ADB:Weißer, Friedrich Christoph

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Artikel „Weisser, Friedrich Christoph“ von Max Mendheim in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 41 (1896), S. 610–611, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wei%C3%9Fer,_Friedrich_Christoph&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 02:04 Uhr UTC)
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Band 41 (1896), S. 610–611 (Quelle).
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Weisser: Friedrich Christoph W., Schriftsteller und Dichter, wurde als Sohn eines Buchbindermeisters am 7. März 1761 in Stuttgart geboren. Er wurde von einem Verwandten, der eine Stelle bei der württembergischen Landschaft bekleidete und den Knaben auch da unterzubringen gedachte, für die Schreibercarrière herangebildet. Zwar besuchte W. die unteren und mittleren Classen des Gymnasiums, mußte aber dann auf seinen Wunsch, sich für das Studium der Theologie vorzubereiten, verzichten, und kam 1776 zu dem Stabsamtmann und Amtsschreiber Härlin in Brenz in die Lehre; später erhielt er eine Schreiberstelle in Herrenberg und 1784 eine solche als Accessist bei der Landschaft in Stuttgart, wo er mit der Zeit zum Registrator und 1798 zum Landschaftssecretär aufrückte. Aber neben seiner amtlichen Thätigkeit hat sich W. durch eifriges Selbststudium und in dem Umgang mit seinen Freunden Conz, Haug, Petersen u. A. weiter gebildet und für die Schöpfungen der zeitgenössischen Litteratur interessirt. Schon in Stäudlin’s erstem schwäbischen Musenalmanach auf das Jahr 1782 hat er selbst Proben seines Talentes veröffentlicht und mit seinen Epigrammen neben denen Haug’s sogleich der Satire einen Platz in dieser Anthologie gesichert, zu deren weiteren Bänden er dann immer neue, oft gut gelungene und witzige Kleinigkeiten beigesteuert hat, während seine ersten Prosaschriften 1791–93 in der Tübinger Monatschrift „Flora“ erschienen. Aber auch an den in jene Zeit fallenden Verhandlungen und Streitigkeiten der Stände mit dem Landesherrn hat W. thätigen Antheil genommen; ja er wurde sogar von den Consulenten der Landschaft zum diplomatischen Verkehr mit den Höfen von Wien und Berlin verwendet. Am 1. März 1806 wurde er zum Obersteuerrath, 1811 zum Oberfinanzrath ernannt und dem Steuerwesen zugetheilt, im November 1817 in die Staatsschuldenzahlungscommission und 1819 in das Steuercollegium versetzt. Eines immer stärker auftretenden Gehörleidens wegen wurde er 1822 quiescirt und 1826 mit einem Ruhegehalte verabschiedet. Trotz dieser reichen Berufsarbeit ist W. unausgesetzt litterarisch thätig gewesen und hat nicht nur mit kleineren Prosa-Aufsätzen und poetischen Producten zu manchen Tagesjournalen beigesteuert, sondern auch größere Sammlungen seiner Muse veröffentlicht und eine Zeit lang (von 1807 an) selbst die Redaction des „Morgenblattes“ geleitet, in dem die meisten seiner damaligen Productionen zuerst erschienen. Erst in den letzten Jahren seines Lebens sah er sich zur völligen Ruhe genöthigt. Er starb am 9. Januar 1836 in Stuttgart.

W. gehört neben Haug zu den fruchtbarsten und witzigsten Epigrammdichtern seiner Zeit, aber er ist, wie Hermann Fischer[WS 1] treffend von ihm sagt, „eine durchaus auf prosaische Verständigkeit, moralische Lehrhaftigkeit und scharfen Witz gerichtete Natur; von Gemüthstiefe und Ideenschwung, wie von Humor im eigentlichen Sinne darf man nichts bei ihm suchen; moralisirende Betrachtungen müssen die ersten, barocke Paradoxen den letzten ersetzen“. Seine Prosaschriften, deren Sprache glattfließend und correct ist, bestehen meist aus Anekdoten, harmlosen Plaudereien, Feuilletons und Aphorismen, die manchen guten Einfall, aber auch viel gesucht Witziges enthalten und viel Schwatzhaftigkeit über alle möglichen Gegenstände zeigen. Sie erschienen gesammelt in den Werken „Scherz- und [611] ernsthafte Miscellen“ (1808); „Satirische Blätter“ (2 Bde., 1813), sowie in den „Sämmtlichen prosaischen Werken“ (6 Bde., 1818–20), den „Neuesten poetischen und prosaischen Werken“ (3 Bde., 1820–22) und der „Neuen Sammlung auserlesener prosaischer Schriften“ (3 Bde., 1826). In seinen orientalischen „Märchen und Erzählungen“ (gesammelt 1816 und 1824), die Wieland’s Art nachahmen, und in der Nacherzählung der „Märchen der Scheherazade“ (6 Bde., 1809–12) zeigt er sich als äußerst gewandter und anmuthiger Erzähler. Die Modernisirung des Simplicissimus, die er unter dem Titel „Schalkheit und Einfalt“ (2 Bde., 1822) veröffentlichte, ist eine zum Theil verkürzte und harmloser gestaltete Nacherzählung, der man das Original aber immer vorziehen wird. Weisser’s poetische Sachen, bestehend aus Romanzen, Epigrammen, Charaden und satirischen Strophendichtungen, die er gesammelt in den Werken „Acht Romanzen“ (1804), „Sinngedichte“ (2 Bde., 1805–6), „Satirische Blätter“ (2 Bde., 1813), „Poetische Satiren und scherzhafte Gedichte“ (1823), „Poetisch-satirische Pinselstriche“ (1823), „Neueste poetische und prosaische Werke“ (3 Bde., 1820–22), „Ernste, fröhliche und scherzhafte Muse“ (2 Bde., 1826) und in der mit Haug herausgegebenen „Epigrammatischen Anthologie“ (10 Bde., 1807–9) veröffentlichte, sind in Versbau und Rhythmus tadellos rein und gewandt. Als Kritiker und Satiriker wendet er sich als Anhänger des sog. Classicismus besonders heftig gegen die Romantiker und das von ihnen bevorzugte Sonett, mußte aber seiner einseitigen Richtung wegen auch selbst scharfe Angriffe erdulden, so z. B. von Kerner und Uhland. Eigenthümlich berührt im Zeitalter des Capitalismus sein eifriges Eintreten für den Nachdruck, wovon hauptsächlich die „Briefe David’s an Jonathan“ handeln (wiederabgedruckt in Bd. 6 seiner „Sämmtlichen prosaischen Werke“).

Neuer Nekrolog für 1836 XIV, 24–29. – Hermann Fischer, Beiträge zur Litteraturgeschichte Schwabens (1891), S. 53 ff.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Hermann Fischer (1851–1920), deutscher Germanist und Mitarbeiter der Allgemeinen Deutschen Biographie. Siehe den Artikel über ihn in der Wikipedia und die Quellentexte in Wikisource.