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Artikel „Vehse, Eduard“ von Franz Schnorr von Carolsfeld in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 39 (1895), S. 530–531, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Vehse,_Eduard&oldid=- (Version vom 16. Oktober 2024, 08:32 Uhr UTC)
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Vehse: Karl Eduard V., Geschichtschreiber, geboren zu Freiberg i. Sachs. am 18. December 1802, † in Neustriesen bei Dresden am 18. Juni 1870, besuchte das Gymnasium seiner Vaterstadt, kurze Zeit auch die dortige Bergakademie und widmete sich dann in Leipzig und Göttingen zugleich juristischen und historischen Studien, indem er vom Jahre 1820 an dort Vorlesungen bei Weiße, Pölitz und Haubold, hier bei Sartorius, Heeren und Saalfeld hörte. Nachdem er Baccalaureus juris geworden war und ein Jahr lang in Leipzig als Privatdocent gewirkt hatte, trat er im Februar 1825 bei dem königlichen Hauptstaatsarchiv in Dresden ein, erlangte im November desselben Jahres mit seiner in Leipzig gedruckten Dissertation: „De pacto confraternitatis Saxo-Hassiacae“ die juristische Doctorwürde und erhielt am 1. Februar 1826 die Stelle eines Archivsecretärs, 1833 die eines Archivars. Rühmliche Proben seines auf umfassende Arbeitspläne gerichteten Fleißes legte er schon in jungen Jahren in den beiden Werken: „Das Leben und die Zeiten Kaiser Otto’s des Großen“ (Dresden 1829; 3. Aufl. Zeitz 1867) und „Tafeln der Geschichte. Die Hauptmomente der äußern politischen Verhältnisse und des innern geistigen Entwicklungsgangs der Völker und Staaten alter und neuer Welt in chronologischer und ethnographischer Ordnung“ (Dresden 1834) ab. Seine Lebensverhältnisse hatten sich auf das glücklichste entwickelt; dennoch entschloß er sich aus Gewissensgründen dieselben aufzugeben und seine Heimath zu verlassen, als er zu Ende des Jahres 1838 zur Gründung einer deutschen Colonie mit dem bekannten Sectenstifter Martin Stephan (s. A. D. B. XXXVI, 85 ff.), dessen „Person er“, um seine eigenen Worte zu gebrauchen, „mit der guten Sache der lutherischen Kirche identificirte“, nach Amerika auswanderte. Er selbst beschreibt in seiner Schrift „Die Stephansche Auswanderung nach Amerika“ (Dresden 1840), wie er hierbei nebst vielen Anderen das Opfer eines geistlichen Betrügers wurde. Nachdem er zehn Monate in St. Louis in Missouri zugebracht hatte, ließ er sich zunächst wieder in Dresden nieder und hielt hier Vorlesungen, von denen in Druck erschienen: „Die Weltgeschichte aus dem Standpunkte der Cultur und der nationalen Charakteristik, 41 Vorlesungen im Winterhalbjahr 1841–1842 zu Dressden gehalten“ (2 Bde., Dresden 1842, 1843) und „Ueber die gesellige Stellung und die geistige Bildung der Frauen in England, Amerika, Frankreich und vornehmlich in Deutschland. Zwei Einladungsvorlesungen zu einem geschichtlichen Cursus im Winterhalbjahr 1842–1843“. Einige seiner späteren Lebensjahre brachte er dann auf Reisen in Deutschland und der Schweiz, zu Paris, London, Berlin, Sifach bei Basel, in mehreren italienischen Städten, seinem Geburtsorte Freiberg und wiederum in Florenz zu, war jedoch nach Sachsen [531] zurückgekehrt, als er starb. – In seiner „Geschichte der deutschen Höfe seit der Reformation“ (48 Bde., Hamburg 1851–1858), demjenigen seiner Werke, wodurch er vorzugsweise bekannt geworden ist, tritt er uns gleich sehr als Publicist wie als Historiker entgegen. Denn obschon er auch in diesem Werke, der Frucht zehnjähriger Arbeit, seinen unermüdlichen Forscherfleiß bewährt und obschon das Buch der ausgesprochenen Absicht des Verfassers nach „keine Tendenz“ haben, sondern nur „die Facta, aber diese so speciell und individuell als möglich“ vorführen sollte, wurzelte doch Plan und Ausführung des Ganzen völlig in dem Geiste, der die politischen Bewegungen des Zeitalters beherrschte, und nicht mit Unrecht wird man die Fehler, die dem Werke anhaften: Vorliebe für das Pikante und Anekdotenhafte, Mangel an kritischer Schärfe in Sichtung der Quellen, mit Charaktereigenschaften des Verfassers, aber auch mit Einflüssen, welche die politische Gegenwart auf ihn ausübte, in Verbindung bringen. Beweist doch sein Schriftchen „Aus der Hölle heraus! Krieg oder Frieden mit Frankreich? Der Krieg der Armen und Reichen, die Geldmacht und ihr Sturz“ (Dresden und Leipzig 1848) hinsichtlich seines politischen Glaubensbekenntnisses auch direct, ein wie eifriger Gegner zwar nicht der monarchischen Institutionen überhaupt, aber doch dessen, was er „Hofmonarchie“ nennt, er gewesen ist. – Um seine schriftstellerischen Arbeiten vollständig anzuführen, bedarf es schließlich nur noch der Erwähnung seines unter dem Titel „Shakespeare als Protestant, Politiker, Psycholog und Dichter“ (2 Bde., Hamburg 1852) erschienenen Buches.

Angaben der Verwaltung des K. S. Hauptstaatsarchivs. – Varnhagen, Tagebücher, z. B. Bd. 10. Hamburg 1868, S. 123, 154 f., 178. – Conversations-Lexikon 12. Aufl. Bd. 15. Leipzig 1879, S. 2. – Max Ring, Berliner Leben. Leipzig 1882, S. 93.