Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 18 (1868), ab Seite: 176. (Quelle)
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111. Majer, Stephan (gelehrter Theolog und Humanist, geb. zu Mocsonak im Neutraer Comitate 15. August 1813). Sein Vater stand in Diensten des berühmten Bischofs von Neutra, Joseph Kluch [Bd. XII, S. 121]. Als der würdige Kirchenfürst die Talente des Knaben erkannte, wendete er ihm seine volle Theilnahme zu, nahm sich seiner wie ein Vater an und ließ ihn auf seine Kosten erziehen. Die Elementarschulen besuchte er in Neuhäusel, die Mittelschulen in Gran. Bischof Kluch hatte in dem Jüngling den Sinn für die Wissenschaft und die Neigung für den geistlichen Stand geweckt. So wurde M. [177] im Jahre 1828, damals 15 Jahre alt, im Hauptseminar zu Gran aufgenommen und von dort nach Tyrnau geschickt, um die philosophischen Studien zu hören. Daselbst beendigte er auch im Jahre 1834 seine theologische Laufbahn, entwickelte aber noch während seiner Studienzeit jene energische Thätigkeit in Förderung höherer geistiger Zwecke, welche sein ganzes Leben kennzeichnet und ihn zu einem wahren Sendboten der Cultur in Ungarn stempelt. Schon im zweiten Jahre seiner theologischen Studien, im Jahre 1832, wirkte er mit mehreren Collegen auf das Eifrigste zur Begründung des Vereins für Uebung der ungarischen Sprache („Magyar nyelvgyakorló egyesület“) mit. Von Jugend auf seinen Kunstsinn durch stete Uebungen im Zeichnen, Malen, wozu er ein ganz ungewöhnliches Talent besaß, fördernd und ausbildend, kam er auch im Seminar den Wünschen seines Directors nach, und übernahm in den Jahren 1832–1834 den Unterricht im Zeichnen, an welchem mehrere seiner theologischen Collegen mit großem Eifer theilnahmen, und wodurch der Sinn für die Kunst und das Schöne auch in weiteren Kreisen geweckt wurde. Nach beendigten theologischen Studien, noch nicht in jenem Alter, welches zum Empfange der Priesterweihe vorgeschrieben ist, nahm er in der Zwischenzeit die Stelle eines Erziehers bei den jungen Baronen Paul und Geysa Sennyey an, und begab sich zu diesem Zwecke nach Pesth, wo er im Kreise von Männern der Wissenschaft und Literatur neuen Sporn zur eigenen Fortbildung und Förderung höherer geistiger Zwecke erhielt. Um diese Zeit auch wurde er selbst literarisch thätig. Hier begann er ferner seine Versuche im Kupferstechen und die Herausgabe einer Serie von ihm selbst gestochener Heiligenbilder, die sich eines solchen Beifalls erfreute, daß in kurzer Zeit eine dritte Auflage nöthig wurde. Illustrationen seiner Hand erschienen im „Regélő“, „Honmüvész“, „Életképek“ und in Vahot’s „Magyar föld és népei“, d. i. Ungarn und seine Völker, ja selbst in der „Leipziger Illustrirten Zeitung“ sollen mehrere derselben vorkommen. Als er im Jahre 1836 die h. Weihen erhielt, gab er sein bisheriges Erzieheramt auf und trat in die Seelsorge. In dieser richtete er sein Hauptaugenmerk auf die Schule und wurde in Anerkennung seiner Bemühungen nach Gran übersetzt, wo sich seiner Thätigkeit ein größerer Wirkungskreis eröffnete. Im Jahre 1842 berief ihn aber der Primas Kopácsy als Professor in die von dem Primas und dem Capitel zu Gran gestiftete Präparandenschule. Um sich mit Einrichtung und Organisirung der verschiedenen Erziehungsinstitute bekannt zu machen, unternahm er eine Reise, nicht nur durch alle Theile Ungarns, durch Siebenbürgen und Croatien, sondern auch durch die übrigen Länder Oesterreichs, durch Deutschland und Italien, wo er überall die vorzüglicheren Erziehungsinstitute und damit in Verbindung stehenden Anstalten besuchte, und die dabei gewonnenen Erfahrungen bei seiner Rückkehr auch praktisch zu verwerthen bemüht war. So waren auch bei den Reformen und neuen Einrichtungen, welche Katharina Nedeczky in Gran, den Forderungen der Zeit entsprechend, in ihrem Mädchen-Erziehungsinstitute im Jahre 1845 durchführte, vornehmlich Majer’s Ansichten und Rathschläge maßgebend. Als Mitglied mehrerer Vereine und Gesellschaften ist M. für die Zwecke derselben ununterbrochen thätig, so unter andern für die [178] Gesellschaft der ungarischen Naturforscher, für den Kunst- und für den Industrieverein, wie er auch bei Bildung gemeinnütziger Institute und eben solcher Vereine durch Rath und That mitwirkt. Ueberdieß ist M. ein fleißiger Sammler und zieht verschiedene Objecte, als: Bücher, Handschriften. Bilder, Kupferstiche, Münzen u. dgl. m., in den Bereich seiner Sammlungsthätigkeit. Im Jahre 1847 gelang es seinen Bemühungen, daß in der Naturforscher-Versammlung zu Oedenburg eine Abtheilung für Kunst festgesetzt wurde, worauf man ihn zum Secretär derselben wählte, welcher Fall auch eintrat, als im Jahre 1848 sich die ungarischen Lehrer in Pesth zu Berathungen versammelt hatten, und als später die ungarischen Bischöfe zusammentraten, um über die Reformen des Unterrichtes zu berathen. Im Jahre 1849 wurde er zum provisorischen Professor der höheren Erziehungskunde an der Universität zu Pesth ernannt und bekleidete dieses Amt durch anderthalb Jahre. Zu Anfang des Jahres 1850 übernahm, er auch noch die Redaction des „Katholikus Néplap“, d. i. Katholisches Volksblatt, legte aber dieselbe nieder, als ihn der Verein zum Drucke und zur Verbreitung guter und billiger Bücher zum Director wählte. Als im Jahre 1850 die Stadt Pesth den Beschluß gefaßt hatte, die Direction und Organisirung der Haupt- und Elementarschulen, welche bisher einem Schulrathe anvertraut gewesen, einem selbstständigen sachkundigen Manne anzuvertrauen und zu diesem Zwecke einen Concurs eröffnete, fiel auf M., der sich auch um diese Stelle beworben, von Seite des Magistrates, wie des Gemeinderathes der Stadt Pesth die Wahl, und er wurde zum Director der Ober- und Unterelementar-, sowie der Privatschulen der Stadt Pesth ernannt, und versah dieses Amt bis zu seiner im Jahre 1857 erfolgten Berufung als Pfarrer nach Kürth. Als Schuldirector entwickelte er eine ersprießliche Wirksamkeit, vornehmlich richtete er auf die Mittelschulen sein Augenmerk, brachte nicht bloß die Lehrerberathungen und Lehrerbibliotheken zu Stande, sondern rief auch die nach seinem Plane eingerichteten und längst gewünschten Sonntagsschulen in’s Leben, und schrieb im Volksblatte (Néplap) für die Ausarbeitung eines die Organisation derselben betreffenden zweckentsprechenden Planes einen eigenen Preis aus. Ferner legte er nach dem Muster der Pariser und Wiener Crêche den Plan zur ersten Kleinkinderbewahranstalt in Pesth vor, nach welchem dieselbe sofort auch errichtet wurde. Analog dieser in’s gesellschaftliche und Culturleben tief eingreifenden Thätigkeit ist seine schriftstellerische. Seit dem Jahre 1835 literarisch thätig, hat M. auf den verschiedensten Gebieten der Literatur Zweckdienliches geleistet. Die periodische Presse als ein Hauptbeförderungsmittel der Cultur ansehend, schrieb er in den ungarischen Zeitschriften: „Religio“, „Nevelés“, „Jelenkor“, „Társalkodó“, „Tudományos Gyüjtemény“, „Egyházi Tár“, „Regélő“, „Honmüvész“, „Honderű“, „Sion“, „Századunk“, „Nemzeti Ujság“ u. a. Unter seinen zahlreichen Journal-Artikeln sind besonders erwähnenswerth jene über das „Denkmal der ung. heil. Elisabeth“; – „Ueber die Vereinfachung der ung. Doppellaute“; – „Ueber Xylographie“; – „Ueber das Kirchen-Lied“; – „Ansicht über den Kleinkinderbewahr-Plan des Stephan Warga“ und eine Folge pädagogischer Artikel, in denen ebenso die rein praktische, als die moralische Seite des Erziehungsgeschäftes [179] in Betracht gezogen wird. Seine selbstständig erschienenen Schriften sind: „Népneveléstan“, d. i. Volkserziehungslehre (Pesth 1845), davon erschien auch eine slavische Uebersetzung; – „Liturgica mesterképzó intézetek számára“, d. i. Liturgik für Hörer der Präparandie (ebd. 1847, 8°.), wofür ihm die Statthalterei ein Ehrenhanorar zuerkannte; – „Egészségtan nép számára“, d. i. Gesundheitslehre für das Volk (Ofen 1847), diese Schrift erlebte in einem Jahre zwei Ausgaben in sechstausend Exemplaren; – „A jó házi gazda. Nép számára életszabályul“, d. i. Der gute Hauswirth. Lebensregeln für das Volk (Waitzen 1848); – „A nézmetszészet mütana“, d. i. Die Lehre von der Kupferstechkunst (Ofen 1847); – „A magyar képezdék reformja“, d. i. Reform der ungarischen Bildungsanstalten (Gran 1848), eine Flugschrift; – „Népszerű egyházi beszédek“, d. i. Kirchenreden für das Volk. Zwei Bände (Pesth 1849 u. 1851); – „Aranytanácsok vándorló mesterlegényeknek“, d. i. Goldene Rathschläge für wandernde Handwerksburschen (Pesth 1852); – „István bácsi a boldog családatya és okos gazda“, d. i. Gevatter Stephan, der glückliche Familienvater und kluge Wirth (Pesth 1854); – „ABC és olvasókönyv“, d. i. ABC- und Lesebuch (Wien 1853); – „Aranytanácsok nőcselédek számára“, d. i. Goldene Rathschläge für weibliche Dienstboten (Pesth 1855); – „Szívmivelő beszélgetések és színjátékok ifjuság számára“, d. i. Herzbildende Gespräche und Theaterstücke für die Jugend (Preßburg 1855); – „István bácsi naptára“, d. i. Vetter Stephan’s Kalender für 1856 und die folgenden Jahre bis 1866 (Pesth); – „István bácsi aranytanácsai a veszedelmekben“, d. i. Vetter Stephan’s goldene Rathschläge in Gefahren (Pesth 1856). Ferner betheiligte sich M. an der Herausgabe der durch den St. Stephansverein veröffentlichten „Pázmány füzetek“, d. i. Pázmány-Hefte; hat auch die Herausgabe guter Jugend- und Erziehungsschriften mit seinen Mitteln unterstützt, wie denn die Lebensbeschreibung seines einstigen Wohlthäters, des Neutraer Bischofs Kluch, unter dem Titel: „Kluch József nyitrai püspök élete“, von Alvinczy, zunächst durch ihn veranlaßt wurde. Majer wurde später zum Domherrn des Graner Capitels ernannt und mit Allerh. Entschließung vom 25. Jänner 1867 in Anerkennung seines hervorragenden patriotischen und humanitären Wirkens mit dem Orden der eisernen Krone 3. Classe ausgezeichnet.

Vasárnapi ujság, d. i. Sonntagszeitung (Pesth, 4°.) Jahrg. 1855, Nr. 41. – Ujabb kori ismeretek tára, d. i. Neues ungarisches Conversations-Lexikon (Pesth 1850, Heckenast, 8°.) Bd. V, S. 317. – Magyar irók. Életrajz-gyüjtemény. Gyüjték Ferenczy Jakab és Danielik József, d. i. Ungarische Schriftsteller. Sammlung von Lebensbeschreibungen. Von Jacob Ferenczy und Joseph Danielik (Pesth 1856, Emich, 8°.) Bd. I, S. 307; – desselben zweiter, den ersten ergänzender Band, von Danielik, S. 410. – Magyar irók arczképei és életrajzai, d. i. Ungarische Schriftsteller in Bildern und Lebensbeschreibungen (Pesth 1858, Gustav Heckenast, kl. 4°.) S. 96. – Porträt. 1) Unterschrift: Majer István, pesti fö-elemi-és magántanodák Igazgatója. Barabás M. 1857 (lith.). Nyomt. Reiffenstein és Rösch Bécsben. Fol.; – 2) in Nummer 41 des Jahrganges 1855 der „Vasárnapi újság“ und in „Magyar irók arczképei“, Holzschnitt o. A. d. X.