BLKÖ:Braun von Praun, Mathias

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Braun, Jakob
Band: 2 (1857), ab Seite: 119. (Quelle)
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Braun von Praun, Mathias (Bildhauer, geb. zu Innsbruck in Tyrol 1684, gest. zu Prag 15. Febr. 1738). Sein Großvater, Joseph Braun, war schon im Jahre 1553 wegen seiner, in dem gegen die Türken geführten Kriege, und vorzüglich vor der Festung Lippa in Ungarn bewährten Tapferkeit und Treue vom Kaiser Ferdinand I. mit dem Beisatze von Praun in den Adelsstand erhoben worden. B.’s Vater war mit einer zahlreichen Familie gesegnet und seine Söhne waren genöthigt, ihr Fortkommen entweder auf dem Wege des Handels oder der Kunst zu suchen. Mathias wählte die Bildhauerkunst; 14 J. alt (1698), ging er nach Italien, um sich dort auszubilden. 1704 lernte ihn in Tyrol Franz Anton Graf von Spork [120] (gest. 1738) kennen, der ihn auf seinen Gütern zu Kukus und Neu-Lissa in Böhmen durch mehrere Jahre beschäftigte, bis der Künstler sich 1710 zu Prag niederließ, wo er für die Grafen von Kinsky, Buquoy, Gallas, Hatzfeld, Thun und Waldstein, ferner für verschiedene Klöster, Kirchenvorstände und Private viele Arbeiten vollendete. Mit dem Maler Brandel (s. d.) lebte er in inniger Freundschaft. B.’s Arbeiten wurden auch im Auslande bekannt. Er folgte einem Rufe nach Dresden, wo er einige Sommer arbeitete. Der kunstsinnige Kaiser Karl VI. ließ ihn nach Wien kommen und ernannte ihn mit ansehnlichem Gehalte zum Hofbildhauer. Da aber in Wien seine Gesundheit litt, so kehrte er nach Prag zurück, wo er bis zu seinem Tode verblieb. B.’s Arbeiten sind: Zu Neu-Lissa in Böhmen, dem Grafen von Sweerts-Spork gehörig: Einige Bildsäulen vor der Pfarrkirche zum heil. Johann dem Täufer; – vierzehn Bildsäulen und ein Springbrunnen in einem Garten, unfern der St. Wenzelscapelle im Walde. – Zu Kukus, gleichfalls in Böhmen und auch dem Grafen Spork gehörig: „Die sieben Haupttugenden“ und die „sieben Todsünden“; – vierzehn Bildsäulen vor der Stiftskirche zur heil. Dreifaltigkeit; – verschiedene, theils aus den Baumstämmen gehauene, theils in die Rinden der Bäume kunstvoll geschnitzte und gemalte Bildnisse in den Alleen eines beim Dorfe Groß-Bocken (Bukowina welká), gelegenen Waldes, und zwar: Der hängende Judas; – sämmtliche Propheten; – die Aposteln; – die Freundschaft Christi; – der Salvator mundi; – die heil. Magdalena die Büßerin; – und der Graf Spork in einem Zauberkleide mit der Unterschrift: „Fallitur arte Magus, stabit sub numine fagus. D. T. I. O. II. 1730.“ – Diesen folgen andere 58 Bildsäulen, welche theils einige Apostel, Evangelisten, Anachoreten, theils die sieben Weisen vorstellen. Diese Bildsäulen wurden selbst zur Zeit des wiederholten Einfalles der Preußen in Böhmen nicht beschädigt. In dem sogenannten Neuwalde bei Gradlitz befinden sich viele aus theils liegenden, theils hervorragenden Felsstücken prächtig gehauene Bildwerke; als: der Eremit Anton in der Wüste; – ein Brunnenkasten, an welchem Christus und das samaritanische Weib vorgestellt werden; – der heil. Hieronymus in der Wüste; – die Bildsäule des Einsiedlers Paul; – die Geburt und Aufopferung Christi; – die Anbetung der Hirten; – die Ankunft der heil. drei Könige, in deren Nähe ein Bettler sitzt; – der heil. Hubertus, daneben Hirsche und Jagdhunde; – die heil. Magdalena, riesengroß; – der heil. Einsiedler Onuphrius, ebenso; – der heil. Johann der Täufer, ebenso; – der Einsiedler Garino in der Höhle, vor derselben etliche Jagdhunde; oberhalb derselben das Spork’sche Wappen und eine Eule; – nach Brandels Entwurfe die Flucht nach Egypten; – der geharnischte Miles Christianus, riesengroß. Diese Bildsäule kam später in den Klostergarten zu Kukus. – Im Bade Teplitz auf dem Platze das Denkmal der heil. Dreifaltigkeit und der böhmischen Landespatrone. – Im Hofe des gräflich Waldstein’schen Schlosses zu Dux die auf den Pfeilern der Eisengitter stehenden und im anstoßenden Schloßgarten befindlichen kolossalen Statuen. – Zu Birgstein, dem Grafen von Kinsky gehörig: Neben dem Pfarrgebäude das Crucifix mit drei lebensgroßen Nebenfiguren. – Auf dem Portale des Schlosses drei Figuren: „Atlas, Diana und Ceres“. – Im Innern der Schlosses in zwei Nischen kolossale Gruppen, eine: „Merkur und Argus“, die andere „Herkules und Omphale“. – Die Marien-Statue an der Straße von Birgstein [121] nach Hayda. – In der Hauptstadt Prag: Auf der Pragerbrücke: „Die heil. Ludgardis, vor dem Kreuze kniend“, nach Brandels Modell – und die kolossale Statue des heiligen Ivo, wie er einer armen Familie Hilfe zusichert; ihm zur Rechten das Sinnbild der Gerechtigkeit. – Die alabasternen Bildsäulen in den Nischen der Pfeiler, und die Figuren auf den Beichtstühlen der St. Clemenskirche in der Altstadt. – Sämmtliche Bildsäulen des Clam-Gallas’schen Palastes in der Altstadt. – Die Dreifaltigkeitssäule in der Stephansgasse der Neustadt. – Die Bildsäulen des Maltheserhauses auf der Kleinseite. – Die Bildsäulen im gräflich Buquoy’schen Hause auf dem Maltheserplatze. – Die Bildsäule an dem gräflich Thun’schen Hause in der Spornergasse. – Die in Stein gehauenen Bildsäulen des gräflich Kolowrat’schen Palastes in derselben Gasse. – Die Statuen des gräflich Czernin’schen Palastes auf dem Hradschin. – Die aus weißem Marmor gehauene, drei Ellen hohe Bildsäule Kaiser Karls VI. in römischer Kleidung, die sich anfänglich im spanischen Saale des Prager Rathhauses befand. Wo sie jetzt ist, ist nicht bekannt. Diese Schöpfung ist die letzte des Künstlers. Pelzel fällt im IV. Theile seiner „Abbildungen böhmischer und mährischer Gelehrten und Künstler“ über B. folgendes Urtheil: „Weil B. das Geistreiche liebte, so übertrieb er manchmal die Stellungen und den Ausdruck. Eben daher kam es, daß er gern fliegende Gewänder und Haare bei seinen Figuren anbrachte, wenn sie auch in geschlossenen Gebäuden standen. Seine Stellungen sind mannigfaltig und ausdrucksvoll, wiewohl er in seinen Gruppen jedesmal die Pyramide gewählt hat. Die Verhältnisse seiner Figuren nahm er nach dem mittleren schönen Wuchse, und wußte sie den Grundsätzen der Optik gemäß nach allen Höhen und Entfernungen zu erreichen. Doch fiel er bei seinen letzten Arbeiten, indem er seine Einsichten in die Anatomie allzusehr an den Tag legen wollte, in das Trockene und Magere. ... Doch gilt dieß von seinen ersten Arbeiten nicht. ... Wiewohl seine Gewänder leicht geworfen sind, so haben sie durch das Eckichte eher etwas Rauschendes als Mildes an sich. Hierin hat er die Antike gänzlich verlassen. Hingegen sind seine Beiwerke oder Attribute der Figuren geschickt, und mit eben so vielem Geschmack als Leichtigkeit angebracht und ausgeführt. Seine Modelle, als in Lehm boussirte Köpfe, Hände und Füße, werden von Künstlern und Kennern geschätzt, und hier und dort noch in Sammlungen aufbewahrt. Verschiedene Statuen dieses Künstlers haben Neureuter und Andere, Renz und Montaligre aber nach seiner Zeichnung das Prager Rathhaus in Kupfer gestochen. Der vorzüglichste seiner Schüler war Patzalt.

Dlabacz (G. J.), Künstler-Lexikon s. Böhmen (Prag 1815, 4°.) I. Bd. Sp. 207. – Pelzel (M.), Abbildungen der böhmischen u. mährischen Gelehrten und Künstler (8°.) IV. Bd. – Schaller (J.), Beschreibung von Prag (1794–97, 4 Bde., 8°.). – Derselbe, Topographie von Böhmen, Leitmeritzer, Bunzlauer und Königgrätzer Kreis, II. Bd. S. 322 und III. Bd. S. 54. – Bohemia (eine Prager Zeitschrift) Jahrg. 1842, Nr. 142. – Welleba (W. F.), Die berühmte Prager Brücke (Prag 1827, 8°.) S. 19 und 124. – Oestr. National-Encyklopädie (von Czikann und Gräffer), (Wien 1835, 6 Bde.) I. Bd. S. 372. – Nagler (G. K. Dr.), Neues allg. Künstler-Lexikon (München 1835 u. f., 8°.) II. Bd. S. 113. – Porträt im obbenannten Werke von Pelzel (gem. von Angers, gest. von Balzer).