BLKÖ:Foscarini, Marcus

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
<<<Vorheriger
Foscari, die Familie
Band: 4 (1858), ab Seite: 299. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
Marco Foscarini in der Wikipedia
Marco Foscarini in Wikidata
GND-Eintrag: 119556731, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Foscarini, Marcus|4|299|}}

Foscarini, Marcus (Doge von Venedig und Literaturhistoriker, geb. zu Venedig nach dem Panteon Veneto 4. Febr. 1695, gest. ebend. 31. März 1763). Ein Sproß des alten und berühmten Hauses der Foscarini, das manchen glorreichen Namen in seinen Reihen zählt. Sohn des Staatsmannes Nicolaus F. aus der Ehe mit Eleonore Loredan. Wurde im Collegium der Gesellschaft Jesu zu Bologna gebildet. Im Alter von 20 Jahren begleitete er seinen Vater, der als außerordentlicher Botschafter der Republik an den Pariser Hof sich begab. Nach seiner Rückkehr trat er in Dienste der Republik und bekleidete die verschiedenen Stellen der Magistratur. Im J. 1732 wurde er Gesandter der Republik am Wiener Hofe, eben als Rußland und Oesterreich mit Frankreich über die Wahl eines polnischen Königs stritten. F. als Gesandter einer fremden Macht, beobachtete scharfen Blickes die Zustände, und aus jener Zeit rührt der berühmte Bericht an seine Regierung, der unter dem Titel: „Storia arcana del regno di Carlo VI. Imperatore“, herausgegeben im V. Bande des „Archivio storico italiano“ (Florenz 1843) von Thom. Gar, bekannt ist, und sich im handschriftlichen Nachlasse vorfand. Nach Garzoni’s Tode ernannte ihn (1735) die Republik zu ihrem Historiographen; doch weder bei Lebzeiten gab er etwas über die politische Geschichte Venedigs heraus, noch fand sich in seinem Nachlasse etwas davon vor. Nach seiner Abberufung von Wien verfügte er sich in gleicher Eigenschaft nach Rom, wo er bis zu Clemens XII. Tode verblieb, noch die neue Papstwahl, aus welcher Benedict XIV. hervorging, mit allen seinen Kräften beeinflussend. Im J. 1743 kam er als Gesandter nach Turin, mit welchem Hofe durch seine Vermittlung die seit 70 Jahren unterbrochenen Beziehungen wieder aufgenommen wurden. Die Republik zeichnete ihn für seine Verdienste mit allen Ehren aus und ernannte ihn zum Procurator von S. Marcus, stellte ihn an die Spitze der Staatsbibliothek, übertrug ihm die Reform und Leitung des Studienwesens in Padua, womit er später noch einmal betraut wurde, immer wieder die tüchtigsten Männer an die Hochschule heranziehend, und Verbesserungen im Unterrichte einführend. Am 31. Mai 1762 erhielt er nach Franz Loredano’s Tode die höchste Staats-, die Dogenwürde, welche er aber nur 10 Monate bekleidete. Wenn er länger gelebt hätte, würde seine Verwaltung nicht ohne Einfluß auf die Regierungsform geblieben sein, denn schon in dieser kurzen Zeit nahm der große Rath mehrere seiner Reglements an, welche den Einfluß des Dogen auf die Verwaltung steigerten. Als er erkrankte, wurden öffentliche Gebete für seine Genesung angestellt, er erlag aber im Alter von 67 Jahren. Obgleich stets mit den wichtigsten Staatsgeschäften betraut, blieb ihm die Liebe für die Wissenschaften, denen er in frühester Zeit huldigte, durch das ganze Leben eigen. Schon als Jüngling trug er einen „Discorso sulla necessità della storia e della facoltà di ben [300] dire per gli uomini di Repubblica“ vor (abgedruckt „per nozze Zen-Correr“, 1819); – F.’s Hauptwerk ist: „Della Letteratura veneziana Libri otto“ (Padua 1752, Seminar-Druckerei, Folio), wovon nur der I. prächtig gedruckte Band erschien [vergl. Ebert, Bibl. Lexikon Nr. 7823]. F. theilte sein Werk in zwei Haupttheile, der erste sollte die für den Staat wichtigen Wissenszweige, der zweite diejenigen enthalten, welche zu seinem Schmucke dienen. Nur den ersten hatte F. herausgegeben, die Materialien für den zweiten ließ er in Handschrift zurück. Das Werk machte in Italien großes Aufsehen und Cardinal Angelo Maria Querini erörterte dessen Vorzüge in drei Briefen an seinen Neffen Andreas, welche auch gedruckt sind. (Brescia 1753). Von den Staatsschriften, Berichten und Reden F.’s sind mehrere in neuerer Zeit im Drucke erschienen u. z.: „Relazione del viaggio in Sardegna nel 1743“, d. i. F.’s Bericht an den Senat über seine Gesandtschaft in Turin 1742/43; Penneck brachte denselben im „Mercurio italiano“ zu London, und Cibrario druckte ihn 1830 nach, ihn mit Berichtigungen und Erläuterungen versehend; eine deutsche Uebersetzung erschien von dem Geschichtforscher Friedrich Hurter (St. Gallen 1817, 8°.); – „Ragionamento familiare intorno alla Letteratura dei Veneziani patrizj“ (abgedruckt per nozze Revedin-de Basseti 1826); – „Orazione letta in Maggior Consiglio il giorno 17. Dicembre 1747“ (abgedruckt per nozze Reali-Cernazzai), worin er die Absendung einer Commission nach Dalmatien verlangte, um die daselbst in der Verwaltung eingeschlichenen Mißbräuche zu untersuchen und abzustellen, mit welcher Rede er mit 759 Stimmen unter 803 Stimmen den den Sieg davon trug. Seine „Monografia dei Veneziani raccoglitori di Codici“ steht im V. Bande des „Archivio storico“ mit seiner schon erwähnten „Storia arcana“ zugleich abgedruckt. Der größere Theil seiner übrigen Arbeiten zugleich mit seiner werthvollen Bibliothek befindet sich noch in Handschrift und im Besitze der kaiserl. Hofbibliothek in Wien, welche den Nachlaß von den Erben (November 1799 um 10,500 lir. ven.) käuflich an sich gebracht hatte. Tomaso Gar im bereits erwähnten V. Bande des „Archivio storico“ theilt einen raisonnirenden Katalog dieser kostbaren Sammlung mit. Unter seinen Handschriften sind zu nennen: „Vier Abhandlungen über die Methode der Geschichtschreibung“; – seine „Gesandtschaftsberichte aus Wien und Rom“; – „Memoiren über einzelne Epochen seines Lebens“, – ein lateinisches Gedicht: „Die Corallen“, viele Berichte, Informationen, Erlässe u. a. politischen, national-öconomischen, industriellen Inhaltes. – Sein Briefwechsel aus den J. 1758–62 mit seinem Neffen Sebastian Foscarini, Gesandten in Madrid, befand sich noch vor einigen Jahren im Besitze der Erben. Mehreres ist auch in der Marcusbibliothek und in der Raccolta Correr in Venedig zu finden. Einzelnes besaßen der Sammler Lorenzo Da Ponte und der schon verstorb. Bibliothekar von Padua, Ab. Dan. Francesconi. Als Staatsmann war F. groß, scharfblickend, beredt, ein Denker, der Wissenschaft liebte und ehrte; als Schriftsteller unduldsam gegen Rügen, eitel und sein Kampf mit Tartarotti fällt nicht zu seinen Gunsten aus; als Mensch schildert ihn einer seiner Biographen: „animo aperto aveva all’ impressione del bello e del grande, tenacità di proposito, carità di patria ardente, alla quale ogni altro affetto sottoponeva“. Als ihm sein Tod ungekündigt wurde, ließ er sich aus seiner Bibliothek ein ihm von dem Cardinal Passionei geschenktes Werk: „De modo [301] bene moriendi“ geben, ein Capitel daraus vorlesen, dann Tinte und Feder holen, worauf er einige Worte dem Doctor Calza zu dictiren versuchte, aber bald, da sich ihm der Kopf verwirrte, hinsank und verschied.

Arnaldi (Lodovico), Orazione funerale in onore del Doge M. Foscarini (Venedig 1765, 4°.). – Flangini (Lodovico), Orazione in lode di M. Foscarini, doge di Venezia, con un canto panegirico di Melchiorre Cesarotti (s. 1. et s. d.) ... (Venedig 1762, 8°.). – Michelessi (Domenico), Laudatio in funere serenissimi principis M. Fuscareni etc. (Venedig 1763, 4°.). – Sibilato (Clemente), De èloquentia M. Fuscareni Venetorum ducis (Padua 1765, 4°.). – Opuscoli del Calogerà XVIII. Bd.: „Epistola Tiburtina Vulpii (J. Rocchi)“. – Nach Oettinger’s Bibliographie biographique (Brüssel, Stienon, Lex. 8°.) I. Bd. Sp. 546 und Nouvelle Biographie générale ... publiée sous la direction de Mr. le Dr. Hoefer (Paris 1852) XVIII. Bd. Sp. 239 ist F. 30. Jänner 1696 geboren, 30. März 1763 gestorben. – Biografie dei Dogi di Venezia Edizione II (Venedig 1855, Grimaldo, 4°.). – Rovani (Giuseppe), Storia delle lettere e delle arti in Italia giusta le reciproche loro rispondenze (Mailand 1856, Borroni e Scotti, Lex. 8°.) II. Bd. S. 422. – Panteon veneto o di parecchi Veneti illustri (Venedig 1856, Gattei, 4°.) [nach diesem geboren 4. Februar 1695, gest. 31. März 1763]. – Müller (Johannes von), Sämmtliche Werke (Tübingen 1812) VI. Bd. S. 378. VII. Bd. S. 65, 76. – Daru, Histoire de Venise (Paris 1853) V. Bd. S. 202. – Tipaldo, Biografia degli Italiani illustri. I. Bd.Gamba (Bartol.), Galleria dei Letterati ed Artisti illustri delle Provincie Veneziane nel secolo XVIII (Venedig 1824, 8°.) [mit Porträt]. – Dandolo (Girolamo), La caduta della repubblica di Venezia ed i suoi ultimi cinquant’ anni. Studii storici (Venedig 1856, Naratovich, 8°.) S. 122–128 und Appendice S. 18. – Ersch (J. S.) und Gruber (J. G.), Allgem. Encyklopädie der Wissenschaften u. Künste (Leipzig 1822 u. f., Gleditsch, 4°.) I. Section 47. Bd. S. 37. – Biographie universelle XV. Bd. S. 212. – Außerdem haben Vito Zaguri, Sebastiano Molino u. A. Denkreden auf den Staatsmann und Gelehrten gehalten. Auch bemerkt Dandolo: Interessante und ausführliche Mittheilungen über F. könnten noch Moschini, Battagia, Cicogna, Negro, wie auch das berühmte Elogio von Placidò Bordoni (vergleiche dieses Lexikon II. Bd. S. 65), liefern. – F.’s Monument. In den loggie des Palazzo ducale zu Venedig ist F.’s Marmorbüste von Medesini gemeißelt, seit 1847 (bei Gelegenheit der II. Versammlung der italienischen Gelehrten) aufgestellt mit folgender Inschrift: Marco . Foscarini | All’ Altezza . Del . Grado . Ebbe . Uguale | La . Grandezza . Dell’ . Animo . E . Dell’ . Ingegno | Della . Patria . Amantissimo | Ne . Divulgo . Le . Glorie . Letterarie | Con . Memorabile . Storia | n. 1695. m. 1763. | Da una società di Veneziani MDCCCXLVII. – Porträte. 1) Unterschrift: Marco Foscarini. G. Dala dis. ed incise. – 2) Unterschrift: Marco Foscarini. Lith. Kirchmayr, 1854, 4°.