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Artikel „Stadlbaur, Max von“ von Alois Knöpfler in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 378–380, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Stadlbaur,_Max_von&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 15:15 Uhr UTC)
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Stadlbaur: Dr. Max v. St., Professor der katholischen Theologie an der Universität München, wurde geboren am 13. Juli 1808 zu Kirchenthumbach, Regierungsbezirk Oberpfalz (Baiern), als Sohn des dortigen Schullehrers. Unter 9 Kindern war er das fünfte, und von den 7 Söhnen der nicht in glänzenden Vermögensverhältnissen lebenden Lehrersfamilie traten 3 in den geistlichen Stand, darunter Max. Nachdem er den Elementarunterricht in der Schule seines Vaters genossen, kam er 1819 in die Vorbereitungsclasse der Studienanstalt Amberg, deren 9 Classen er mit Fleiß und Wohlverhalten durchlief, so daß er im Herbst 1826 das Absolutorium mit der ersten Note bestand. Nachdem er am dortigen Lyceum noch einen zweijährigen philosophischen Cursus durchlaufen, bezog er mit dem Wintersemester 1828 die Universität München. Hier setzte er das Studium der Philosophie fort und begann das der Theologie; bei Schelling, Baader, Schubert und Görres hörte er philosophische und geschichtliche; bei Buchner, Amann, Moy, Döllinger, Mall und Allioli theologische Vorlesungen. Herbst 1829 trat er als Alumnus in das Gregoreanum und nachdem er aus der Mutterdiöcese Regensburg die erbetene Entlassung erhalten, Herbst 1830, in das erzbischöfliche Clericalseminar zu Freising ein, wo er am 12. August 1831 [379] von dem Erzbischof Lothar Anselm die Priesterweihe empfing. Mit oberhirtlicher Erlaubniß bezog er nun zum Zweck der Promotion nochmals die Universität München, wo er am 14. August 1832 das Doctorat der Theologie erhielt. Die Inauguraldissertation: „Ueber die Idee Gottes im Verhältniß zur Religion und Moral“, erschien 1834 im Druck. Nach kurzer Verwendung in der Seelsorge in den Pfarreien Mettenheim und Tittmoning wurde St. nach Erstehung einer diesbezüglichen Prüfung vor dem Senat der Universität München, von König Ludwig I. unter dem 10. November 1834 zum Professor für Moraltheologie und neutestamentliche Exegese am Lyceum zu Freising ernannt. Mit dem Wintersemester 1838 vertauschte er diese Fächer zuerst provisorisch und seit 1839 definitiv mit der Dogmatik, aber schon im Herbst 1841 wurde er an die Universität München berufen als ordentlicher Professor für Moraltheologie, die er im Frühjahr 1844 abermals mit der Dogmatik vertauschte, welch letztere er dann in Verbindung mit Dogmengeschichte und der regula fidei bis zu seinem Tode docirte. Sein Vortrag, den er nach Skizzen größtentheils frei hielt, war lebendig, klar bestimmt und präcis, ohne oratorischen Schmuck, darauf berechnet die Schüler wie zu gläubiger Annahme der Dogmen, so zu selbständigem Denken anzuregen. St. war keinem philosophischen System ausschließlich zugethan; schon als Student hatte er sich durch den wissenschaftlichen Verkehr mit Baader mächtig angeregt gefühlt. Durch dessen Philosophie aber nicht ganz befriedigt, wandte er sich mehr Günther zu, ohne aber zu dessen unbedingten Anhängern zu zählen. In theologischer Hinsicht war St. jener Richtung innerhalb der katholischen Kirche nicht zugethan, welche die Theologumenen fortwährend mit dogmatischem Ansehen umkleidet, derartige Fragen durch dogmatische Fixirung der wissenschaftlichen Discussion entrückt und so den Kreis disputabler Fragen immer mehr verengert sehen möchte. So scharf er sich in den Grenzen des kirchlichen Lehrbegriffes hielt, wollte er doch solche Fragen der freien Discussion möglichst gewahrt wissen. Diese seine theologische Anschauung mag auch hauptsächlich Schuld gewesen sein, daß die litterarische Thätigkeit Stadlbaur’s eine verhältnißmäßig unbedeutende war. Außer oben genannter Dissertation schrieb er noch 1839 ein Programm für das Lyceum in Freising: „Ueber das höchste und letzte Princip der Moral“. Weiter erschienen noch im Druck die Reden bei seinem dreimaligen Rectorat: 1848 „Ueber die akademische Freiheit“ und „Die Stiftung und älteste Verfassung der Universität Ingolstadt“; 1853 „Ueber das akademische Bürgerrecht und den Geist der Satzungen an den k. baier. Universitäten“ und 1862 „Ueber den idealen Sinn als Grundbedingung eines gedeihlichen akademischen Studiums“. 1840 auf 41 gab er das katholische Exempelbuch von Dr. Herbst in vermehrter und verbesserter Auflage heraus. Im J. 1846 verfaßte er das „Lehrbuch der christlichen Religion“ für die katholischen Gymnasien Baierns, das 1847 in erster und 1856 in zweiter Auflage erschien. Lange Jahre hindurch war dasselbe an allen baierischen und auch einzelnen außerbaierischen katholischen Gymnasien als Religionshandbuch eingeführt. So verschieden auch die Urtheile über seine Brauchbarkeit namentlich vom pädagogischen Standpunkt aus lauten, und obwol es heute längst überholt ist, so muß es doch für die damalige Zeit zum Besten gerechnet werden, was auf diesem Gebiet vorhanden war. Den anfänglich gehegten Plan, den allgemeinen Theil seiner Dogmatik zu publiciren, ließ er bei der allmählich immer mehr hervortretenden Geltendmachung einer schärferen Richtung innerhalb der katholischen Theologie, sowie auch bei den schlimmen Erfahrungen, die namentlich Kuhn in Tübingen machen mußte, wieder völlig fallen.

An der Universität München wurde St. wiederholt mit wichtigen Aemtern betraut. Im J. 1844 wurde er zum Senator gewählt, in welchem Amte er [380] infolge fortwährender Wiederwahl bis zu seinem Tode verblieb, da man sein hervorragendes Verwaltungstalent und seine seltene Geschäftsgewandtheit zu schätzen wußte. Die stürmischen Jahre von 1847 und 1848 gingen auch an St. nicht spurlos vorüber; bereits war er mit anderen Professoren der theologischen Facultät zur Entfernung verurtheilt und zum Stadtpfarrer von St. Ulrich in Augsburg bestimmt, als er durch eine Aenderung der Lage der Universität noch erhalten blieb. Gleich für das folgende Jahr 1848/49 wurde St. zum Rector magnificus der Universität gewählt, in welcher Stellung er sich durch sein taktvolles, kluges und doch gemessenes Auftreten dem stürmischen Geist der akademischen Jugend gegenüber hervorragende Verdienste erwarb. In Anerkennung dieser Thätigkeit erhielt er von König Max II. mehrfache Ordensauszeichnungen, so am 1. Januar 1849 das Ritterkreuz des Verdienstordens vom hl. Michael und am 22. September 1854, nachdem er Jahrs zuvor zum zweiten Mal das Rectorat der Universität bekleidet, das Ritterkreuz des Verdienstordens der baierischen Krone. 1848 nahm St. als Rector magnificus an der Versammlung deutscher Hochschulen in Jena theil und am Schluß des Studienjahres 1865 ging er mit Pettenkofer und Pözl als Abgeordneter der Universiät zur Jubiläumsfeier der Universität Wien. Auf der Rückreise suchte er das Marienbad in Böhmen auf, um seine seit längerer Zeit angegriffene Gesundheit wiederherzustellen. Ohne günstigen Erfolg kehrte er nach München zurück, wo sich die gichtischen Leiden in einer Weise steigerten, daß er bei Beginn des Wintersemesters seine Vorlesungen nicht wieder aufnehmen konnte. Im Frühjahr stellte sich Herzwassersucht ein und am 5. September 1866 verschied er unvermuthet rasch im Bade Aibling bei Rosenheim, wo er Linderung seiner Leiden gesucht. Seine Leiche wurde nach München verbracht.