Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Schläger, Hedwig
Band: 30 (1875), ab Seite: 50. (Quelle)
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Schlager, Johann (Topograph und Archäolog, geb. zu Wien 22. Februar 1786, gest. ebenda 18. Mai 1852). Sohn wohlhabender Eltern, die es ihm ermöglichten, sich wissenschaftlich auszubilden. Nach beendeten philosophischen Studien begann er im Jahre 1802 jenes der Rechte und trat, nachdem er dasselbe zurückgelegt, im Jahre 1805, nach dem ersten Einfalle der Franzosen in Oesterreich, in das Freicorps der Wiener Scharfschützen. Im Jahre 1806 trat er bei dem Wiener Magistrate in den Conceptsdienst, wurde daselbst 1816 Secretär, übernahm als solcher im Jahre 1826 das Richteramt in schweren Polizeiübertretungen, welches er bis zum Jahre 1846 versah, worauf er nach vierzigjähriger Dienstzeit in den Ruhestand übertrat. Diese im Ganzen höchst gewöhnliche dienstliche Laufbahn gewinnt erhöhte Bedeutung dadurch, daß S. seine amtliche Stellung benützte, das reiche Wiener Magistrats-Archiv und vornehmlich die dortigen alten Grundbücher mit ihren für die ältere politische und Culturgeschichte Wiens und seiner Umgebungen höchst wichtigen, ja unschätzbaren Nachrichten sorgfältig zu durchforschen, in welcher mühevollen, ja höchst anstrengenden Arbeit ihn der Bankal-Controlor Ignaz von Enzenbühl und der Wiener Universitäts-Bibliothekar Fr. Lechner [Bd. XIV, S. 289, Nr. 3] ein geborner Tiroler, auf das Wirksamste unterstützten. Das Ergebniß dieser Nachforschungen war das 1835 erschienene erste Heft der „Wiener Skizzen“ [die bibliographischen Titel der Schriften S.’s folgen auf S. 31 unten], welches von Freunden der archäologischen Topographie und Ortsgeschichte mit verdienter Theilnahme entgegen genommen und gewürdigt wurde. Davon ermuntert, setzte S. seine Arbeiten fort und ließ von Zeit zu Zeit eine neue Folge derselben erscheinen. Außerdem theilte er kleinere Ergebnisse seiner Forschungen, namentlich solche, die für das große Publicum Interesse darbieten, in verschiedenen Journalen mit und unterstützte mit seinen Collectaneen und Sammlungen andere Forscher in ihren Arbeiten, so Hammer-Purgstall in seiner Geschichte des Cardinals Khlesel, Bergmann in seinen Medaillen auf ausgezeichnete Männer des 16. bis zum 18. Jahrhunderte, Feil in seinen antiquarischen Forschungen u. s. w. Er setzte diese Forschungen und sein Augenlicht anstrengenden Arbeiten auch dann [51] noch fort, nachdem er das Unglück hatte, auf einem Auge zu erblinden. Zunächst ward sein Augenmerk durch den Herausgeber der so anregenden und das Wiener Kunstleben in der vormärzlichen Periode ungemein fördernden Sonntagsblätter, durch Dr. Ludwig August Frankl [Bd. IV, S. 334], auf den berühmten Bildhauer Raphael Donner gelenkt, über den er auch in der That eine Monographie veröffentlichte, welche bis heute die Grundlage aller Arbeiten bildete, welche in neuerer Zeit über diesen berühmten Plastiker sich in den Feuilletons der politischen Journale breit machten. Am 26. Juni 1845 wurde S. zum correspondirenden Mitgliede der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften gewählt und veröffentlichte als solches mehrere culturhistorische Arbeiten in den Sitzungsberichten der philosophisch-historischen Classe derselben. Durch eine Erkältung, die er sich zugezogen, erkrankte er tödtlich und starb nach kurzer Krankheit im Alter von 66 Jahren. Seine verschiedenen topographischen und historischen Arbeiten hinterließ er zur Herausgabe seinem Freunde Joseph Feil, der ihm 1852 im Morgenblatte der „Wiener Zeitung“ wohl ein biographisches Denkmal gesetzt, aber selbst nicht mehr Muße gefunden hatte, aus den ungeordneten Materialien etwas zur Herausgabe Geeignetes zusammenzustellen. Die Titel von Schlager’s selbstständig erschienenen und in verschiedenen Journalen zerstreuten Arbeiten – von letzteren nur die wichtigeren – sind: „Wiener Skizzen aus dem Mittelalter“, Erste Reihe (Wien 1836, C. Gerold, 8°., IV u. 284 S., mit Vignette auf dem Titelblatte); Zweite Reihe (ebd. 1838, 380 S. 8°., mit 2 Taf., einer in 8°., eine 4°.); Neue Folge (1839, mit Titelvign. u. Titelbild, VIII u. 450 S.); Neue Folge, zweiter Band (1842, mit Titelvign., 404 S. 8°.): Neue Folge, dritter Band (1846, mit Titelvignette, 538 S. 8°.) aus dem Inhalte dieses interessanten und schon ziemlich seltenen Werkes sind hervorzuheben: I. Das Volksfest der laufenden Pferde in Wien – Originalbeiträge zur Geschichte der Juden – Ueber die Feldzüge der Wiener im Mittelalter – Bau und Benennung des Spinnerkreuzes am Wienerberg – Ueber das Bäckerschupfen in Wien – Volksgebräuche (Stechen auf der Brandstatt, Sonnewendfeuer u. s. w.); II. Alter Kirchenritus zu St. Stephan (Palmenweihe, Pumpermetten, Fußwaschung, Passionsspiel, Freitagsprocession, Wolfssegen, Stationen der Frohnleichnamsprocession, Heilthumsfeyer) – Die Wiener Hofschranne im Jahre 1370 – Zur österreichischen Judengeschichte – Die Seelhäuser und Regelschwestern zum 3. Orden in Wien – Der Stephans-Freithof; Neue Folge I: Schanckhung, Erung (das sind Wiener politische Volksfeste) – Ueber die alte Wiener Komödie; Neue Folge II: Denkwürdigkeiten des alten Wiener Halsgerichtes – Altes Strafrecht – Ritter-Scheltbriefe – Wiener Richtstätten – Wiener Rufe aus dem 17. Jahrhunderte; Neue Folge III: Bewachung und Vertheidigung Wiens mit vielen darauf bezüglichen Einzelheiten und einer Uebersicht der Feldzüge; außerdem in allen 5 Bänden eine Menge kleinerer historischer Wiener Curiosa; – „Das Spinnerkreuz am Wienerberge“ (Wien 1836, 8°.); – „Alterthümliche Ueberlieferungen von Wien aus handschriftlichen Quellen“ (ebd. 1844, 8°., mit 1 K., 6 Lith. u. lith. Titel; 2. Ausg. 1853); – „Georg Raphael Donner. Ein Beitrag zur österreichischen Kunstgeschichte“ (Wien 1848, mit rad. Bilde u. 14 Orig.-Beil., 12°.; 2. Ausgabe [52] 1853). In politischen Zeitschriften und wissenschaftlichen Sammelwerken zerstreut gedruckte Aufsätze, und zwar in der Wiener Zeitung: „Das Haus der Ritter von Ellerbach und des Erbbürgers Zucksschwert am Kohlmarkt in Wien“ (18. October 1840); – „Das alte Taschenhaus mit seinem Steinbild zu Wien am Lichtensteg Nr. 529“ (10. u 11. Mai 1842); – „Ueber den St. Stephansthurm in Wien“ (27. October 1842), dieser Aufsatz erschien anläßlich des Wiederaufbaues seiner Spitze; – „Bemerkungen über das alte Wappenbild am Wiener Magistrats-Gebäude (26. u. 27. Februar 1843); – „Das Wiener Stadt-Rathhaus“ (7. November 1844); – „Berichtigung eines Irrthums über die Vollender des St. Stephansthurmes in Wien im Jahre 1433“ (21. März 1846); – „Das Hasenhaus in der Kärnthnerstraße in Wien als vermeintliche Residenz des Königs Mathias Corvinus“ (9. u. 10. September 1847); – in den Sitzungsberichten philos.-histor. Classe der kais. Akademie der Wissenschaften: „Ueber die Geschichte der Hofnarren in Oesterreich“ (1849, Heft 1); – „Ueber das alte Wiener Hoftheater (1851, Heft 1) – und im Archive für Kunde österreichischer Geschichtsquellen, herausgegeben von der kais. Akademie der Wissenschaften: „Eine Bulle Papst Bonifaz’ IX. vom 2. Juni 1399 als Beitrag zur österreichischen Rechtsgeschichte“ (1849, Heft 2) – und „Materialien zur österreichischen Kunstgeschichte“ (1850, Heft 4). Eine im Berichte der kais. Akademie vom Jahre 1852 für den Almanach der Akademie in Aussicht gestellte Selbstbiographie Schlager’s ist nicht erschienen.

Die feierliche Sitzung der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften am 29. Mai 1852 (Wien, Staatsdruckerei, 8°.) S. 46. – Wiener Zeitung vom 26. Juni 1852: Nekrolog, von Feil.