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Artikel „Tielke, Johann Gottlieb“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 38 (1894), S. 286–288, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Tielke,_Johann_Gottlieb&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 11:49 Uhr UTC)
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Tielke: Johann Gottlieb T., kurfürstlich sächsischer Hauptmann, ward am 2. Juli 1731 auf dem Schlosse Tautenburg bei Naumburg an der Saale, wo sein Vater als Amtmann das gleichnamige, dem Grafen Moriz von Sachsen zum Nießbrauche übertragene Kammergut verwaltete, geboren, gerieth durch den Tod seines Vaters in äußerste Armuth und war froh 1751 beim Infanterieregimente Herzog von Sachsen-Weißenfels als Gemeiner in den kursächsischen Heeresdienst aufgenommen zu werden. Da seine äußere Erscheinung, auf die man damals beim Soldaten großen Werth legte, sehr unansehnlich war, hatte dies Schwierigkeiten gemacht und war nur durch die Fürsprache eines Verwandten gelungen; T. that sich aber bald durch Anstelligkeit und Lernbegier hervor und [287] seine Geschicklichkeit im Zeichnen bewirkte, daß er 1753 zur Hausartilleriecompagnie in Dresden versetzt ward. Auf Kosten des Königs-Kurfürsten durfte er sich sodann zur Ablegung der Artillerieprobe vorbereiten, nach deren Bestehen er der damaligen Vorschrift gemäß zu den zünftigen Konstablern gehörte. Daneben ward ihm gestattet die in der Ingenieurakademie gehaltenen Vorträge zu hören. 1756 theilte er das Schicksal des gesammten Heeres in preußische Kriegsgefangenschaft zu gerathen, es gelang ihm aber, durch seine kleine Gestalt begünstigt, in der Verkleidung als Milchmädchen zu entkommen. Er ging nach Warschau, wurde durch die auf Grund der von den Kriegsschauplätzen eingehenden Nachrichten von ihm ausgeführte bildliche Darstellung der Ereignisse auf Plänen dem Kurfürsten bekannt, welcher ihn zum Feuerwerker beförderte, und ihn 1757 nach Schlesien entsendete, wo er an der Seite des Herzogs von Aremberg sich mit den sächsischen Prinzen Xaver, dem späteren Grafen von der Lausitz, und Karl, dem demnächstigen Herzoge von Kurland, bei der Belagerung von Schweidnitz befand. Im Gefolge des letzteren wohnte er dem Feldzuge von 1758 bei und war gegenwärtig als Küstrin beschossen, als die Schlacht von Zorndorf geschlagen und als Kolberg belagert wurde. 1759 ward er dem Generaladjutanten Oberst Graf Zamoisky beigegeben, welcher in das Hauptquartier des Feldmarschalls Grafen Daun ging; als Dresden von den Oesterreichern eingenommen war, brachte er die Nachricht davon dem Prinzen Xaver, auf dessen Empfehlung der Kurfürst ihn zum Stückjunker (unterster Officiersgrad) ernannte. 1760 gehörte er dem Gefolge der Prinzen Albrecht (späteren Herzogs von Sachsen-Teschen) und Clemens an, mit denen er sich wiederum beim österreichischen Heere befand, in der Schlacht bei Torgau ward er leicht verwundet, sein Pferd getödtet. Seine Einsicht und Geschicklichkeit machten ihn bei den Prinzen wohlgelitten, auf die Fürsprache derselben wurde er im nächsten Winter Souslieutenant. 1761 war er mit dem Prinzen Albrecht beim Heere in Sachsen, 1762 in Schlesien. Als nach Beendigung des Siebenjährigen Krieges die sächsischen Truppen neuformirt wurden, erfolgte Tielke’s Ernennung zum Premierlieutenant, 1769 ward er zum Stabscapitän befördert. Im Bairischen Erbfolgekrieg befehligte er eine Batterie, bald nachher ward er Compagniechef. Seine Garnison war meist Freiberg, dort ist er am 6. Novbr. 1787 gestorben. – T. war als militärischer Schriftsteller auf den Gebieten der Moralphilosophie, der Befestigungskunst und der Kriegsgeschichte thätig. Aus dem Bereiche des erstgenannten veröffentlichte er „Eigenschaften und Pflichten eines Soldaten zur Prüfung derer, die es sind, und derer, die in diesen Stand treten wollen, nebst einem Anhang aus Xenophons Rückzug der zehntausend Griechen. Von einem Officiere“ (Dresden und Leipzig 1773) und „Gebete und Psalmen für Kriegsleute. Von einem Offizier“ (Dresden 1779). Wichtiger sind seine kriegswissenschaftlichen Arbeiten, sein „Unterricht für Officiere, die sich zu Feldingenieurs ausbilden wollen, durch Beispiele aus dem 7jähr. Kriege erläutert. Mit 29 Pl.“ und seine „Beyträge zur Kriegskunst und Geschichte des Krieges von 1756 bis 1763. Mit ca. 50 Krtn. u. Plän.“ Jenes Buch, zuerst zu Dresden und Leipzig 1769 veröffentlicht, ward fünf Mal, zuletzt 1795, aufgelegt und 1789 durch E. Hewgill in das Englische übersetzt; dieses Werk, in sechs Bänden zu Freiberg 1775 bis 1786 erschienen, ward dort gleichzeitig (1777–1786) in französischer Sprache aufgelegt und 1787 auch von C. und R. Crawfurd in englischer herausgegeben. „Der Feldingenieur“, die erste auf Grund selbständiger Ansichten mit Urtheil und Geschick von einem Deutschen, die bis dahin nur französischen Vorbildern gefolgt waren, verfaßte Schrift über den Gegenstand, handelt in drei Abschnitten von Märschen und Lägern, von der Feldarbeit und vom Aufnehmen; die „Beyträge“, in gewisser Beziehung eine Ergänzung und Fortsetzung des Feldingenieurs, berichten im 1. Stücke über das [288] Treffen bei Maxen, im 2. über den Feldzug von 1758 (A. D. B. XXXVII, 183) im 3. über den von 1761, im 4. über die Belagerung von Schweidnitz durch die Oesterreicher, im 5. über den Feldzug von 1761 des Herzogs von Württemberg in Pommern; daneben stellt das 5. Stück Betrachtungen über die Feldbefestigungskunst an, welche im 6. fortgeführt werden. Tielke’s militärische Schriften machten großes Aufsehen und erregten in König Friedrich dem Großen den lebhaften Wunsch den Verfasser in den preußischen Dienst herüberzuziehen. Er ließ T. glänzende Anerbietungen machen, dieser hielt sich aber für verpflichtet im sächsischen Heere zu verbleiben und lehnte ab, wie er schon 1758 das Anerbieten des Generals v. Stoffeln ausgeschlagen hatte, welcher ihm vor Kolberg eine vortheilhafte Anstellung in russischen Diensten versprach. – Bei Tielke’s Tode war noch ein anscheinend nicht unbedeutender handschriftlicher Nachlaß vorhanden, von welchem zur Zeit nur ein auf der königlichen Bibliothek aufbewahrter Band Gedichte bekannt ist; das übrige scheint verloren gegangen zu sein (s. unten: Hauptmann Schneider).

Ueber Tielke’s Leben und Schriften, Freiberg 1797. – Zeitschrift für Kunst, Wissenschaft und Geschichte des Krieges, Berlin 1824. – Militär-Wochenblatt, Berlin 1886, Sp. 557 (von E. Graf Lippe-Weißenfeld). – Forschungen z. Brandenburgischen u. Preußischen Geschichte, 3. Bd., 2. Hälfte, S. 165, Leipzig 1890 (von Hauptmann Schneider, Tielke’s Urgroßsohn).