ADB:Hegewisch, Dietrich Hermann

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Artikel „Hegewisch, Dietrich Hermann“ von Carsten Erich Carstens in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 278–279, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hegewisch,_Dietrich_Hermann&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 14:57 Uhr UTC)
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Hegewisch: Dietrich Hermann H., Geschichtsforscher, geb. in Quakenbrügge im ehemaligen Bisthum Osnabrück am 15. Decbr. 1746, gest. zu Kiel am 4. April 1812. Vorbereitet in der Lese- und Lateinschule seiner Vaterstadt, besuchte er von Ostern 1758–59 das Gymnasium zu Osnabrück, welches aber den Winter über des Krieges wegen geschlossen blieb, weil das Gebäude zum Lazareth benutzt werden mußte. Von 1759 bis gegen das Ende des siebenjährigen Krieges studirte H. Theologie in Göttingen, gerieth jedoch in wachsende Unschlüssigkeit, ob er diesem Studium nicht entsagen solle. Er fand darauf eine Hauslehrerstelle in der Familie des (selbst unverheiratheten) Apothekers Andreä zu Hannover (Bd. I, 447), den er 1763 auf seiner Reise bis in die vordere Schweiz begleitete. Er gewann bei dieser Gelegenheit durch die übrige Reisegesellschaft eine ihm erhalten gebliebene Vorliebe für die französische Litteratur. Danach nahm er eine Hofmeisterstelle bei einem Sohne (Traugott) des feingebildeten und edlen Grafen Schimmelmann, damals dänischen Consuls in Hamburg an, mit dem er auch eine Reise durch Holland machte. Gute Aussichten, welche sich ihm durch Schimmelmann’s und Bernstorff’s Gönnerschaft eröffneten, zerschlugen sich durch die Struensee’sche Katastrophe, die strenge Handhabung des neuen Indigenatgesetzes und andere Umstände. Von 1775–1780 in Hamburg privatisirend, übernahm er 1778 die Redaction der neuen Zeitung und der Adreßcomptoirnachrichten. „Ich weiß selbst nicht mehr“, schreibt er (s. u.), „auf welche Veranlassung ich, der ich zwar immer Geschichte liebte, aber nie absichtlich studirte, das Leben Karls des Großen schrieb. Aber der Syndicus Matsen, Eberling und Klopstock beredeten mich, es drucken zu lassen. Eberling verschaffte mir einen Verleger. Diese zufällige Arbeit hat entscheidenden Einfluß auf mein übriges Leben gehabt. Sie hatte dem Kanzler Cramer (s. o. Bd. IV, S. 550) und dem damaligen Curator der Universität zu Kiel, dem Kammerherrn Grafen [279] von Reventlow so sehr gefallen, daß ich (Ostern 1780) als Professor der Geschichte nach Kiel berufen wurde.“ 1782 ward er zum Ordinarius ernannt; 1783 verheirathete er sich mit der Tochter eines Predigers Kramer. Er war ein Mann von großem Fleiß, und wenn er sich weder zum Historiker noch zum Professor „jemals vorbereitet“ hatte, so holte er diesen Mangel jedenfalls bald in einer ausgebreiteten und gründlichen Gelehrsamkeit nach. Auch verstand er es vortrefflich, durch anziehenden Vortrag eine zahlreiche Zuhörerschaft anzuziehen. Von Charakter war er ein trefflicher Mann: unerschütterlich fest, niemals unrecht oder gegen seine Ueberzeugung zu handeln, aber milde in der Beurtheilung Anderer und ihrer Fehler. Selten hörte man ihn die Handlungen Anderer tadeln, noch seltener ein hartes Urtheil über den ganzen Menschen fällen. Ein schönes Gleichgewicht der Kräfte kennzeichnete ihn. Wie seine Thätigkeit von der Regierung anerkannt ward, so ehrten ihn die Kopenhagener und Münchener Akademien der Wissenschaften durch ihre Mitgliedschaft. Der zuerst 1777 gedruckte „Versuch einer Geschichte Karls des Großen“ erschien 1791 und 1818 in neuer Auflage. Die Zahl seiner sonstigen Arbeiten ist sehr groß: „Geschichte der fränkischen Monarchie vom Tode Karls des Großen bis zu dem Abgang der Karolinger“, 1779; „Geschichte der Deutschen von Konrad I. bis zum Tode Heinrichs II.“, 1781; „Geschichte der Regierung Kaiser Maximilians I.“, 1782, 2 Th.; „Character- und Sittengemälde aus der deutschen Geschichte“, 1786; „Uebersicht der deutschen Culturgeschichte bis zu Maximilian I.“, 1788; „Geschichte der gracchischen Unruhen“, 1801; „Geschichte der englischen Parlamentsberedsamkeit“, 1804; „Grundzüge der Weltgeschichte“, 1804; „Uebersicht der irländischen Geschichte“, 1806; „Geographische u. historische Nachrichten von den Colonien der Griechen“, 1808; „Einleitung in die historische Chronologie“, 1811; „Geschichte der schwedischen Revolution“, 1811. Durch den Curator Graf Reventlow-Emkendorf dazu angeregt, sich der Landesgeschichte zu widmen, erwarb er sich ein besonderes Verdienst durch die Fortsetzung der schleswig-holsteinischen Geschichte von Christiani, die die Zeiträume von 1588–1694 umfaßt und in 2 Bänden 1801 und 1802 erschienen ist. Es ist sehr bedauert worden, daß er dieselbe fortzuführen sich nicht entschließen konnte. Auch die von Dr. A. Forchhammer begonnene Fortsetzung kam nur bis zum Nord. Krieg 1712 (1834). Mit F. C. Jensen gab er auch die „Privilegien der S. H. Ritterschaft“, Kiel 1797 heraus. Außerdem erschienen „Kleine Schriften“, 1786; „Historisch-philosophische und litterarische Schriften“, 1793; „Historische und litterarische Aufsätze“, 1801; „Neue Sammlung kleiner Schriften“, 1809, die manches Beachtenswerthe enthalten. Von ihm soll auch anonym ein Roman „Leopold von Mansfeld“, Hamburg 1796 verfaßt sein, der Particularia der Schimmelmann’schen Familie enthält.

Der Familie danken wir eine 1811 gemachte autobiographische Aufzeichnung. Vgl. ferner Niebuhr, Lebensnachr., Hamb. 1848, I, S. 60. Schumacher, Genrebilder, Schlesw. 1841, S. 173. Harms, Lebensbeschr. Kl. 1851, S. 58. C. E. Carstens, Gesch. d. Studiums der spec. Vaterlandskunde auf der Kieler Universität, Tond. 1876. S. 10. Kordes, Schriftstellerlexikon S. 150. Lübker-Schröder, Fortsetz. Nr. 407.