ADB:Wilhelm III. (Herzog von Bayern)

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Artikel „Wilhelm III., Herzog von Baiern-München“ von Sigmund Ritter von Riezler in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 42 (1897), S. 703–705, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wilhelm_III._(Herzog_von_Bayern)&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 11:56 Uhr UTC)
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Wilhelm III., Herzog von Baiern-München, geboren zu München 1375 als zweiter Sohn des Herzogs Johann von B.-M. und der Gräfin Katharina von Görz und Tirol, † in München am 12. September 1435. Vom 8. August 1397 bis zu seinem Tode regierte W. neben seinem älteren Bruder Ernst über Baiern-München. Dieses landesfürstliche Wirken der beiden Brüder fällt in eine der trübsten Zeiten der bairischen Geschichte, da die Familienstreitigkeiten der in vier Linien getheilten bairischen Wittelsbacher ihren Höhepunkt erreichten, und fällt so unterscheidungslos in eines zusammen, daß hierfür auf den Artikel über Ernst (A. D. B. VI, 246f.) verwiesen werden muß. Dort findet man die Streitigkeiten des fürstlichen Bruderpaares mit ihrem Oheim Stephan und mit ihrer demokratisch verwalteten Hauptstadt München, deren Belagerung und Einnahme durch die Herzöge 1403, den erfolglosen Tiroler Feldzug von 1410, den 1421 und 1422 geführten Krieg gegen den streitsüchtigen Ingolstädter Vetter Ludwig den Gebarteten, die Besitzergreifung des Straubinger Ländchens 1427, die wiederholten Niederlagen in den Hussitenkriegen erzählt. Persönlich in die letzteren Kriege einzugreifen ward W. durch die inneren Wirren meist verhindert. Nachdem er im Sommer 1420 an dem unglücklichen Reichskriege theilgenommen hatte, faßte er erst im November 1429 wieder den Plan, gegen die Ketzer ins Feld zu ziehen, doch kam es damals nur zu einem Verwüstungszuge seiner Truppen über die Grenze und erst im Sommer 1431 finden wir den Herzog selbst wieder in dem großen Reichsheere, das aus Nürnberg gegen die Hussiten ausrückte und dessen Angriff mit der schmählichen Flucht bei Taus endete. Schon als neunzehnjähriger Jüngling hatte W. 1394 an dem Kriege seines Vaters gegen den Oheim Stephan von Ingolstadt theilgenommen.

Gegenüber der sprichwörtlichen wittelsbachischen Familienzwietracht, die in den Wirren zwischen den Linien München, Landshut und Ingolstadt die schlimmsten Früchte zeitigte, war das bis zur Freundschaft gesteigerte Einverständuiß der Brüder Ernst und Wilhelm eine seltene, schon von Zeitgenossen angestaunte Erscheinung. In allen Regierungssachen handelten sie nach reiflicher Berathung in voller Eintracht und darf man nach der Geduld und Nachsicht urtheilen, die W. in einem näher bekannten Falle bewies, wird man ihm das Hauptverdienst dieses glücklichen Verhältnisses zuschreiben. Ein wichtiges Amt verdankte W. dem Vertrauen, das ihm König Sigmund schenkte. Bewogen „durch die Vernunft, Redlichkeit und Festigkeit“ des Herzogs, ernannte ihn der König am 11. October 1431 mit Zustimmung des in Basel versammelten Concils zu dessen Protector und zu seinem Statthalter bei demselben. Im Namen des Königs hatte er die Einladungen zur Versammlung zu erlassen, für [704] den Schutz der Theilnehmer und die Erhaltung des Friedens in der Nachbarschaft zu sorgen. Die letztere Aufgabe ward durch eine königliche Vollmacht vom 28. Juni 1432 auf den Schirm des Landfriedens im ganzen Reiche ausgedehnt. In dieser Richtung fehlte es W. nicht an Erfolgen. Bemühte er sich auch vergebens um Beilegung der geroldseckischen Familienfehde, so brachte er doch einen Waffenstillstand zwischen dem Herzoge von Burgund und Friedrich von Oesterreich zustande und eroberte (August 1432) das Raubschloß Jungholz bei Colmar. Gegen Ende Juni 1432 hatte W. auf einige Wochen das Concil verlassen, um nach Westfalen zu reisen, sich dort sammt einigen seiner Räthe als freier Schöffe des heimlichen Gerichts aufnehmen zu lassen und vor der Vehme Klage gegen Herzog Heinrich von Baiern-Landshut zu erheben. Auf dem Concil nahm W. besonders an den Verhandlungen, die mit der Gesandtschaft der Hussiten gepflogen wurden, hervorragenden Antheil. Mit den Führern des Concils war er einig in dem Verlangen nach inneren Reformen der Kirche und einig in der Opposition gegen Papst Eugen IV., der Reformen widerstrebte und das Concil von Basel nach Bologna verlegen wollte. Durch Leute Wilhelm’s wurde einem päpstlichen Boten die Bulle, worin der Papst ein in seine Hände gelangtes Schreiben Sigmund’s an den Protector verwerthete, um den König zu compromittiren, in der Nähe von Basel abgenommen. Da aber Sigmund doch des Papstes bedurfte, weil er aus dessen Hand die Kaiserkrone empfangen wollte, und da er Wilhelm’s und des Concils Aufforderungen die Unterhandlungen mit dem Papste abzubrechen und nach Basel zu kommen lange zurückwies, gerieth W. in eine schwierige Stellung, die für weniger maßvolle Naturen bald unerträglich geworden wäre. Er mahnte nach beiden Seiten den offenen Bruch zu vermeiden und seiner eifrigen und geschickten Vermittlung war es zum guten Theil zu danken, wenn das Concil extreme Schritte gegen den Papst unterließ, doch seine Unabhängigkeit gegenüber diesem behauptete, während anderseits auch ein Zerwürfniß zwischen König und Concil vermieden wurde. Als Sigmund am 12. October 1433 endlich in Basel eintraf, umarmte er, aus dem Schiffe steigend, seinen getreuen Statthalter und verhieß ihm in gnädigen Worten Dank für seine Mühewaltung. Er versprach W. das Land des gewaltthätigen Ingolstädter Vetters Ludwig, über den das Concil den Kirchenbann verhängt hatte, zunächst – so lange er, der König, selbst lebe – in der Form zu überlassen, daß er dort als sein Statthalter wirken solle, und sprach (28. April 1434) die Acht über Ludwig aus. Doch hegte Wilhelm’s Bruder Ernst selbst Bedenken gegen eine Execution und Ludwig verstand es durch Zugeständnisse, die er Sigmund machte, den wankelmüthigen Herrscher zur Aufhebung des Achturtheils (11. August) und zum Verzicht auf weiteres Einschreiten zu bewegen. Der ganze Lohn Wilhelm’s für seine opfervolle Thätigkeit im Dienste Sigmund’s und des Concils beschränkte sich auf eine kaiserliche Entscheidung (1. Januar 1434), die ihm und dem Bruder in den Streitigkeiten mit dem Landshuter Vetter Heinrich zu ihrem Rechte verhalf. Denn auch die kaiserliche Verschreibung der Landvogtei Schwaben an W. blieb wirkungslos, da W. starb, ehe er die zur Einlösung der verpfändeten Vogtei erforderliche Barsumme aufgebracht hatte. Im April 1435, einige Monate vor Wilhelm’s Tode, kam noch eine Aussöhnung und ein Bündniß der Münchener Herzöge mit Heinrich von Landshut gegen die Ingolstädter Vettern zustande.

Inmitten einer politischen Welt, in der streitsüchtige, gewaltthätige, ja brutale Charaktere an der Tagesordnung waren, stach W. durch mildes und versöhnliches Wesen wohlthuend hervor. Wahre Religiosität prägte seinem Handeln den Stempel der Mäßigung, Friedensliebe und Achtung vor fremdem Rechte auf. Als einen Mann von großer Frömmigkeit, Reinheit und Rechtschaffenheit [705] priesen ihn die Väter des Baseler Concils, der Dominicaner Nider nennt ihn einen Vater der Armen, dessen Lob die von Wittwen und Waisen bei seinem Tode vergossenen Thränen verkündeten. Seine geistige Ausbildung war vernachlässigt worden: wie viel Geld, schrieb später ein bairischer Mönch, hätte Herzog W., der auf dem Concil stumm unter den Gelehrten saß, dafür gegeben, wenn er Lateinisch gekonnt hätte! Gleichwohl besaß er als ehrenwerther Charakter, bewährter Kriegsmann und gewandter Diplomat hohes Ansehen, ja der Chronist Veit von Ebersberg meint, bei längerem Leben wäre ihm die Königskrone nicht entgangen. Ein Freund der Jagd, ehrbarem Lebensgenusse nicht abhold, war er doch weit entfernt von der leichtfertigen Ausgelassenheit des Königs Sigmund. Er selbst schreibt, wie die Baseler Frauen über ihn urtheilten, als er auf das Drängen des Concils zur Fastnacht das Tanzen verbot: der König hätte das nie gethan; er aber, Herzog W., weil er selbst keine Freude habe und nicht zu ihnen gehen wolle, wolle ihnen auch keine gönnen. Indessen reichte diese Zurückhaltung doch nicht so weit, daß nicht auch W. nach der Sitte der Zeit in seiner Jugend ein, vielleicht auch mehrere uneheliche Verhältnisse gehabt hätte. Adelheid Schymlin von München gebar ihm einen Sohn, Konrad von Egenhofen, und eine natürliche Tochter Wilhelm’s, Barbara, versprach Herzog Albrecht III. 1439 auszustatten, wenn sie sich vermählen würde. Erst in hohen Jahren hat sich W. eine Gemahlin erkoren. Während des Concils, am 11. Mai 1433, vermählte er sich zu Basel mit Margarethe, Tochter des Herzogs Adolf von Cleve, mit der er (17. September 1432) in Köln seine Verlobung gefeiert hatte. Aus dieser Ehe entsprungen zwei Söhne, Adolf und Wilhelm, von denen der letztere bald nach der Geburt, Adolf im Alter von sieben Jahren starb.

Häutle, Genealogie des Hauses Wittelsbach. – Kluckhohn, H. W. III. v. B., der Protektor des Baseler Konzils (Forschungen zur deutschen Geschichte II). – Riezler, Gesch. Baierns III, bes. 299 f., dort auch Quellen- und weitere Litteraturangaben.