ADB:Steinkopf, Johann Friedrich

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Artikel „Steinkopf, Johann Friedrich“ von August Wintterlin in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 736–739, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Steinkopf,_Johann_Friedrich&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 07:55 Uhr UTC)
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Steinkopf: Johann Friedrich St., Porzellan- und Thiermaler, geb. am 8. März 1737 in Oppenheim a. Rh., † am 30. Januar 1825 zu Stuttgart, wurde, obwol er ein tüchtiger Lateinschüler war und frühe Neigung zur Kunst verrieth, von seinem Vater vierzehnjährig in eine Mannheimer Spezereihandlung gesteckt. Er hielt aber dort nicht lange aus und durfte nachher in [737] die kurz zuvor (1755) gegründete, später (1761) kurpfälzische Porzellanfabrik in Frankenthal eintreten. Der künstlerisch frühreife Junge wurde dort bald ein geschickter Porzellanmaler, sah sich aber von seinen Vorgesetzten schlecht behandelt, trat aus und fand im J. 1759 eine vortheilhafte Anstellung in der ein Jahr zuvor von Herzog Karl Eugen von Württemberg gegründeten Porzellanfabrik zu Ludwigsburg. Zahlreiche mit S (in der Regel roth) bezeichnete Stücke aus der Blüthezeit dieser Anstalt werden ihm zugeschrieben, namentlich Teller und Platten mit Reitergefechten und Jagdscenen. Er suchte fortwährend seine Kenntnisse als Thier- und Landschaftsmaler zu erweitern, fand aber in Ludwigsburg weder eine Galerie noch von seiten seiner Oberen die nöthige Unterstützung dafür. Man glaubte ihn so besser an die Fabrik binden zu können. Sicherer wol wurde ihr in der Zeit, wo die Porzellanfabriken einander die Künstler häufig abzuspannen suchten, der fleißige und geschickte junge Mann dadurch erhalten, daß er im J. 1770 eine Württembergerin, die Tochter des Antiquars Betulius in Stuttgart, heirathete. Als aber seine Familie schnell wuchs, während die Fabrik bald ihr Personal unregelmäßig und oft nur mit Porzellan bezahlte, gab St. um die Jahre 1775–76 seine Stellung auf und siedelte nach Stuttgart über. Er erwarb seinen Unterhalt mit Privatstunden im Zeichnen und übte sich durch Copiren von Bildern von Wouvermann und Roos im Oelmalen. Seine eigenen Zeichnungen fanden insbesondere nach Frankfurt a. M., wo viele Kunstfreunde Sammlungen hatten, Absatz. Als jedoch im J. 1786 am Stuttgarter Gymnasium eine Lehrstelle für Freihandzeichnen errichtet wurde, nahm er diese an und bekleidete sie bis zum J. 1817. Daneben ernannte ihn im J. 1802 Herzog Friedrich zu seinem Hofmaler für das Fach der Thiermalerei. Von dieser Zeit an bis zum J. 1817, wo St. auch für diese Stelle in den Ruhestand trat, machte er für den Hof zahlreiche Pferde- und Rindvieh-Stücke nach der Natur in landschaftlicher Umgebung, Oelgemälde, welche sich meist in den königlichen Gestüt-Schlössern Weil und Scharnhausen befinden. Selbst nach seiner Pensionirung fuhr er mit solchen Arbeiten fort, zu denen ihm namentlich die Einführung der arabischen Pferderasse durch König Wilhelm erneuten Anstoß gab (s. Kunstblatt Jahrg. 1824, S. 339). Hauptsächlich durch Austausch seiner Zeichnungen bei den Kunsthändlern erwarb sich der unermüdlich fleißige Meister eine schöne Sammlung von Zeichnungen, Bildern und Stichen, von welcher nach seinem Tode ein gedruckter Verkaufskatalog verbreitet wurde. Einen Theil seiner eigenen Landschafts- und Thier-Studien und ausgeführte Zeichnungen in Bleistift, Tusche, Sepia und Wasserfarben bewahrt das königl. Kupferstich-Cabinet in Stuttgart; sie lassen ihn, ebenso wie die in den königl. Schlössern und im Privatbesitz zerstreuten Oelgemälde und Aquarelle, als einen guten Beobachter und geübten Zeichner erkennen, der, unbeirrt von dem Zwange des Classicismus an der Hand der Natur und der Niederländer seine eigenen Wege ging, ohne darum den Autodidakten allzu häufig zu verrathen. In den überaus feinen Tönen seiner Aquarelle blieb auch später der ehemalige Porzellanmaler angenehm sichtbar. Eine Folge von radirten Blättern, Pferde auf der Weide (Steinkopf inv. et fec. 1777 in qu. Fol.), kam, vermuthlich aus Mangel an Absatz, so hübsch die Pferde gezeichnet und gruppirt sind, nicht über Blatt 4 hinaus. St. starb zu Stuttgart am 30. Januar 1825. Es gibt von ihm ein vorzügliches Bildniß, Bleistiftzeichnung von K. J. Th. Leybold.

Vgl. den in Nagler N. a. Künstler-Lexikon XVII, 292 f. wieder abgedruckten Nekrolog [von seinem Sohne Gottlob Friedrich] im Morgenblatt f. g. St., Jahrg. 1826, S. 323 f. und B. Pfeiffer, Die Ludwigsb. Porzellanfabrik, in d. Württ. Viertelj.-Heften f. Landesgesch., N. F. Bd. 1 (1892), S. 241 ff.

[738] Gottlob Friedrich St., des vorigen Sohn, Landschaftsmaler, ward am 1. März 1779 in Stuttgart geboren und starb daselbst am 20. Mai 1860 als Vorstand der Kunstschule. Er erhielt im Stuttgarter Gymnasium eine classische Bildung und daneben den ersten Kunstunterricht von seinem Vater. Nach der Schule widmete er sich anfangs der Kupferstecherei und folgte seinem Lehrer in dieser Kunst, J. F. Leybold, im J. 1799 als Schüler und Hausgenosse nach Wien. Dort trat er zur Malerei über und erhielt seine Ausbildung auf der k. k. Akademie der Künste. Selbständig geworden heirathete er die Tochter Leybold’s und ging im J. 1807 mit deren Bruder K. J. Th. Leybold nach Italien. Hier schloß er sich im Verkehre mit Koch, Schick, Reinhart u. a. der classicistischen Richtung als Landschafter an. Seine italienischen Landschaften, eine „Flußlandschaft mit Aussicht auf das Meer“, vom J. 1809, sodann: „Der Morgen eines Opferfestes“ (1810), „Die Rückkehr von der Löwenjagd“ (1812), „Der Abendsegen in der Capelle am Wege“ (1813) fanden im Stuttgarter Morgenblatt f. g. St. aus der Feder seines Freundes des Malers, Dichters und Kunstschriftstellers Karl Graß begeisterte Beschreibungen und an dem Verleger J. F. v. Cotta einen aufmunternden Käufer. Im J. 1814 ging St. wieder nach Rom zurück und sandte von dort im J. 1820 eine große „Landschaft mit Motiv aus dem Golf von Neapel“ auf die Dresdener Ausstellung und eine andere nach Studien von den Ufern des Arno nach Leipzig. Er scheint aber in Rom sein Fortkommen nicht gefunden zu haben und siedelte im J. 1821 nach Stuttgart über. Dort vollendete er in demselben Jahre einen „Ulysses vor Nausikaa bei seiner Ankunft auf der Phäakeninsel“, und im J. 1822 drei weitere Bilder: „Achill und Chiron in einer Felsenhöhle mit Aussicht auf das Meer“ (in der Stuttgarter Staatsgalerie), „Abraham bewirthet die drei Engel vor seiner Hütte“ (nach England gekommen) und „Italienische Weinlese“ (im Stuttgarter Privatbesitz). Ein Gemälde aus dem J. 1823: „Die Rückkehr von der Abendandacht“, von Heinrich Rapp im Kunstblatt (Jahrg. 1823, S. 253 ff.) besprochen, gab diesem Gelegenheit zu seinen Bemerkungen über die verschiedenartige Beleuchtung der Landschaft nach dem Wechsel der Tageszeiten. Bei vorherrschend sanften Linien und milden Farben machen Steinkopf’s Gemälde besonders durch ihre kräftige Durchsonnung eine überaus freundliche Wirkung, die noch dadurch verstärkt wird, daß er seinen heiteren Landschaften meist auch glückliche Menschen zur Staffage gab. Die Ausstellung eines Werkes aus dem J. 1824: „Der Sonntagabend im Gebirge“, in Berlin wurde Veranlassung, daß ihn im Januar 1825 die k. preuß. Akademie der Künste unter ihre Mitglieder aufnahm. In der schwäbischen Heimath verdankte der Meister seine größte und bleibende Popularität seiner: „Capelle auf dem Rothen Berge“, welche vom König Wilhelm bestellt, im J. 1825 vollendet und von C. Heinzmann gut lithographirt wurde. Noch glücklicher war er auf dem mehr realistisch-idealen Wege mit dem gleichfalls vom König Wilhelm bestellten: „Lustschloß Rosenstein“ (lithogr. von F. Fleischhauer), das Gustav Schwab zu einem seiner schönsten Gedichte: Das Neckarthal bei Cannstatt. Auf eine Landschaft von Steinkopf, begeistert hat.

Bei der Wiedererrichtung einer württembergischen Kunstschule im J. 1829 wurde St. als Lehrer für das Fach der Landschaftsmalerei angestellt, im Sommer 1833 zum Professor ernannt und im J. 1845 zum Vorstand der Anstalt erhoben. Seine Bilder jedoch aus dieser Zeit erreichten die frühere Höhe nicht mehr. Zwei davon: „Kleobis und Biton“ (1833), und „Ein schwäbischer Frühling“ (1839) erwarb König Wilhelm; ein drittes: „Die elyseischen Gefilde“, kam in die Stuttgarter Staatsgalerie. Seinen Schülern, worunter der in München berühmt gewordene Landschafter Karl Ebert, war er ein gewissenhafter [739] und liebenswürdiger Berather. An Ehren wurden ihm noch die Mitgliedschaft der Wiener Akademie der Künste (1836) und der Orden der württemb. Krone (1853) zu Theil. Im Februar 1854 wegen Kränklichkeit in den Ruhestand versetzt, starb er am 20. Mai 1860 zu Stuttgart. Von seinen Kindern haben sich eine Tochter, Maria, als Schülerin des jüngeren Leybold, der Porträtmalerei und ein noch lebender Sohn Julius unter seiner eigenen Leitung der Landschaftsmalerei gewidmet.

Vgl. außer einer gedr. Grabrede von S. K. Kapff hauptsächlich Nagler, N. A. Künstler-Lexikon XVII, 293 ff.