Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 10 (1863), ab Seite: 292. (Quelle)
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Irinyi, Joseph (ungarischer Poet und Mitglied des ungarischen Reichstages im Jahre 1848/49, geb. zu Albis im Biharer Comitate im Jahre 1822, gest. am 20. Februar 1859). Sein Vater war ein ausgezeichneter Landwirth. Der Sohn studirte theils in Großwardein, theils in Debreczin, an welchem letzteren Orte er die Rechte hörte. In Pesth, wo er die Advocatenprüfung abzulegen die Absicht hatte, kam er viel mit den Notabeln der ungarischen Literatur in Berührung, was ihn bald selbst auf das literarische Gebiet führte. Im Jahre 1842 unternahm er eine Reise, besuchte einen beträchtlichen Theil Deutschlands, ging nach Paris, wo er längere Zeit verweilte, und zuletzt nach London. Seine Reiseeindrücke veröffentlichte er in dem Werke: „Német-, Franczia- és Angolországi uti jegyzetek“, d. i. Notizen einer Reise in Deutschland, Frankreich und England (Halle 1846). In seine Heimat 1843 zurückgekehrt, wo eben der Landtag in Preßburg tagte, legte er nun die Advocatenprüfung ab, und trat bereits damals gegen die Censur, welche sein Werk erst nach vielmonatlicher Censurhaft hatte passiren lassen, in einem offenen, an den ungarischen Kanzler gerichteten Briefe auf. Indem er sich nun auf journalistischem Gebiete herumtummelte und sozusagen der Erste war, der in französischem Geiste seine magyarischen Artikel niederschrieb, sich für seine politischen Ansichten duellirte und in einem Duelle dem Redacteur des „Hirado Vida“ den Arm durchschoß, kurz das Leben eines Pariser Feuilletonisten auf das Pesther Pflaster verpflanzt hatte, wendete er sich allmälig von dem schöngeistigen Gebiete, welches er bisher gepflegt, dem politischen zu, und schrieb für den „Hirlap“, den damals Csengery und Kemeny redigirten. Als die Märztage hereinbrachen, stellte er sich bald an die Spitze der Bewegung und war mit Petöfi und dem Volksredner Vasvary der dritte im Bunde. Als die Wahlen in den Landtag stattfanden, wurde er in einem der Wahlbezirke des Biharer Comitates in den Landtag gewählt. Im Parlamente, zur republikanischen Partei sich haltend, entwickelte er eine große Rührigkeit und hieß darob im Hause „a ház macskája“, d. i. die Hauskatze. Diese seine Geschäftigkeit ließ ihn auch als geeignet erscheinen, im October 1848 mit einer geheimen Mission, mit welcher ihn eines der Revolutionshäupter in Pesth beauftragte, nach Paris zu gehen. Dort fand er aber bei der ungarischen, von dem Grafen Ladislaus Teleki geführten Deputation eine glänzende Anstellung; auch war er sonst unter fremdem Namen (er führte einen Paß, auf den Namen Louis Laccone aus Corfu lautend) für die Zwecke der Revolution thätig. Nachdem er in seine Heimat zurückgekehrt war, fand er bereits den Reichstag nicht mehr in Pesth vor und folgte demselben nach Szegedin. Dort wohnte er zwei Sitzungen bei und in einer derselben ist das Gebahren des Revolutionsmannes deßhalb interessant, weil es den Beweis liefert, daß die Opposition, wenn sie an’s Ruder gelangt, nicht anders vorgeht als die Partei, welche von ihr früher auf das heftigste bekämpft wurde. In der Sitzung vom [293] 21. Juli hatte Hunfalvi die Minister Bathyani und Szemere interpellirt. Während Graf Bathyani die Interpellation demnächst zu beantworten versprach, verweigerte Szemere auf das entschiedenste die Antwort, und da war es der im Amte stehende Republikaner Irinyi, welcher den die Antwort verweigernden Minister auf das lebhafteste unterstützte. „Das ist so“, bemerkt Irinyi’s Biograph, „das Herrenrecht der Bewegungspartei zu Arras-Paris wie zu Arras-Szegedin. Auf der Linken bekämpft sie die Geheimnißkrämerei der Regierung, zur Ministerbank gelangt, bildet sie eilig die unsichtbare Kirche der Politik und Diplomatie“. Nachdem die Bewegung unterdrückt und auch I. auf der Flucht begriffen war, wurde er in Gratz verhaftet, nach Pesth gebracht, vor das Kriegsgericht gestellt, zum Tode verurtheilt, von Haynau aber begnadigt. Außer der schon erwähnten Reisebeschreibung verfaßte I. viele, theils schöngeistige, theils politische Artikel für Journale, vornehmlich für den „„Pesti Hirlap“ und für Frankenburg’s „Életképek“, ferner die Broschüre: „Az országgyülés rendezéséről“, d. i. Von der Einrichtung des Landtages (Pesth 1848), die Romane „Béla“. 2 Bde. (Pesth 1854, Müller, 8°.) und „Dicső napok“, d. i. Ruhmestage (ebd. 1857), und übersetzte der Beecher Stowe Onkel Tom’s Hütte und den Schlüssel zu Onkel Tom’s Hütte, unter den Titeln: „Tamás bátya kunyhója“, und „Kulcs Tamás bátyához“ in’s Ungarische. Im schönsten Mannesalter – Iriny zählte nicht mehr als 37 Jahre – raffte ihn der Tod dahin. Von Einigen wird I. als Derjenige bezeichnet, welcher der Erste den Gedanken der ungarischen Centralisation ausgesprochen und seine Ansicht auch mit dem Degen verfochten habe.

Vasárnapi ujság, d. i. Sonntagszeitung (Pesth, 4°.) 1859, Nr. 14 [mit seinem im Holzschnitt ausgeführten wohlgetroffenen Bildnisse]. – Magyar irók. Életrajz-gyüjtemény. Gyüjték Ferenczy Jakab és Danielik József, d. i. Ungarische Schriftsteller. Sammlung von Lebensbeschreibungen. Von Jacob Ferenczy und Joseph Danielik (Pesth 1856, Gustav Emich, 8°.) S. 226. – Ujabb kori ismeretek tára, d. i. Neues ungarisches Conversations-Lexikon (Pesth, 8°.) Bd. IV, S. 489. – Levitschnigg (Heinrich Ritter von), Kossuth und seine Bannerschaft. Silhouetten aus dem Nachmärz in Ungarn (Pesth 1850, Heckenast, 8°.) Bd. II, S. 183. – Ungarns Männer der Zeit. Biografien und Karakteristiken hervorragendster Persönlichkeiten. Erzählende Skizzen (Prag 1862, Steinhauser, 8°.) S. 188.