ADB:Leybold, Karl Jakob Theodor
Vorigen, geboren den 19. März 1786 zu Stuttgart, † daselbst am 20. Juli 1844 als Professor der Malerei an der königl. Kunstschule und Inspector der württembergischen Staatsgemäldegallerie. L. erhielt den ersten Kunstunterricht von seinem Vater und trat sehr jung in die k. k. Akademie zu Wien als Malerzögling ein. Von besonderem Einfluß auf seine künstlerische Entwickelung war der Umgang mit dem im Jahre 1798 nach Wien gekommenen Landsmann und Karlsschul-Genossen seines Vaters, Eberhard Wächter, welcher ihn in seiner Richtung auf die historische Kunst bestärkte und dauernd für die classicistische Schule gewann. Die oben erwähnte Unterstützung des Vaters in der Miniaturmalerei entwickelte aber in ihm zugleich eine Vorliebe für das Porträtfach, welche an schönen Aufträgen, wie den großen Familienbildern der Grafen Bräuner und Fries, eine entsprechende Aufmunterung fand. Im J. 1807 ging er mit seinem vieljährigen Hausgenossen und späteren Schwager (d. h. Mann seiner Schwester), dem Landschaftsmaler Gottlob Friedr. Steinkopf, nach Rom, wo er sich namentlich durch die freigebige Unterstützung des Grafen Fries, eines Gönners seines Vaters, sieben Jahre aufhalten konnte. Ein daselbst vollendetes Oelgemälde „Die Wohlthätigkeit Cimons“, welches später nach Wien kam, rechtfertigte die guten Hoffnungen, welche man dort für sein Talent geschöpft hatte. Aber als er im J. 1815 dahin zurückkehrte, konnte er doch nur mit Porträtaufträgen sein Brod gewinnen. Durch den im J. 1820 bei der württembergischen Gesandtschaft in Wien verwendeten Frhrn. Joh. Georg v. Cotta wurde er im J. 1821 nach Stuttgart gezogen, um das Porträt seines Vaters, Joh. Friedr. v. Cotta, in Lebensgröße und ganzer Figur zu malen. Durch weitere Porträtbestellungen blieb L. in Stuttgart. Im J. 1829 wurde er als Professor an der dort neu errichteten Kunstschule angestellt und erhielt im J. 1842 dazu noch die Inspection der neu gegründeten staatlichen Gemäldegallerie übertragen. Zwei Bilder, welche diese Sammlung von ihm selbst besitzt, „Die Erziehung des Bacchus“ und „Nymphen an einer Quelle“, zeigen ihn der classicistischen Richtung getreu, aber verrathen zugleich, daß ihm dieselbe, wie seinen meisten Zeitgenossen, doch nur sozusagen wie eine fremde und unbequeme Rüstung saß, welche anzulegen immer aufs neue Ueberwindung kostete. Die einzige Arbeit, welche ihm in seiner Zeit einen bedeutenden Ruf erwarb, hatte, wenn auch in classicistischen Formen ausgeführt, doch einen romantischen Stoff zur Grundlage. Die „Weimarischen Kunstfreunde“ hatten im J. 1826 ein Preisausschreiben für eine Handzeichnung gemacht. Als Motiv war aufgegeben ein neugriechisches Gedicht „Charon“, welches sich in Uebersetzung nebst einer Kritik der sechs von Stuttgart eingegangenen [517] Bewerberarbeiten im Kunstblatt, Jahrg. 1826, Nr. 10 u. 11 und in Goethe’s Werken, Bd. 44, S. 75 ff. findet. Goethe gibt dort der Zeichnung Leybold’s unbedingt den Preis. Auch in einem Briefe an Zelter (Briefwechsel m. Zelter, Thl. IV, S. 73) äußert er sich darüber mit wärmster Anerkennung in den Worten: „Nun war an fünf Blättern Ernst und guter Wille nicht zu verkennen, wenn ihnen auch das Zulängliche durchaus abging; das sechste hingegen setzte gleich beym ersten Anblick in Erstaunen und man hört noch nicht auf, es zu bewundern, ob man es gleich auswendig kann. – – Dergleichen war weder überhaupt, noch besonders von unserer Zeit zu erwarten. Der Künstler heißt Leupolt, lebt in Stuttgart und gewinnt mit allen übrigen Malern sein Leben mit Porträtiren“. Eine Nachbildung der Zeichnung in verkleinertem Umriß (lithogr. von J. A. Mayer) wurde der erwähnten Besprechung im Kunstblatt beigegeben; sie rechtfertigt in der That auch für den gänzlich anderen Geschmack unserer Zeit die ungewöhnlich freudige Aufnahme der Weimaraner. L. scheint aber keinen Versuch gemacht zu haben, die Zeichnung in ein Oelgemälde umzusetzen, wie er denn überhaupt, wol auch aus Mangel an Aufträgen oder Abnehmern selten über Entwürfe und Skizzen hinauskam. Doch gewann er mit „Porträtiren“ immerhin noch mehr als sein Leben – auch seinen Ruhm. Er hat Württemberg (wie sein älterer Zeitgenosse Hetsch, vgl. Bd. XII, S. 320) mit einer Reihe von trefflichen Oelporträts bereichert, welche (vgl. Kunstblatt, Jahrg. 1826, S. 67; 1827, S. 246 u. 1829, S. 347 ff.) eine Zierde seiner Gallerien, Schlösser und Häuser sind. Bedeutende Persönlichkeiten, wie z. B. König Wilhelm von Württemberg, Sophie, Königin der Niederlande, der Bildhauer Dannecker, der Dichter Schwab u. a. haben durch ihn eine ihrer würdige Darstellung gefunden. (Vgl. den Nekrolog im Kunstblatt, Jahrg. 1845, S. 169 ff.)
Leybold: Karl Jakob Theodor L., Sohn desVon seinen jüngeren Brüdern, um diese hier kurz anzureihen, wurde der eine, Heinrich Gustav Adolph L., geb. in Stuttgart den 14. Nov. 1794, ein Schüler des Vaters in der Kupferstecherkunst und arbeitete später mit diesem für das Wiener Galleriewerk. Eine Madonna nach Raphael, aus der Gallerie des Fürsten Paul Esterházy in Wien, ein Stich, welcher Leybold’s Talent und der Schule seines Vaters alle Ehre macht, wurde im J. 1839 vom Württembergischen Kunstverein als Vereinsblatt ausgegeben. Daraus mag die irrthümliche Meinung entstanden sein (vgl. Wurzbach, Biogr. Lex. des Kaiserth. Oesterreich, Thl. XV. S. 58), er habe auch in Stuttgart gelebt, während er in Wien blieb und wol – es fehlen uns alle weiteren Nachrichten über sein Leben und seine Arbeiten – auch dort starb. Der dritte Bruder, Eduard Friedrich L., geb. zu Stuttgart den 4. Juni 1798, blieb gleichfalls in Wien. Er malte dort Oel- und Miniaturbildnisse und legte sich mit bestem Erfolge auf die Lithographie. Mehrere Zeichenwerke, die er herausgab, und geschätzte lithographische Blätter nach alten und neuen Meistern finden sich bei Wurzbach a. a. O. verzeichnet.