BLKÖ:Nippel von Weyerheim, Franz Xaver

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 20 (1869), ab Seite: 363. (Quelle)
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Nippel von Weyerheim, Franz Xaver (Rechtsgelehrter und Fachschriftsteiler, geb. im Schlosse Weyer bei Gmunden in Oberösterreich 29. Jänner 1787, gest. zu Wien 8. März 1862). Sein Vater war Verwalter eines Waisenversorgungshauses in Gmunden. Der Sohn erhielt auf dem seiner Tüchtigkeit wegen vielgerühmten Gymnasium zu Kremsmünster seine wissenschaftliche Ausbildung. Er zeigte große Vorliebe für mathematische Wissenschaften und hatte die Absicht, sich der Bergbaukunde zu widmen, welcher Wunsch jedoch durch äußere Verhältnisse vereitelt wurde. Im Jahre 1805 trat er als Novize in das Benedictinerstift Kremsmünster, verließ es aber, da er am Klosterleben keine Freude fand, schon im folgenden Jahre [364] und setzte im bischöflichen Seminar zu Linz die theologischen Studien fort. Als er aber im Jahre 1807 seine Mutter durch den Tod verlor – der Vater war schon kurze Zeit früher gestorben – entsagte N. ganz dem geistlichen Stande und besuchte sofort die juridischen Vorlesungen, welche zu jener Zeit in Linz gehalten wurden. Die französische Invasion im Jahre 1809 unterbrach seine Studien und nöthigte ihn, einen Kanzleidienst auf dem Lande zu suchen. Einen solchen fand er endlich aus der Herrschaft St. Martin im Innviertel, deren Oberbeamter ihn als Amtsschreiber und zugleich Lehrer seines Sohnes in’s Haus nahm. Daselbst fand er Gelegenheit, durch Privatstudium und zugleich praktische Ausübung des Richteramtes für den Justizdienst sich auszubilden. Mittlerweile kam aber das Innviertel an Bayern und so angenehm übrigens seine Verhältnisse in St. Martin waren, so mochte er doch nicht unter der neuen Regierung weiter dienen und kehrte im Jahre 1813 nach Linz zurück, wo er beim Magistrate als Conceptspraktikant eintrat und im folgenden Jahre die Stelle eines Amtsschreibers zu Baumgartenberg im Mühlviertel erhielt. Kurze Zeit darnach aber wurde er Syndicus des landesfürstlichen Marktes Mauthhausen. Etwas über ein Jahr war N. auf diesem Posten thätig, als er zu Anbeginn des Jahres zum Verwalter der städtischen Güter in Linz ernannt, dahin zurückkehrte; im Jahre 1818 wurde er Magistratsrath daselbst und in dieser Stellung von der Landesregierung mit der Aufgabe betraut, eine Sammlung sämmtlicher Gewerbevorschriften für Oesterreich ob der Enns anzulegen. Im Jahre 1821 wurde zu Linz ein k. k. Stadt- und Landrecht errichtet und die Justizgeschäfte des Magistrates gingen an dasselbe über; N. wurde nun zum Rathsprotocollisten bei diesem neuorganisirten k. k. Stadt- und Landrechte ernannt und schon zwei Jahre später zum Secretär bei demselben befördert. Im Jahre 1825 erfolgte N.’s Ernennung zum Rathe des k. k. Landrechts in Steiermark. In den Jahren 1827–1830 versah er die Stelle eines Bürgermeisters der Stadt Gratz und benützte diese Gelegenheit, in die Geschäftsführung des Magistrats eine bessere Ordnung zu bringen. Im Jahre 1832 erhielt er auch noch das Amt eines Generaldirectors sämmtlicher Gymnasien in Steiermark, aber noch im nämlichen Jahre erfolgte seine Beförderung zum Rathe des k. k. Appellationsgerichts in Brünn. Von dort wurde N. über sein Ansuchen im J. 1838 in gleicher Eigenschaft zum k. k. Appellationsgerichte in Wien übersetzt. Als bei der neuen Gerichtsorganisirung das Wiener Appellationsgericht in ein Oberlandesgericht umgetauft wurde, wurde auch der bisherige Appellationsrath N. zum Oberlandesgerichtsrathe und diente in dieser Eigenschaft fort bis zum Jahre 1855. Mit Allerh. Entschließung vom 21. August g. J. wurde er unter gleichzeitiger Verleihung des Titels und Charakters eines wirklichen Hofrathes extra statum versetzt, zugleich aber angewiesen, in dieser Eigenschaft noch fortan nach seinen Kräften bei dem Wiener Oberlandesgerichte zu wirken. So blieb N. bis an sein Lebensende im Amte thätig. Noch am 25. Februar 1862 wohnte er einer Sitzung bei – es war seine letzte – Schon Tags darauf an den Folgen einer Erkältung sich unwohl fühlend – beschloß er wenige Tage darnach im Alter von 75 Jahren sein thätiges, dem Dienste der Wissenschaft und des Rechts gewidmetes [365] Leben. Für seine um den Staat und die Wissenschaft, die er mit ebensoviel Geist als Gründlichkeit pflegte, erworbenen Verdienste wurde er im Jahre 1861 mit dem Orden der eisernen Krone 3. Classe ausgezeichnet und den Ordensstatuten gemäß in den erbländischen Ritterstand mit dem Prädicate von Weyerheim erhoben. Als Richter wurde N. an allen Orten seines Wirkens von Seite der Mitbürger wie der Behörden die vollste Anerkennung seiner ungewöhnlichen Geschäftstüchtigkeit, der Schärfe seines Urtheils und der fleckenlosen Reinheit seines Charakters. Als Rath des Wiener Oberlandesgerichts war er, wie sein Nekrolog berichtet, „bis an die Schwelle seines Greisenalters eines der am stärksten betheilten Mitglieder des Collegiums, und man kann sagen, daß er in seinem Leben wohl die Hälfte aller Nächte der Arbeit gewidmet habe“. Die Städte Gratz und Brünn, beide Orte seiner mehrjährigen Thätigkeit, haben N.’s Verdienste durch Verleihung des Ehrenbürgerrechts geehrt. Nippel war schon frühzeitig für seine Wissenschaft schriftstellerisch thätig und seine ersten Arbeiten, darunter ein Aufsatz über Preßfreiheit und Büchercensur, erschienen schon in den Zwanziger-Jahren in dem von Dr. Harl in Erlangen herausgegebenen „Allgemeinen Kameral-Korrespondenten“. Die in Wien veröffentlichten „Vaterländischen Blätter“ brachten aus seiner Feder eine Vergleichung des neuen österreichischen bürgerlichen Gesetzbuches mit dem französischen Civilcodex. Die in Oesterreich erscheinenden rechtswissenschaftlichen Zeitschriften, als Pratobevera’s „Materialien“, Wagner’s „Zeitschrift für österreichische Rechtsgelehrsamkeit“ und Wildner’s „Jurist“ brachten zahlreiche Aufsätze aus seiner Feder. Stubenrauch’s „Bibliotheca juridica“ zählt dieselben sämmtlich Nr. 2789 bis 2825 auf, sie behandeln einzelne Civil- und Criminalrechtsfälle, das Eigenthumsrecht, die Lehre vom Pflichttheile, andere einzelne Puncte des Erbrechts, die Verjährung und Ersitzung u. dgl. m. Außerdem hat N. mehrere und darunter umfangreiche selbstständige Werke, die unter Fachmännern noch jetzt als Autorität gelten, herausgegeben und diese sind in chronologischer Folge: „Von der Auslegung und Anwendung der Gesetze, oder Versuch eines Commentars über die §§. 6 und 7 des allgem. bürg. Gesetzbuches“ (Linz 1822, 8°.); – „Handbuch zur Erleichterung bei Anwendung des II. Theiles des Strafgesetzbuches, zum Gebrauche für jene Beamte, welche sich mit der Gerichtspflege über schwere Polizeiübertretungen beschäftigen“, 2 Bände (ebd. 1824, 8°.); – „Darstellung der Rechte der Ehegatten in Beziehung auf ihr Vermögen“ (ebd. 1824, 8°.); – „Darstellung der Rechte und Pflichten der Vormünder, Curatoren, Vormundschafts- und Curatelsbehörden“ (ebd. 1825, 8°.); – „Handbuch zur Kenntniss der Privatrechte der Unterthanen des österreichischen Kaiserstaates und der Art und Weise, wie selbe bewahrt und durchgesetzt werden können“ (Wien 1827, 8°.); – „Erläuterung der gesetzlichen Bestimmungen über den Pflichttheil und die Anrechnung in denselben, nach dem österreichischen bürgerlichen Gesetzbuche“ (Linz 1828, 8°.); – „Erläuterung des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches für die gesammten deutschen Länder der österreichischen Monarchie, mit besonderer Berücksichtigung des praktischen Bedürfnisses“, 9 Bände (Band 7 und 8 jeder zu 2 Abtheilungen) (Gratz 1830-1839, Damian u. Sorge, 8°.); von diesem noch heute sehr geschätzten und immer noch gesuchten Commentar erschien auch eine italienische Uebersetzung unter dem Titel: „Commento sul Codice [366] civile generale austriaco con ispeciale riguardo alla pratica“ (Pavia 1836, Fusi e Comp., 8°.), welche jedoch nicht vollendet worden ist; – „Erläuterung der allgemeinen Gerichtsordnung vom 1. Mai 1781, nebst einem Anhange, die Erörterung der Abweichungen der westgalizischen Gerichtsordnung enthaltend, auf Grundlage des begonnenen Commentars des Hofraths J. G. Edlen von Kees“, 2 Bände (Wien 1845 u. 1847, Braumüller u. Seidel, gr. 8°.); – „Erläuterung der allerhöchsten Vorschrift vom 18. October 1845 über das summarische Verfahren in Civilrechtsstreitigkeiten“ (ebd. 1848, gr. 8°.); – „Materialien zur Reform der österreichischen Gesetzgebung im Justizfache“, I. Band (ist nicht mehr erschienen) (Wien 1850, gr. 8°.). Als juridischer Schriftsteller gehört N. noch der alten österreichischen Schule an, welche weniger blendend und scharfsinnig, aber nichtsdestoweniger gründlich und entschieden ist.

Ritterstands-Diplom ddo. 13. Mai 1861. – Oesterreichisches Morgenblatt (Wien, 4°.) 1836, Nr. 82. – Linzer Zeitung 1862, Nr. 76, im Feuilleton [nach dieser gest. am 5. März 1862]. – Gratzer Zeitung 1862, Nr. 58. – Wiener Zeitung 1862, Nr. 57, I. Beilage [nach dieser und der vorigen gest. am 4. März 1862]. – Wochenschrift für Wissenschaft u. s. w. (Beilage der Wiener Zeitung) 1862, S. 170 – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. IV, S. 52. – Wappen. Quadrirter Schild. 1: in Blau ein aus einer natürlichen Wolke im linken Obereck hervorgehender natürlicher Arm, eine goldene Schalwage im Gleichgewichte haltend; 2: in Gold eine natürliche Eule, auf einem aufgeschlagenen Buche in schwarzem Einbande mit rothem Schnitt stehend; 3: in Gold am Fuße eines bewaldeten Berges, hinter welchem eine schroffe Felsenwand emporragt, sieht man einen natürlichen Wasserstreifen (Weiher); 4: in Blau zwei in’s Schrägekreuz gestellte roth umwundene natürliche Lictorenbündel, deren Beilschneiden auswärts gekehrt sind. Auf dem Schilde ruhen zwei zueinander gekehrte gekrönte Turnierhelme. Aus der Krone des rechten Helms erschwingen sich drei wallende Straußenfedern, eine blaue zwischen goldenen, ebenso aus der Krone des linken Helms eine goldene zwischen blauen. Die Helmdecken sind zu beiden Seiten blau mit Gold unterlegt.