BLKÖ:Marinoni, Johann Jacob von

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 16 (1867), ab Seite: 447. (Quelle)
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Marinoni, Johann Jacob von (Mathematiker und Astronom, geb. zu Udine im Jahre 1670, gest. zu Wien 10. Jänner 1755). Den ersten Unterricht und die eigentliche Grundlage seiner späteren wissenschaftlichen Richtung erhielt er in seiner Vaterstadt Udine, seine Ausbildung vollendete er aber an der Hochschule zu Wien, wo er auch die philosophische Doctorwürde erlangte. Kaiser Leopold I. ernannte ihn zu seinem Hof-Mathematiker. Den Anfang der damit verknüpften Geschäfte machte er mit dem Entwurfe der Circumvallationslinien um die Vorstädte von Wien. Im Jahre 1706 entwarf er auf Befehl des Kaisers Joseph I. den schon höchst seltenen Plan der Hauptstadt Wien und aller umliegenden Gegenden, der auch in demselben Jahre auf vier großen Bogen Imperialpapier in Kupfer gestochen wurde. Im Jahre 1709 ernannte ihn der Kaiser zum Ingenieur von Niederösterreich. Im J. 1714 erfand M. seine planimetrische Meßwage, das Werk, worin er sie beschrieb, ist ungedruckt geblieben. Im Jahre 1717 machte er seine Vorschläge zur Gründung einer Akademie für die Geometrie und Kriegswissenschaft, welche auch im folgenden Jahre errichtet und als deren Unterdirector er angestellt wurde. Im Jahre 1719 wurde er zum ersten kaiserlichen Mathematiker ernannt, mit dem Auftrage, das Herzogthum Mailand zu vermessen, mit welcher Arbeit er im Jahre 1722 fertig geworden. Im Jahre 1726 erhielt er in Anerkennung seiner bisherigen Verdienste den Adelstand und wurde erster Director der oberwähnten Akademie für Geometrie und Kriegswissenschaft. Im Jahre 1729 wurde ihm der Auftrag, in Oberitalien mehrere Grenzstreitigkeiten der italienischen Fürsten durch richtigere Ausmessungen beizulegen, den er auch in entsprechender Weise ausführte. Im folgenden Jahre kehrte er nach Wien zurück, wo er fortan seiner Lieblingswissenschaft, der Astronomie, lebte. Zu diesem Zwecke erbaute er sich auf eigene Kosten ein Observatorium, welches als eines der schönsten zu seiner Zeit bestehenden galt. Er stattete dasselbe mit allen für seine Beobachtungen nothwendigen Instrumenten, soferne sie nur im Hause sich unterbringen ließen, aus. Ein Zug, wie ihn sein Biograph Formey erzählt und der sich in seinen Aufzeichnungen vorgemerkt gefunden, verdient der Erinnerung erhalten zu werden, da er den Ernst und die Vertiefung beweist, mit denen sich M. seinen Beobachtungen hingab. Am 13., 14. und 15. December 1741 nahm M. ein Triduum Observationum astronomicarum mit der größten Genauigkeit und der vollendetsten [448] Ruhe, die sich denken läßt, vor, und das zu einer Zeit, als Alles vor dem nahenden Feinde flüchtig, die Bevölkerung allgemein von einem panischen Schrecken befallen und jeden Augenblick gewärtig war, den Feind die Belagerung der Stadt beginnen zu sehen. Das erinnert, bemerkt Formey, zu sehr an Archimedes, um ihm nicht zur Ehre zu gereichen. Die Zahl der von M. veröffentlichten Schriften ist nur geringe, es sind folgende: „De astronomica specula domestica et organico apparatu domestico libri duo, Reginae dicati“ (Viennae 1745[WS 1], Fol.); – „De re ichnographica, cujus hodierna praxis exponitur et propriis exemplis pluribus illustratur, inque varias, quae contingere possunt, eiusdem aberrationes posito quoque calculo, inquiritur“ (ebd. 1751, 4°. maj.). Von einem anderen Werke, betitelt: „De re ichnometrica“, wurden nur vier Bogen gedruckt. Noch sei bemerkt, daß M. der Lehrer der Kaiserin Maria Theresia in der Astronomie gewesen, und daß er der großen Kaiserin seine ungedruckten astronomischen Beobachtungen, welche etwa 40 Bände umfaßten, ferner seine übrigen Manuscripte und astronomischen Instrumente vermachte. Im Jahre 1746 wurde er über Antrag Maupertuis’ als Mitglied in die Berliner Akademie der Wissenschaften aufgenommen.

Formey, Nouvelle Bibliothèque Germanique, tome XVIII, pars 2, p. 264 et s.; – deutsch von Strodtmann in dem „Neuen gelehrten Europa“, Theil IX, S. 106–117. – Meusel (Joh. Georg), Lexikon der vom Jahre 1750 bis 1800 verstorbenen teutschen Schriftsteller (Leipzig 1808, Gerh. Fleischer, 8°.) Bd. VIII, S. 491. – Poggendorff (J. C.), Biographisch-literarisches Handwörterbuch zur Geschichte der exacten Wissenschaften (Leipzig 1859, J. Ambr. Barth, gr. 8°.) Bd. II, Sp. 53. – Archiv für Kunde österreichischer Geschichtsquellen. Herausgegeben von der zur Pflege vaterländischer Geschichte aufgestellten Commission der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften (Wien, Staatsdruckerei, gr. 8°.) Bd. V (1850), S. 742, in Schlager’s „Materialien zur österreichischen Kunstgeschichte“. – Nouvelle Biographie générale ... publiée par MM. Firmin Didot frères sous la direction de M. le Dr. Hoefer (Paris 1850 et s., 8°.) Tome XXXIII, p. 787. – Galleria dei letterati ed artisti illustri delle Provincie Veneziane nel secolo decimo ottavo (Venezia 1824, per cura di Bartolommeo Gamba, 8°.) [mit Porträt]. – Elogio di Fr. Ant. Zaccaria im 13. Bande der „Storia letteraria italiana“.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: 1845.