BLKÖ:Baillet von Latour, Theodor Graf

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 1 (1856), ab Seite: 125. (Quelle)
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Baillet von Latour, Theodor, Graf (Feldzeugmeister, Mar. Theresien-Ordensritter etc., geb. 15. Juni 1780, gest. den Märtyrertod zu Wien 6. Oct. 1848). Sohn des Vorigen. Nach neunjähriger Erziehung in der Wiener-Neustädter Militär-Akademie trat er als Corpscadet in die Ingenieur-Akademie und avancirte von da nach zurückgelegten Studien im J. 1799 zum Oberlieutenant im Ingenieurcorps. 1800 machte er die Schlacht bei Marengo mit. 1804 Hauptmann, 1805 Major beim Generalstabe, gerieth er vor Ulm in Gefangenschaft. Nachdem er während des Friedens bei der Triangulirung in Oberösterreich verwendet worden war, zeigte er sich 1809 wieder auf dem Kriegsschauplatze und zwar im Armeecorps des Erzherzogs Ferdinand in Galizien, wobei er seine militärische Tüchtigkeit so sehr erprobte, daß er noch in demselben Jahre zum Oberstlieutenant avancirte. Im J. 1812 zeichnete er sich im Generalstabe des Auxiliarcorps neuerdings auf eine Weise aus, daß Fürst Schwarzenberg eine längere ehrenvolle schriftliche Aeußerung über ihn abgab. Er that in den Schlachten von Podubnie und bei Biala Wunder der Tapferkeit und Umsicht, trieb durch energische Angriffe überlegene Feindesschaaren zurück, eroberte Geschütze und wußte sich in gefährlichen Stellungen taktvoll zu behaupten. Die nächste Folge solcher Heldenthaten war die Verleihung des Theresienordens. [126] Im J. 1813 ward er Oberst im 12. Infanterieregiment und beim Generalstabe des Fürsten Schwarzenberg zugetheilt. In der Relation über die Schlacht bei Dresden ward seiner wieder besonders Erwähnung gethan. Bei Leipzig erwarb er sich den russischen Wladimirorden. Während der Feldzüge von 1814 u. 1815, in denen er als Chef des Generalstabs in dem vom Kronprinzen von Württemberg commandirten Armeecorps die Aufmerksamkeit des Kaisers von Rußland und des Königs von Württemberg auf sich gezogen hatte, war er zum Generalmajor vorgerückt. Im J. 1822 ward er Artillerie-Brigadier zu Olmütz und Inhaber des 3. Artillerieregiments. 1829 stand er an der Spitze der Militärcommission bei der Frankfurter Bundesversammlung; 1831 zum FML. ernannt, ward er ein Jahr darauf nach Wien berufen, um die Stelle des General-Geniedirectors Erzherzog Johann zu vertreten, und erhielt die Inhaberstelle des 28. Infanterieregiments. 1841 ward er FZM. und 1848 Kriegsminister. Als solcher fiel er am 6. Oct. dess. J. als ein Opfer seiner Treue und Soldatenpflicht, durch, wie es aus der in den Quellen angegebenen Schrift „Ergebnisse“ sich herausstellt, überlegten und planmäßig vorbereiteten Meuchelmord im Gebäude des Kriegsministeriums zu Wien. Eine schmerzliche Ahnung seines Todes für das Vaterland spricht sich in seinen Worten aus, die er im Sept. 1848 an den als kön. Commissär zur Pacifikation Ungarns gleich ihm gemordeten Grafen Lamberg richtete, und welche lauteten: „Wir werden uns wahrscheinlich nicht mehr sehen, doch gebietet es Pflicht und Ehre, unsere Bestimmung mit Resignation zu erfüllen.“ Die Armee verlor in ihm einen der tüchtigsten Krieger, der Monarch einen seiner getreuesten Diener.

Leitner von Leitnertreu (Th. Ig.), Geschichte der Wiener-Neustädter Militärakademie II. Thl. S. 185. – Balleydier (Alphons), Histoire des Révolutions de l’empire d’Autriche années 1848 et 1849 (Paris 1853). – „Le Constitutionnel“ (Pariser Journal) vom 8., 9., 11. Februar 1853. – Illustrirte Zeitung (Leipzig, Weber, Fol.) 1848, Nr. 282: „Die Ermordung Latours“, mit dem Bilde der Greuelthat in Holzschnitt. – Ergebnisse der vor dem k. k. Mil.-Gerichte geführten Untersuchung wider die Mörder des k. k. Kriegsministers GFZ. Theod. Grafen Baillet von Latour (Wien, Staatsdr., 1850, 3 Hefte). – Dunder (W. G.), Denkschrift über die Wiener October-Revolution (Wien 1849) S. 125–135: „Latours Tod“ u. S. 282: „Bericht Smolka’s über Latours Abdankung und Ende.“[BN 1][BN 2] – Ein vortreffliches Porträt in Stahl gest. als Ringzierde erschien im J. 1850 ohne Ang. des Orts (Wien), Jahres, Zeichners und Stechers.

Berichtigungen und Nachträge

  1. Als Nachträge zu den der Biographie des Grafen Theodor Baillet von Latour angefügten Quellen:
    Ergebnisse der von dem k. k. Militärgerichte geführten Untersuchung wider die Mörder des [185] k. k. Kriegsministers General-Feldzeugmeisters Th. Grafen Baillet de Latour (Wien 1850, 8°). – Erinnerungen an den k. k. Feldzeugmeister und Kriegsminister Th. Grafen Baillet von Latour (Gratz 1849, 8°.). – Veith (Johann Emanuel), Das Werk der Sühnung. Rede vor dem Seelenamte für den weiland k. k. Kriegsminister und Feldzeugmeister Th. Grafen Baillet de Latour (Wien 1849, 8°.). – Auch ist der in E. M. Oettinger’s „Bibliographie biographique universelle“ (Bruxelles 1854, J. J. Stiènon, Lex. 8°.) Tome I. p. 941, angegebene 6. November 1848 als Tag der an dem General verübten Unthat unrichtig, da am 6. October, nicht am 6. November dieser fluchwürdige Mord begangen wurde. [Band 14, S. 184 f.]
  2. E Baillet von Latour, Theodor Graf [Bd. I, S. 125].
    Erinnerungen an den k. k. Feldzeugmeister und Kriegsminister Theodor Grafen Baillet von Latour (Gratz 1849, J. A. Kienreich, 8°., 1 Bl. u. 150 S.). – Das Jahr 1848. Geschichte der Wiener Revolution. I. Band von Heinrich Reschauer. II. Band von Moriz Smets. Illustrirt von P. Katzler, [325] F. Kriehuber u. A. (Wien 1872, R. v. Waldheim, 4°.) Bd. II, S. 563 u. f.: „Der Latourtag“. [Band 28, S. 324 f.]