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Artikel „Teting, Nicolaus“ von Carsten Erich Carstens in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 37 (1894), S. 590–592, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Teting,_Nicolaus&oldid=- (Version vom 27. Dezember 2024, 11:42 Uhr UTC)
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Teting: Nicolaus T., Arzt und religiöser Schwärmer. Er kommt auch unter dem Namen Nicolaus Knutsen vor und ist dies wol der eigentliche Familienname gewesen, indem ein Bruder von ihm, gestorben als Prediger auf der Insel Pelworm, sich Titus Knutsen schrieb. Woher der Name T., unter dem er am bekanntesten, läßt sich nicht ermitteln. Er war in der Stadt Husum (Schleswig-Holstein) [591] geboren, ca. 1590. Geburtsjahr und Datum haben sich auch nicht ermitteln lassen. Auf der Universität in Leiden hatte er Medicin studirt, nebenbei sich viel mit chemischen Untersuchungen beschäftigt. Nach vollendeten Studien ließ er sich als praktischer Arzt in der Stadt Flensburg nieder und verheirathete sich hier. Hier schloß er eine enge Freundschaft mit dem damaligen Stadtsecretär Hartwig Lohmann (aus Itzehoe gebürtig) und beide vertieften sich immer mehr in die Schriften Valentin Weigel’s und der Rosenkreuzer. Als nun der Pastor an St. Marien daselbst Mag. Habakuk Maier, dem die Weigel’schen Schriften bekannt geworden, die Irrlehren derselben über die Natur Christi auf der Kanzel strafte, glaubten T. und Lohmann, deren Beichtvater dieser Pastor bisher gewesen, daß diese Strafpredigt hauptsächlich auf sie gemünzt sei und fühlten sich daher veranlaßt, dem Pastor schriftlich ihre Confession zu überreichen. Dieser leugnete indeß, sie dabei im Auge gehabt zu haben. Er übergab indeß das ihm zugestellte Scriptum seinem Propsten, dem Mag. Fr. Dame, Hauptpastor an St. Johannis in Flensburg. Diese Confession ist später gedruckt bei Krafft, Husum’sche Kirchenhistorie, Hamburg 1730. Beil. XXVIII. Der Propst stellte nun ein Verhör an und wurden die beiden Verfasser darauf vor das Consistorium citirt und ihnen von demselben ihre Irrlehre, in Betreff der Natur Christi, nachgewiesen. Sie verließen darauf beide freiwillig die Stadt Flensburg 1622. T. zog als Arzt erst nach dem Dorfe Hattstedt, dann nach Winnert, darauf nahm ihn die bekannte Schwärmerin Anna Owena Hoyer (s. A. D. B. XIII, 216), die inzwischen Wittwe geworden, in ihr Haus auf Hoyerswort. Auf Befehl des Herzogs Friedrich von Gottorf mußte nun der Propst von Eiderstedt, zu dessen Bezirk Hoyerswort gehörte, ein Religionsgespäch mit ihm abhalten. Darauf verließ T. auch diesen Ort und siedelte nun nach seiner Vaterstadt Husum über. Die Hoyer, die hier auch ein Haus besaß, folgte bald nach, 1624. Da sie ihr Wesen hier nun forttrieben, glaubte das Stadtministerium die Gemeinde vor diesen Irrlehrern warnen zu müssen. T. und Lohmann überreichten darauf dem Stadtmagistrat einen „wahrhaften Bericht“ als Protest. Sie behaupteten darin u. A., daß Christi wahre menschliche Natur nicht aus dem Fleisch Mariä, sondern allein vom Heiligen Geist komme, von dem geistlichen Samen Mariä, nämlich dem lebendigen Wort Gottes, welchen sie durch den Glauben empfangen und derhalben ihr zugerechnet, sowie daß Christus wesentlich und leibhaftig mit seinem Fleisch und Blut in den Gläubigen wohne, wie Gott der Vater in dem Sohn. Sie griffen dabei zugleich das Flensburger Ministerium an, das sie übel behandelt hatte. Die Husumer sandten diesen Bericht an die Flensburger. Propst Dame gab darauf in Druck: Abgedrungene Relation des Colloquii und was sonst mit den von Flensburg entwichenen Enthusiasten N. K. und H. L. gehandelt; auch gründliche Refutation ihrer gräulichen Schwärmereien auf Gutachten des Flensb. Ministerii, Flensb. 1625 (2. Aufl. 1705). Dann wandte das Husumer Ministerium sich an den Herzog mit der Klage, daß diese ihre irrigen Lehrsätze nicht mehr, wie bisher, im Geheimen hielten, sondern als in einem famösen Libell unter die Leute bringe und das Ministerium schwer beschuldige (Krafft XXX). Nachdem Termin zur Verhandlung angesetzt, forderte T. eine völlige sächsische Frist und nach Schwabstedt verzogen, wollte er auch in einem zweiten Termin sich auf nichts einlassen. Das Ministerium wandte sich noch einmal an den Herzog und es erschien am 27. Sept. 1624 dessen Mandat, daß Genannte entweder innerhalb 14 Tagen zu revociren oder das Land zu verlassen hätten (Krafft, Beil. XXXIII). T. entwich und sandte am 5. October eine Defensionsschrift an den Magistrat in Husum (Krafft XXXV). Als ihr wahrhafter Bericht im Druck erschien, erfolgte wiederum ein herzogliches Mandat am 21. October, daß alle in der Stadt bei den Bürgern befindlichen Exemplare [592] desselben mit Beschlag zu belegen seien (Krafft XXXVI) und der Magistrat forderte, daß alle vorhandenen gedruckten oder geschriebenen Exemplare, bei 50 Thaler Brüche oder Gefängnißstrafe, an den Gerichtssecretär einzuliefem seien. Lohmann hat sich nach einigen Umwegen in Odensee niedergelassen und widerrufen. T. ging nach Hamburg, wo er seine ärztliche Praxis fortsetzte, im übrigen aber nicht weiter von sich reden gemacht zu haben scheint. Er soll hier auch gestorben sein, aber sein Todesjahr und Datum hat sich ebenso wenig als das der Geburt ermitteln lassen. Aus einem Gedicht der A. O. Hoyer von 1642 (Geistl. und Weltl. Poemata, Amsterdam 1650, S. 234) geht jedenfalls hervor, daß T., der hier „Seliger“ heißt, damals bereits mit dem Tode abgegangen.

A. Heimreich, Schlesw. Kirchenhist. 1683. S. 249. – J. M. Krafft, Husum’sche Kirchenhistorie. Hamb. 1730, S. 161 ff. u. 463 ff. – Pontoppidan, annales eccles. 1749. III, 769 ff. – J. Molleri Isagoge 1693. II, 135. – Ejusd. Cimbria litt. I, 677. Hamburg 1750. – Lakmann, Einl. in d. Historie 1733, III, 520, 636. – J. H. Seelen, Memorabilium Flensb. Sylloge. Lübeck 1752. S. 34 u. 223. – Hegewisch, S.-H. Geschichte, S. 378. Kiel 1802. – Helwig, Dansk Kirkehist. Kbh. 1855. I, 295, 326. – Jensen-Michelsen, S.-H. Kirchengeschichte III, 312. Kl. 1873. – Dorner, Lehre v. d. Person Christi III, 842. Berl. 1856.