ADB:Karl (Herzog von Kurland)

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Artikel „Karl von Sachsen, Herzog von Kurland“ von Heinrich Diederichs in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 297–298, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Karl_(Herzog_von_Kurland)&oldid=- (Version vom 14. Dezember 2024, 22:20 Uhr UTC)
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Karl von Sachsen; Herzog von Kurland, der Sohn Augusts III. von Sachsen und Polen, geb. am 13. Juli 1733, † am 16. Juni 1796 zu Dresden. Nachdem Kurland durch die Gefangennahme und Verbannung Ernst Johann Birons im J. 1740 18 Jahre lang ohne Herzog gewesen und alle Bemühungen der Ritter- und Landschaft für seine Befreiung erfolglos gewesen, faßte August III. den Plan, seinem Lieblingssohn K. die Herzogthümer Kurland und Semgallen zu verschaffen. Er fand dafür die Zustimmung der Kaiserin Elisabeth von Rußland, die, nachdem der junge Prinz selbst in Petersburg gewesen, im J. 1758 in Warschau förmlich erklären ließ, daß sie nie in eine Wiederherstellung der Birons willigen werde. Sie forderte den König selbst auf, seinem Sohne die Herzogswürde zu übertragen und hob den russischen Sequester auf, unter dem die herzoglichen Güter in Kurland sich bisher befunden hatten. Die kurländische Ritterschaft, der es von Seiten des Königs und der Polen dringend nahe gelegt wurde, um die Ernennung des Prinzen K. zum Herzoge nachzusuchen, war in ihrer Stimmung getheilt, viele nahmen besonders an dem katholischen Bekenntniß des Prinzen Anstoß und fürchteten durch seine Erwählung eine Beschränkung ihrer Rechte und größeren Einfluß der polnischen Republik auf Kurland herbeizuführen. Der kurländische Adel beauftragte daher seinen Landesdelegirten in Warschau erst nach Abschluß eines formulirten Vertrages um die Ernennung [298] des Prinzen K. zum Herzoge im Namen der Ritterschaft zu bitten. Allein, ohne daß es zu einem völligen Abschluß kam, ernannte August III. den 16. Novbr. 1758 seinen Sohn K. zum Herzoge von Kurland und Semgallen und belehnte ihn am 8. Januar 1759 feierlich mit den Herzogthümern. Nachdem er eine sehr allgemein gehaltene Versicherung unterzeichnet, reiste K. nach Kurland ab und hielt am 29. März 1759 seinen feierlichen Einzug in Mitau. Mit dem zusammenberufenen Landtage gerieth der neue Herzog bald in heftigen Streit und die Ritterschaft mußte sich mit gegen ihre früheren Forderungen sehr beschränkten Zugeständnissen des Herzogs zufrieden geben, worauf am 3. November 1759 die feierliche Huldigung der kurischen Stände stattfand. Viele Mitglieder der Ritterschaft blieben Anhänger Birons und leisteten die Huldigung nicht, ja beschwerten sich über den Herzog im Namen ihrer Partei in Petersburg und in Warschau, natürlich vergeblich. Der junge, lebenslustige Herzog führte eine glänzende Hofhaltung und gewann bald immer mehr Anhänger im Lande. Jagden und Feste waren seine Hauptbeschäftigung; höhere geistige Interessen lagen ihm ziemlich fern. Katharina II. entwirft von seiner geistigen Bildung in ihren Memoiren eine recht ungünstige Schilderung. Die eigentliche Leitung der Geschäfte lag in den Händen des Landhofmeisters und königlich polnischen Cabinetsministers O. Chr. v. d. Howen, welcher der eigentliche Vermittler zwischen Vater und Sohn war. K. vermehrte die Zahl seiner Anhänger auch nicht wenig durch seine Zugehörigkeit zu dem vor Kurzem in Kurland eingeführten Freimaurerorden, dessen Ordensmeister er für Polen und Kurland als Herzog wurde. Mit dem Tode Elisabeths gestalteten sich die politischen Verhältnisse ungünstig für den Herzog K. Peter III. rief Biron aus seiner Verbannung zurück, erkannte ihn als Herzog an und wollte ihn bewegen auf Kurland zu Gunsten des Herzogs Georg Ludwig von Holstein-Gottorp zu verzichten. Dazu kam es zwar nicht, aber nach Peter III. Sturz erkannte auch Katharina II. Biron im J. 1762 als Herzog von Kurland an und befahl dem russischen Gesandten Simolin in Mitau die herzoglichen Güter bis zur Rückkehr Birons wieder mit Sequester zu belegen, da sie K. nicht als rechtmäßigen Herzog anerkennen könne und verlangte von August III., er solle seinen Sohn zurückrufen, wogegen dieser sich natürlich auf das Entschiedenste verwahrte. 1763 erschien Biron in Mitau und schrieb einen Landtag aus, auf dem die Versammelten eine feierliche Protestation gegen die aufgedrungene und ungesetzliche Belehnung des Prinzen K. erließen und Biron als ihren einzigen rechtmäßigen Herzog anerkannten. K. wich trotzdem nicht, obgleich russische Truppen in Mitau einrückten. Da auch Biron sich in Mitau aufhielt, befanden sich 4 Monate lang in Mitau zwei Herzöge. Endlich am 27. April 1763 nahm K., dem zuletzt nur sein Palais und die benachbarten Häuser geblieben waren, öffentlich Abschied von seinen Anhängern und verließ unter den Wünschen baldiger Rückkehr die Stadt und das Land. Er hat beide nicht mehr wiedergesehen. Der bald darauf erfolgte Tod August III. raubte K. jede Aussicht auf Wiederherstellung. Er lebte seitdem in völliger Zurückgezogenheit in Dresden und überlebte den Untergang Polens und des Herzogthums Kurland. K. war vermählt mit Franziska, Gräfin Krasinska, mit der er sich im Geheimen und ohne Zustimmung seines Vaters verbunden hatte. Durch seine Tochter Marie Christine, die mit dem Herzog Karl Emanuel von Savoyen vermählt war, ist er einer der Stammväter des jetzigen Königs von Italien.

Cruse, Kurland unter den Herzögen, Bd. II. S. 49 ff. Richter. Geschichte der Ostseeprovinzen, Bd. II, Theil 3 S. 165 ff. Lopacinski, Charles de Saxe, Duc de Courlande, Paris 1870.