ADB:Stegmann, Karl David
*): Karl David St., Schauspieler, Sänger und Componist, wurde im J. 1751 zu Dresden geboren und in Staucha bei Meißen von dem dortigen Cantor in das Studium der Musik eingeführt, das er mit dem Jahre 1760 in Dresden unter der Leitung des Organisten Zillich fortsetzte. In den Jahren 1766–1770 war er Alumnus der Kreuzschule und erfreute sich als solcher des musikalischen Unterrichts bei Homilius. Nachdem er noch einige Zeit Violinunterricht bei dem Kammermusikus H. F. Weiße genommen hatte, entschloß er sich, sein Glück beim Theater zu versuchen. Er nahm im J. 1782 ein Engagement bei der Wäser’schen Truppe in Breslau, ging aber schon im folgenden Jahre nach Königsberg, wo er auch im J. 1776 auftaucht, um am Schlusse desselben in den Verband des Gothaer Theaters zu treten. Er war hier mit seiner Gattin Karoline Johanne Eleonore, geborene Lintzen aus Breslau, zusammen engagirt. Im J. 1778 ging er mit ihr zu der unter Schröder’s Leitung stehenden Ackermann’schen Gesellschaft nach Hamburg, wo sie im „Milchmädchen“ als Niklas und Lieschen debutirten und dazu beitrugen, daß die Oper wieder mehr in Aufnahme kam. Auch leistete St. als Componist gute Dienste, da er nicht nur Ballete und Singspiele, sondern auch die Musik zu verschiedenen Dramen, z. B. zu Shakespeare’s König Lear und Macbeth, schrieb. Auch während Schröder’s Abwesenheit in Wien blieb St. in Hamburg. Als im J. 1783 das Theaterunternehmen des Cafétiers Dreyer in die Brüche ging, gedachte er dort in Verbindung mit den Schauspielern Fleck und Klos eine eigene Gesellschaft zu gründen. Doch scheiterte der Plan an den Ansprüchen seiner Frau, die bisher namentlich als Soubrette thätig gewesen und sich auch im Schauspiel in den Rollen der Schwätzerinnen und zankenden Alten ausgezeichnet hatte, jetzt aber alle ersten Rollen im Lust- und Trauerspiel für sich begehrte. Hamburg blieb damals sechs Monate lang ohne Theater. St. verließ also Ende März 1783 Hamburg und nahm mit seiner Frau ein Engagement bei der Großmann’schen Truppe, die im J. 1783 in Bonn, Mainz und Frankfurt a. M. spielte, und ging dann von ihr im J. 1787 zu dem unter der Leitung des Freiherrn v. Dalberg stehenden kurfürstlichen Nationaltheater in Mainz über. Zu Ende des Jahres 1792 finden wir St. und seine Familie – außer ihm und seiner Frau wirkten vier Töchter und ein Sohn auf der Hamburger Bühne mit – wieder [789] bei Schröder in Hamburg, wo das Ehepaar am 5. Decbr. in der „abgeredeten Zauberei“ unter dem Beifall des Publicums, das sie noch nicht vergessen hatte, zum ersten male wieder auftrat. St. war seitdem eine Hauptstütze Schröder’s und sowol im Schauspiel als in der Oper sehr gut verwendbar. Allerdings scheint seine Stimme nicht allen Anforderungen genügt zu haben, auch hatte Schröder an ihm auszusetzen, daß er die Zähne zusammenkniff. Als sich Schröder im J. 1798 von der Bühne zurückzog, trat St. mit Eule, Löhrs, Langerhans und Herzfeld in die Direction des Hamburger Theaters ein und hielt in dieser Stellung bis zu Ostern des J. 1811 aus, also bis zu dem Zeitpunkt, wo Schröder zum dritten mal die Leitung der Hamburger Bühne übernahm. Seine Vielseitigkeit zeigte sich in jenen Jahren z. B. darin, daß er sowol als Barak in Schiller’s „Turandot“, als in der Titelrolle in Cherubini’s „Wasserträger“ gleichmäßig gefiel. Für die Aufführung von Schiller’s „Wallenstein“ schrieb er im J. 1805 eine treffliche Composition zu den Scenen des Lagers. Am Schlusse des Jahres 1811 zog er sich von der Bühne zurück und siedelte nach Bonn zu seinem Freunde Simrock über, wo er seiner bereits am 7. Novbr. 1808 verstorbenen Frau am 1. April (oder 27. Mai) 1826 im Tode nachfolgte. Ein Verzeichniß seiner zahlreichen Compositionen, das allerdings nicht vollständig ist, findet man bei Gerber. – Von Stegmann’s Töchtern haben sich vier der Bühne gewidmet. Am bekanntesten unter ihnen wurde Karoline, die kaum vierzehn Jahre alt in Frankfurt a. M. zur Bühne kam und als Frau des Schauspielers Herzfeld starb, doch scheint auch die jüngste Tochter Amalie, später verehelichte Neumann, eine tüchtige Kraft gewesen zu sein.
Stegmann- Vgl. Gerber, Lexikon der Tonkünstler, 1792, II. Sp. 570, 571 und derselbe, Neues Lexikon, 1812–1814, I. Sp. 659, 17. Sp. 254–257. – Joh. Friedr. Schütze, Hamburgische Theater-Geschichte, 1794, S. 467, 469, 476, 504, 522, 523, 671, 672, 675, 681, 693. – F. L. W. Meyer, Friedrich Ludwig Schröder, Hamburg 1823, II, 1. S. 57, 58, 62, 64, 65, 67, 109, 114, 117, 124, 135, 141, 149; II, 2. S. 92, 102, 103. – Gust. Schilling, Encyklopädie der gesammten musikal. Wissenschaften, 1838, VI, S. 474, 475. – Neuer Nekrolog der Deutschen 1826, Ilmenau 1828. II, S. 1119. – Jahrbuch für das Theater und Theatergeschichte, hrsg. von C. Lebrun. Hamburg 1841. I, 121, 180, 225, 235, 237, 238, 245, 254, 257, 291. – E. Devrient, Geschichte der deutschen Schauspielkunst. Leipzig 1848. II, III. (Register.)
[788] *) Zu S. 564.