BLKÖ:Pracheňsky, Joseph Stanislaus

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Prach, Franz
Band: 23 (1872), ab Seite: 187. (Quelle)
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Pracheňsky, Joseph Stanislaus (čechischer Reichsraths-Abgeordneter und Rechtsgelehrter, geb. zu Raudnitz in Böhmen 7. Mai 1829). Der Sohn eines Zimmermeisters, sollte er, nachdem er die unteren Schulen besucht, in das Handwerk des Vaters treten, aber den energischen Vorstellungen seines ehemaligen Lehrers, eines Kapuzinermönchs, gelang es, daß P. den Schulbesuch fortsetzen konnte. Er trat nun 1839 in das Gymnasium zu Leitmeritz, welches er mit ausgezeichnetem Erfolge beendete. Schon damals wendete sich P. entschieden der nationalen Richtung zu; und obgleich auf dem eigentlich deutschen Gymnasium die Zahl der Čechen nur gering vertreten war, schlossen sich diese umso enger aneinander, legten eine kleine čechische Bibliothek an, hielten die damals beliebten čechischen Unterhaltungsblätter „Květy“ (Blüthen) und „Včela“ (die Biene) und gaben selbst eine geschriebene Zeitung „Poupat“ (die Knospe) heraus. Nun bezog er die Prager Hochschule, hörte dort an der philosophischen Facultät unter Exner Philosophie, Jandera Mathematik, Petřina Physik, Koubek böhmische Sprache und Literatur, wendete sich dann dem Studium der Rechte zu, ohne jedoch jenes der philosophischen Disciplinen ganz aufzugeben, wobei er die Vorträge von Celakowsky, Hanka, Wocel, Tomek u. A. fleißig besuchte. Im Juli 1856 erlangte er die juridische Doctorwürde, zwei Jahre später wurde er öffentlicher Vertheidiger in Strafsachen, in welcher Stellung er namentlich im Processe Riedl-Barella Proben seines Scharfsinnes und seiner juristischen Gewandtheit ablegte und seltene Schlagfertigkeit bewies, so daß der bis dahin unbekannte Advocaturs-Concipient mit einem Male der Mann des Tages wurde. An den genannten Proceß reihten sich nach einander mehrere andere, vornehmlich in Preßsachen, in welchen er für die Redacteure Simaček (Posel z Prahy), Wawra und Fink (Hlás), Vilímek (Humoristicke listy), den Verleger Kober u. A. als Vertheidiger auftrat. Im Jahre 1861 wurde P. von dem Wahlbezirke Melnik, Raudnitz und Brandeis in den böhmischen Landtag und in diesem noch im nämlichen Jahre in das Abgeordnetenhaus des österreichischen Reichsrathes gewählt. In demselben hielt er, als entschiedener Föderalist, treu zur Partei der čechischen Rechten, trat für das Recht und die Unabhängigkeit der St. Wenzelskrone ein, ins. besondere als es sich um die Aufhebung des Lehenverbandes handelte; war aber in den Verhandlungen über das Gemeindegesetz, das Vergleichsverfahren, [188] die persönliche Freiheit, die Freiheit der Presse u. dgl. m. in liberaler Richtung thätig. Im Jahre 1863 wurde P. in den Rath der Prager Gemeindeältesten und bald darauf in den Stadtrath gewählte Was P.’s literarische Thätigkeit betrifft, so hat er mehreres für das čechische Fachblatt „Pravnik“ (der Rechtsanwalt) geschrieben. Im Vereine mit mehreren Collegen, Skarda, Kučera, Kotović, Wolf u. A. hat er die juridische Gesellschaft Právnicka jednota mitbegründet. Der „Slovník“ berichtet auch, daß P. seiner entschieden nationalen Gesinnung wegen von Seite der Regierung manche Verfolgung erfahren und ungeachtet seiner ausgesprochenen juridischen Befähigung noch immer nicht (der „Slovník“ schreibt dieß im Jahre 1867) die Ernennung zum Advocaten erlangt habe.

Der Reichsrath. Biographische Skizzen der Mitglieder des Herren- und Abgeordnetenhauses des österreichischen Reichsrathes (Wien 1861, Ferd. Förster, 8°.) I. Heft, S. 46. – Reichenberger Zeitung 1863, Nr. 94, im Feuilleton: „Landtagssilhouetten“. – Slovnik naučný. Redaktor Dr. Frant. Lad. Rieger, d. i. Conversations-Lexikon, Redigirt von Dr. Franz Lad. Rieger (Prag 1859, Kober, Lex. 8°.) Bd. VI, S. 855. – Národní noviny, d. i. Volkszeitung (Prag, Fol.) 1864, Nr. 270, im Feuilleton: „Češi dle zápisek policejních“. –