege, die Hauscapelle und die Plafonds in den Gemächern des Graf Czernin’schen Palastes auf dem Hradschin; – das große Schlachtbild im Graf Krakowsky-Kolowrat’schen Hause auf dem Waldsteinplatze; – „Die h. Dreifaltigkeit“, auf der Außenseite seines eigenen Hauses in der Prager Altstadt; – zu Dux die Kuppel im Spitale, die Saaldecke im Graf Waldstein’schen Schlosse daselbst; – zu Ossek die Fresken im Presbyterium und in mehreren anderen Theilen der Stiftskirche; – zwei Säle zu Liboch; – die Schloßcapelle zu Jemnischt u. m. a. Was den Kunstwerth seiner Arbeiten betrifft, so ist derselbe sehr verschieden, von seinen Oelbildern sind jene aus seiner früheren Zeit, ehe er noch al fresco malte, die besseren; durch das Frescomalen ward seine Oelmalerei beeinträchtigt. Seine Oelbilder sind Landschaften, Thierstücke, Historien, Schlachtenbilder, unter diesen sehr gelungene, und Bildnisse. Er besaß eine reiche Phantasie, die ihn in den Stand setzte, in seinen großen Frescogruppen die originellsten Zusammensetzungen zu erfinden, die er dann mit seltener Virtuosität in Zeichnung, Farbe und Anordnung ausführte. Seine Fertigkeit in den verschiedenen Gattungen der Malerkunst kam ihm dabei trefflich zu Statten. Reiner hat auch mehrere tüchtige Schüler gebildet, und sind unter diesen anzuführen Franz Müller [Bd. XIX, S. 344, Nr. 10], Johann Peter Molitor [Bd. XVIII, S. 458] und Tollenstein. Auch war er ein fleißiger Sammler und besaß neben zahlreichen Abgüssen von Werken alter Meister eine große Menge von Kupferstichen und Handzeichnungen, welche nach seinem Tode um die für jene Zeit verhältnißmäßig hohe Summe von 7000 fl. verkauft wurden. Nach seinen Zeichnungen und Bildern sind auch zahlreiche Blätter gestochen worden, so von Müller und Birkhardt mehrere geistliche allegorische Darstellungen; – von D. Herz ein großes Blatt, darstellend eine Allegorie auf die Baukunst; – von Birkhardt und Fischer 20 Blätter nach seinen Zeichnungen, welche die Tuchmanufactur zu Oberleutensdorf vorstellen, mit besonderem Titel: „Designatio iconographica Oberleutensdorfensis pannarias officinas vulgo fabricas penicilli arbitrio repraesentans etc.“. Auch hat Reiner die große Landkarte von Böhmen gezeichnet, welche Hieronymus Sperling zu Augsburg gestochen und Müller herausgegeben hat, wie denn auch die in den Ecken der Karte angebrachten Sinnbilder Werke seiner Hand sind. Am unteren Kartenrande liest man: W. L. Reiner inv. et delineavit Pragae. Hieronymus Sperling sculp. Aug. V. Reiner’s Wirksamkeit fällt zum großen Theile in [205] eine der Kunst sehr günstige Periode, in die erste Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts, in welcher namentlich Aebte, Prälaten und Convente große Summen zur Verschönerung ihrer Klöster und Kirchen verwendeten; ein Umstand, der dem geschickten Künstler sehr zu Statten kam, indem er stark gesucht und gut bezahlt wurde, während er seinerseits seine Arbeiten mit Umsicht und Fleiß ausführte und so gute Farben nahm, daß sie ihre Frische bis auf die Gegenwart bewahrt haben.
Reiner, Wenzel Lorenz (Maler, geb. zu Prag im Jahre 1686, gest. ebenda 9. October 1743). Sein Vater Joseph R. war ein unbedeutender Bildhauer und unterrichtete seinen Sohn in den ersten Elementen des Zeichnens, dessen Bruder aber, Chemiker und Bilderhändler, verschaffte seinem Neffen Gelegenheit, gute Bilder zu copiren.- Pelzel (Martin), Abbildungen böhmischer und mährischer Gelehrten und Künstler nebst kurzen Nachrichten u. s. w. (Prag 1782, 8°.) Bd. IV, S. 95–105. – Dlabacz (Gottfr. Johann), Allgemeines historisches Künstler-Lexikon für Böhmen und zum Theile auch für Mähren und Schlesien (Prag 1815, G. Haase, 4°.) Bd. II, Sp. 551–556. – Schaller (Jarosl.), Beschreibung der Stadt Prag (Prag 1794, 8°.) Theil I, S. 311, 315, 318, 332, 516, 519, 523; Theil II, S. 20, 29, 208, 326; Thl. III, S. 49, 150, 614; Thl. IV, S. 159, 176, 211. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) Zweite Abtheilg. Bd. V, S. 803. – Die Künstler aller Zeiten und Völker. Begonnen von Prof. Fr. Müller, fortgesetzt von Dr. Karl Klunzinger (Stuttgart 1860, Ebner u. Seubert, gr. 8°.) Bd. III, S 325. – Nagler (G. K. Dr.), Neues allgemeines Künstler-Lexikon (München 1839, E. A. Fleischmann, 8°.) Bd. XII, S. 394. – Deutsches Kunstblatt (4°.) Jahrg. 1850, S. 413. – Tschischka (Franz), Kunst und Alterthum in dem österreichischen Kaiserstaate (Wien, Fr. Beck, gr. 8°.) S. 229, 230, 236, 237, 244, 251, 391. – Porträt. Unterschrift: Wenceslaus Reiner. Wenceslaus Reiner pinx., J. Balzer sc. Pragae. – Sein von ihm selbst in Oel gemaltes Bildniß befand und befindet sich wohl noch im Dominikanerkloster zu St. Aegydi in der Prager Altstadt.