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Artikel „Taurinus, Jacobus“ von Jacob Cornelis van Slee in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 37 (1894), S. 471–473, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Taurinus,_Jacobus&oldid=- (Version vom 8. Oktober 2024, 19:29 Uhr UTC)
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Taurinus: Jacobus T., gelehrter Prediger und Theolog, scharfsinniger Schriftsteller und Vertreter der remonstrantischen Sache, war zu Schiedam 1576 geboren, wo sein Vater Petrus Taurinus reformirter Prediger war. Er studirte seit 14. November 1590 zu Leiden Theologie unter Franciscus Junius, Lucas Trelcatius, Bertius und Gomarus, und zählte unter seine besten Commilitonen Wilhelm van Zyll, Karl Ryckewaert, Everard Booth, Johann Narsius, Eduard Puppius, Simon Goulart und Andere. 1600 trat er das Predigtamt in der Gemeinde S. Woud bei Delft an, folgte aber schon im folgenden Jahre einem Rufe nach Delftshaven und 1605 nach Utrecht. Diese Gemeinde, wie überhaupt die ganze Provinz, nahm damals eine ganz besondere kirchliche Stellung ein, indem sie, nach beendigten Streitigkeiten der calvinistischen Consistorialen mit den Anhängern der ehemaligen St. Jacobsgemeinde des Hubertus Duifhuys, seit 1590 ganz und gar unter Vormundschaft des Magistrates gestellt war. Das Consistotium übte daher nur einen sehr geringen Einfluß auf die Wahl der Prediger aus, und die Gemeinde trat erst 1618 in den allgemeinen kirchlichen Verband der niederländischen Kirchen ein. Der Magistrat hielt die Macht fest und wehrte jeden streng calvinistischen Prediger ab. Als T. am 19. October 1605 das Predigtamt dort antrat, fand er als Collegen Heinrich Cäsarius, Johann Gerobulus, Everard Booth und Johann Speenhoven, welche Alle als milde und freisinnige Männer bekannt waren. Mit einander nahmen sie bald die Sorge für sämmtliche Gemeinden ihrer Provinz in die Hand, und besonders durch Vermittlung Uytenbogaert’s gelang es ihnen im folgenden Jahre, die Genehmigung der Obrigkeit dafür zu erhalten, daß eine Provinzialsynode von ihnen zusammenberufen werde, welche eine allgemeine kirchliche Organisation für die Utrechter Gemeinden herstellen sollte, wie sie die übrigen Provinzen schon hatten. Die von dieser Synode festgestellte Ordnung, deren Anpassung und Ausführung dem T. und seinen Mitdeputirten aufgetragen wurde, brachte ihn in fortwährende engere Berührung mit den einflußreichsten politischen Männern, wie Gillis von Ledenbergh, Stadtsecretär, und rückte ihn immer mehr in den Vordergrund. Eifrig beschäftigten ihn die vielseitigsten kirchlichen Angelegenheiten [472] der Gemeinden, Armenpflege und Schulwesen, wie auch um 1615 die Herstellung eines neuen Gesangbuchs (Hymni ofte Loffsangen op de Christelycke Feestdagen ende andersins), das sich durch Ausmerzung jeder dogmatischen Härte löblich auszeichnete, leider aber niemals eingeführt ist. Nach 1610 fingen die Arminianischen Streitigkeiten an, auch die Utrechter Gemeinde zu beunruhigen. Zwar traten die Prediger und der Magistrat dabei mit großer Mäßigung auf, und die Provinzialsynode entwarf 1612, dabei von Uytenbogaert beeinflußt, eine durchaus treffliche Kirchenordnung; sie versuchten aber umsonst, die Ruhe zu erhalten. Bald wurde vor Allen T. des Arminianismus verdächtigt, besonders als er in einer kleinen Schrift „de Brandclock“ Konrad Vorstius vertheidigt hatte und die calvinistischen Prediger Plancius und Trigland den ungenannten Verfasser deshalb angegeifert hatten. Ohne Namen gab er nun mehrere kleine Streitschriften, wie einen „Discours“ und „Corte ontdeckinge van den leugengeest“ zur Bekämpfung seiner Gegner heraus, trat aber 1615 und 1616 mit einer weit bedeutenderen Schrift hervor, als Trigland in seiner „Rechtgematichde Christen“ versucht hatte, nachzuweisen, die fünf remonstrantischen Artikel seien nicht zu dulden. Mit viel Gelehrsamkeit und Scharfsinn widerlegte T. in zwei Büchern „Van de Ouderlinghe Verdraegzaamheydt“ Trigland’s Schrift und trat darin als kräftiger Streiter für Toleranz in Religionssachen auf. Er goß aber damit nur Oel ins Feuer, und bei den weiteren Streitigkeiten hielt auch T. seine Feder nicht frei von Bitterkeit. Blutig geißelte er 1617 das Auftreten der Calvinisten in der Schrift „Zedich onderzoek naer eenige handelingen in Gelderlandt“ und widerlegte noch im selben Jahre in seiner „Nasporingh“ den Vorwurf, daß die Heterodoxie der Remonstranten staatsgefährlich sein sollte. Weniger streng gehalten war seine „Ernstige aenspraeck aan de Maeght van Hollandt“ und „Vertellingh van een droom“, welche bald folgten. Als aber um diese Zeit der englische Gesandte Carleton sich in diese Zwistigkeiten einmischte und in der Versammlung der Allgemeinen Staaten eine heftige Rede wider die Remonstranten hielt, unterwarf T. diese Philippica einer überaus scharfen Kritik in seiner anonymen „Weegschael“. Diese Schrift, vielleicht die merkwürdigste und meist schlagende aller Arminianischen Streitschriften, erregte großes Aufsehen und Aergerniß, weshalb die Staaten für die Entdeckung des Verfassers und des Druckers einen Preis von 1600 Gulden aussetzten. Es kam aber nicht zur Entdeckung, ehe sich die Dinge in Utrecht im August 1618 ganz umgewandelt hatten. Indessen ruhte Taurinus’ scharfe Feder aber nicht. Wiederum ohne Namen erschienen die Schriften: „Wat wonder oudt nieuws“ wider den wallonischen Prediger Fabrice de la Bassecour zu Amsterdam, „Reuckappel“, „Verhael van den grond en aenvang der Nederlandsche oorloghen“, „Notulen op het afscheydt der predicanten van Nimwegen ghegeven“, „Vraegh-al“ und „Bloempotgen“. Es kann nicht Wunder nehmen, daß dieser unermüdete und gelehrte Wortführer der remonstrantischen Sache den Calvinisten mehr als jeder Andere verhaßt war. Daher hielt T. es für gerathen, als Prinz Moritz im Juli 1618 das Stadtregiment zu Utrecht geändert hatte und Oldenbarnevelt verhaftet war, heimlich abzureisen. Aus Zalt-Bommel schickte er zwar einen Brief an den Magistrat zur Verantwortung seiner Abreise und bot darin seine Heimkehr unter dem Schutze einer Wache an, war aber indessen nach Herzogenbusch und demnächst nach Antwerpen ausgewandert, wo er nach wenigen Tagen von ernster Krankheit ergriffen wurde und am 22. September in Uytenbogaert’s Beisein starb, nachdem er noch auf seinem Todtenlager sich als der einzige Verfasser der vielverhaßten „Weegschael“ erklärt hatte. Er hinterließ eine Wittwe Beatrix von Wyngaerde und fünf Kinder.

[473] Dr. H. C. Rogge, Archief over Nederl. Kerkgesch. III. 2 b1. 105–264. – Vgl. ferner Dr. H. C. Rogge, Uytenbogaert II. 2 b1. 220 v.v. – Glasius, Godgel. Nederl. und van der Aa, Biogr. Woordenb.