Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 9 (1863), ab Seite: 397. (Quelle)
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Hübner, Lorenz (Salzburgs Topograph, geb. zu Donauwörth 2. August 1753, gest. zu München 8. Februar 1807). H. ist für Salzburg nur ein vorübergehendes Gestirn, jedoch hat er durch 15 Jahre in dieser Stadt wohlthätig gewirkt und gebührt ihm, obgleich er nicht in Salzburg geboren und auch nicht daselbst gestorben, eine Stelle in diesem Werke. Sein Vater war churfürstlich bayerischer Hauptmann und Stadtcommandant zu Donauwörth. Das Gymnasium besuchte Lorenz zu Amberg, und 1767, 15 Jahre alt, trat er mehr überredet als aus eigenem Hange in den Orden der Gesellschaft Jesu. Aber bald wieder verließ er denselben, begann zu Ingolstadt seine akademischen Studien und widmete sich jenem der Rechte. Wieder ließ er sich von den Eltern überreden, Theologie zu studiren, erwarb die theologische Doctorwürde und erhielt 1774 die h. Weihen. Sofort bewarb er sich um ein Lehramt und wurde 1775 churfürstlicher Professor am Gymnasium zu Burghausen, wo er den Unterricht in der Realclasse besorgte und überdieß die französische und englische Sprache lehrte; schon 1776 wurde er Lehrer der Rhetorik (so hieß damals die oberste Gymnasialclasse) und trug noch für einen abgegangenen Lehrer die Moralphilosophie vor. Sein Ansehen als Lehrer steigerte sich mit jedem Jahre. Im Jahre 1779 folgte er einem Rufe nach München zur Uebernahme der Redaction der „Münchener Staatszeitung“, welches Blatt, so lange es H. redigirte, zu den besten Blättern in Deutschland zählte. Zugleich mit der Staatszeitung gab er die „Münchener gelehrten Beiträge“ heraus, ein werthvolles kritisches Blatt. Neben dieser journalistischen Thätigkeit versäumte H. nicht die streng wissenschaftliche, und in den Jahren 1776–1783 entstanden mehrere Abhandlungen, als: „Ueber Electrizität und Magnetismus“‘, – „Ueber den Holzwuchs in Baiern“‘, – „Ueber den Luxus“; – „Ueber den Brand im Getreide“; – „Ueber den philosophischen [398] Geist des Jahrhunderts“; – „Ueber das Mönchswesen“ u. dgl. m. Auch mehrere schöngeistige Arbeiten, u. z. Schauspiele: „Hainz von Stein“ (1782), „Tankred“, „Camma, die Heldin Bojoariens“ (1784) u. dgl. m., erschienen in dieser Zeit. In allen diesen Schriften offenbart sich ein heller freier Geist, ein scharfsinniger Denker, der sich seinen Freimuth durch nichts verkümmern ließ. Aber eben dieser Freimuth verkümmerte Anderen ihr Dasein, denn seine Feinde mehrten sich und bald ward H. der Aufenthalt in München verleidet. In dieser Lage wendete er sich 1783 an den hochsinnigen und aufgeklärten Erzbischof Hieronymus Colloredo von Salzburg, mit der Bitte, ihm die Herausgabe der dortigen, einer Umgestaltung und Verbesserung sehr bedürfenden Zeitung nebst deren Selbstverlag zu gewähren. Unter Vermittelung des um die Salzburger Kirchenverfassung vielverdienten Consistorialkanzlers Mich. Boenicke, des Haupturhebers der berühmten Emser Punctation, erhielt H. Gewährung seiner Bitten in einer für ihn sehr ehrenvollen Weise und übersiedelte noch in demselben Jahre nach Salzburg. Daselbst begann er nun mit Anfang des Jahres 1784 die Herausgäbe der „Oberteutschen Staatszeitung“, mit welcher in Verbindung das „Salzburger Intelligenzblatt“, die „Monatlichen gelehrten Beiträge zur Literatur Oberösterreichs“ (in 4°.) und seit 1791 an Stelle der letzteren das „Räsonnirende Magazin des Wichtigsten aus der Zeitgeschichte“ herauskamen. Bis 1799 gab er die genannten Zeitschriften zu Salzburg heraus. Die „Staatszeitung“ fand allgemein Beifall und wurde ihres freisinnigen Tones wegen in Bayern, wo Karl Theodor damals das Regiment der Dunkelmänner unterstützte, verboten. Die Münchener gingen täglich prozessionsweise in das eine Stunde entlegene freising’sche Dörfchen Wöhring, um die „Salzburger Staatszeitung“ zu lesen. Die Erfolge, welche H. mit seiner Zeitung erreichte, können nicht hoch genug gestellt werden. Mit diesem Blatte wirkte er für die Aufklärung und Bildung des katholischen Deutschland mehr, als irgend ein anderes wissenschaftliches Institut. Die Annäherung und allmälige Vereinigung der katholischen und protestantischen Gelehrten zu einem und demselben erhabenen Zwecke, zur Verbreitung wahrer rein christlicher Humanität und nationaler Cultur im ganzen gemeinsamen deutschen Vaterlande, unverkümmert durch religiöse Meinungsverschiedenheit und angemaßte Geistesüberlegenheit, dieses glückliche und gesegnete Beginnen verdankte man vor 80 Jahren Hübner und seinem Blatte. Wie weit sind wir acht Jahrzehende später zurückgegangen! Bis zum Jahre 1799 entfaltete H. diese segensvolle Wirksamkeit in Salzburg (seine übrigen, Salzburg betreffenden Werke folgen weiter unten), als ihn der geistvolle Churfürst Maximilian IV. wieder nach München berief, wo für die geistige Entwickelung Bayerns eine neue Zeit auftauchte. In München wirkte er als rastlos thätiger Publizist, mit mannigfachen Ehren ausgezeichnet, noch einige Jahre, bis er plötzlich zu kränkeln beginnend, ganz unerwartet im Alter von 54 Jahren starb. Während seines Aufenthaltes in Salzburg veröffentlichte H. noch mehrere theils diese Stadt betreffende, theils andere Schriften, welche ihres Druckortes Salzburg wegen hier angeführt werden müssen. Es sind folgende: „Zum traurigen Angedenken der Ueberschwemmungen einiger Gegenden Oberteutschlands im Juni“ (Salzburg 1786, 8°.); – „Rosen auf das Grab Friedrich des Einzigen, [399] oder gesammelte Anekdoten aus dem Leben dieses grossen Königs“. 12 Hefte in 2 Bänden (Salzburg 1787, 8°.); – „Geschichte verschiedener hierländischen Baumwollenarten und ihres ökonomischen Nutzens“ (Salzburg 1788, 8°.); – „Lebensgeschichte Joseph’s II., Kaisers der Teutschen, oder Rosen auf dessen Grab“. 12 Hefte in 2 Bänden (Salzburg 1790, 8°.); – „Beschreibung der hochfürstl. erzbischöf. Haupt- und Residenzstadt Salzburg und ihrer Gegenden, verbunden mit der ältesten Geschichte“, 2 Bde. (Salzburg 1792 und 1793, mit 3 K. K.); erster Band: Topographie, zweiter Band: Statistik; auch bearbeitete er für Ausländer und Reisende einen Auszug dieses größeren Werkes, welcher mit dem Grundrisse der Stadt und ihres Bezirkes (Salzburg 1794) erschien: – „Beschreibung des Erzstiftes und Reichsfürstenthums Salzburg in Hinsicht auf Topographie und Statistik.“, 3 Bde. (Salzburg 1796, 8°.); der erste Band behandelt das salzburgische flache Land; der zweite das salzburgische Gebirgsland Pongau, Lungau, Pinzgau; der dritte die übrigen Gebirgsortschaften und ausländischen Herrschaften des Erzstiftes; – „Reise durch das Erzstift Salzburg zum Unterricht und Vergnügen. Nebst Stundenzeiger und Strassenkarte“ (ebd. 1796, 8°.); – „L. Hübner’s Abschied vom Mönchsberge in Salzburg zum Schlusse des Jahres 1799. Seinen Freunden zum Andenken“ (ebd. 1799. 12°.). Außerdem gab er zwei periodische Schriften heraus, u. z. „Physikalisches Tagebuch für Freunde der Natur“; von dieser in Gesellschaft mehrerer Gelehrten herausgegebenen Schrift erschienen von 1784–1787 7 Bände (gr. 8°., mit K. K.). und dann den „Salzburger Musenalmanach“ auf die Jahre 1787 und 1788. Hübner’s Schriften über Salzburg behaupten noch heute ihren Werth. Bereits sehr selten geworden, werden sie in und um Salzburg gesucht und mit guten Preisen bezahlt. Die übrigen in dieser Skizze nur angedeuteten Schriften H.’s sind nach ihren Titeln in Baader’s „Gelehrtes Baiern“ [siehe die Quellen] ausführlich angegeben.

Wißmayr (Joseph), Hübner’s biographische Charakteristik in der öffentlichen Sitzung der k. Akademie der Wissenschaften in München am 15. Juni 1822, welche aber erst im Jahre 1855 im Drucke erschienen ist. – Salzburger Landes-Zeitung 1855, Nr. 248, 251, 252, 253, 254, 257, 259: „Lorenz Hübner, der salzburgische Topograph“. – Baader (Klement Alois Dr.), Das gelehrte Baiern (Nürnberg 1804, Seidel’sche Buch- und Kunsthandlg., 4°.) S. 536. – Meusel (J. G.), Das gelehrte Teutschland (Lemgo 1783, Meyer, 8°.) 5. Aufl. Bd. III, S. 448. – Ersch und Gruber, Allgemeine Encyklopädie der Wissenschaften und Künste, II. Sect. 11. Theil, S. 34 [nach dieser geb. 2. August 1752, gest. 9. Februar 1807]. – Oberdeutsche allgemeine Literatur-Zeitung 1807, Nr. 26, S. 213. – Pahl (Johann Graf), Nationalchronik der Deutschen (Gmünd 1801 u. f., Ritter, 8°.) Jahrg. 1807, S. 70. – Baur (Samuel), Allgemeines historisch-biographisch-literarisches Handwörterbuch aller merkwürdigen Personen, die in dem ersten Jahrzehend des neunzehnten Jahrhunderts gestorben sind (Ulm 1816, Stettini, gr. 8°.) Bd. l, S. 653 [nach diesem geb. 2. August 1752, gest. 9. Februar 1807]. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. II, S. 661. – Poggendorff (J. C.), Biographisch-literarisches Handwörterbuch zur Geschichte der exacten Wissenschaften (Leipzig 1859, J. Ambr. Barth, gr. 8°.) Sp. 1153 [nach diesem gest. 9. Februar 1807].