Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Stadelmann, Rudolf“ von Rudolf Haym in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 360–364, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Stadelmann,_Rudolf&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 13:06 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Stadelmann, Heinrich
Nächster>>>
Staden, Hans
Band 35 (1893), S. 360–364 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Rudolf Stadelmann (Agrarwissenschaftler) in der Wikipedia
Rudolf Stadelmann in Wikidata
GND-Nummer 117195189
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|35|360|364|Stadelmann, Rudolf|Rudolf Haym|ADB:Stadelmann, Rudolf}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117195189}}    

Stadelmann: Rudolf St. wurde am 8. September 1813 in Suhl in Thüringen geboren. Infolge des raschen Verfalls der dort lange Zeit blühenden Barchentmanufactur war sein Vater in drückende Verarmung gerathen, und Noth und Sorge wurde in dem elterlichen Hause um so schwerer empfunden, weil Vater und Mutter – jener eine leidenschaftlich heftige, diese eine weiche, innerliche Natur – sich zur unseligsten, friedlosesten Ehe verbunden hatten. Es war eine unsäglich harte Jugend, die der Knabe unter Entbehrungen aller Art und unter dem Eindruck des unheilbaren Zerwürfnisses der Eltern durchlebte. Für seinen Unterricht konnte außer dem, was die elende Stadtschule gewährte, nichts gethan werden, und doch regte sich in dem begabten Knaben ein lebhafter Wissens- und Bildungstrieb, der sich durch die Vorstellung hülfreicher praktischer Wirksamkeit zu einer sehnsüchtigen Neigung für den ärztlichen Beruf gestaltete. Die Neigung mußte niedergekämpft und der einzige Halt ergriffen werden, der sich ihm, in freilich ganz entgegengesetzter Richtung, bot. In dem Hause der Eltern lebte hochbetagt sein mütterlicher Großvater, Joh. Veit Döll, eine allgemein geachtete Persönlichkeit, ein Mann, der sich ganz aus sich selbst zu einem anerkannt vortrefflichen Meister in der Kunst des Medaillen- und Gemmenschneidens gebildet hatte. Zu diesem flüchtete sich der Enkel. Zeichnend und des Abends dem Alten vorlesend, verbringt, zum Schaden seiner Gesundheit, schon der Zehnjährige alle Zeit, welche die Schule ihm freiläßt, in dem ärmlichen, bedrückend engen Arbeitsstübehen. So gut wie ohne Anleitung lebt er sich in die mühselige künstlerische Thätigkeit des Großvaters dergestalt ein, daß er, schon von seinem dreizehnten Jahre an, denselben in seiner Existenz unterstützen kann. Er thut dies gleichzeitig, ganze sieben Jahre hindurch, auch dadurch, daß er, obgleich nur höchst mangelhaft vorbereitet, für ihn den Organistendienst an der städtischen Hauptkirche versieht. Alles der Noth wegen und Alles aus Liebe zu dem würdigen Manne, der in seiner arbeitsamen bescheidenen Weise ihm ein Vorbild fürs Leben geworden ist.

Mitte der dreißiger Jahre starb, im 86. Lebensjahre, der Großvater. Nun hatte der Jüngling durch seine Arbeiten nur sich selbst zu erhalten, zugleich jedoch eine ältere Schwester zu unterstützen. Erst als diese sich verheirathete, verließ er 1837 auf Veranlassung eines Bruders seiner Mutter, der in Karlsruhe als Münzbeamter lebte, Suhl, folgte aber, da sich ihm in Karlsruhe die Hoffnung einer Staatsanstellung nicht erfüllte, schon im nächsten Jahre einer Aufforderung zur Beschäftigung als Medailleur am Münzamt in Darmstadt. Im anregenden Verkehr mit tüchtigen Menschen, eng befreundet insbesondere mit dem nachmaligen Oberfinanzrath O. Hoffmann, verlebte er hier einige erfreuliche Jahre. Seine Arbeiten verschafften ihm endlich einen Ruf an die königl. Münze in Neapel. Im Februar 1841 traf er dort ein. Die Hoffnung, neben einer gesicherten amtlichen Stellung, während eines mehrjährigen Aufenthalts in Italien sich in seinem künstlerischen Wissen und Können weiterbringen zu können, erfüllte seine Seele. Rasch und gewaltsam wurde diese Hoffnung zerstört. Leider war ihm verhehlt worden, daß die ihm übertragene Stelle schon längst von einem in der dortigen Münzanstalt beschäftigten Italiener angestrebt worden war. So wurde er ein Opfer des Hasses und der Rache. Nur 14 Tage nach Antritt seines Amtes trifft ihn eines Abends auf der Straße der Dolch eines Meuchlers; ein erster Stoß dringt nicht tief in die Brust, ein zweiter verletzt die abwehrende Hand und raubt, in die Augenhöhle eindringend, dem rechten Auge fürs erste [361] die Sehkraft. Die Regierung und das Haus Rothschild leisteten Beistand; Dem Verwundeten wurde während vier Monate die sorgfältigste Behandlung durch den Augenarzt Quadri zu theil, bis dieser endlich, mit Rücksicht auf die schädlichen Einflüsse der Sommerhitze und Staubluft von Neapel, die Kur in der vom Prof. Jäger geleiteten Augenklinik in Wien fortzusetzen rieth. Es geschah mit dem besten Erfolge, aber zugleich mit der schließlichen Eröffnung, daß die Erhaltung der wiedererlangten Sehkraft nur verbürgt werden könne, wenn der Genesene einen Beruf aufgebe, der den Augen so ungewöhnliche Anstrengungen zumuthe. Stadelmann’s Mittel jedoch waren erschöpft, eine Entschädigung von der neapolitanischen Regierung konnte er nicht erlangen: nothgedrungen mußte er sich zu seiner früheren Thätigkeit in Darmstadt zurückwenden, – allein nur um zu erfahren, daß die Augen wieder leidend wurden und den Dienst versagten.

Da bot sich, völlig unerwartet, ein Ausweg. Durch Vermittlung einer Frau v. Weiß aus Riga, welche dem ehrwürdigen Emanuel v. Fellenberg in Hofwyl, dem Besitzer und Leiter der dortigen pädagogisch-ökonomischen Anstalten, theilnehmend von dem Unfall in Neapel und dessen Folgen erzählt hatte, gelangte eine Einladung Fellenberg’s an St., zu ihm nach Hofwyl zu kommen. Die Annahme dieser Einladung bedeutete für St. das Aufgeben seiner ganzen bisherigen Lebensarbeit und Lebensaussicht, allein der Entschluß dazu entsprach dem in seiner Natur ursprünglich angelegten Drange zu praktischem Wirken. Im September 1843 in Hofwyl angekommen, fesselte ihn bald das bedeutende Leben, in das er eingetreten war –: auf der Grundlage eines großen Landguts mit musterhaftem Betrieb ein Organismus von Lehr- und Erziehungsanstalten, durch welche für alle Stände von den höchsten Gesellschaftsclassen an bis zu den verwahrlosten Kindern der Armuth im Sinne echten Menschenthums gesorgt werden sollte. Die Anstalt befand sich eben damals in schönem Gedeihen, und Fellenberg, bereits ein Siebziger, trug sich mit den umfassendsten Plänen für die weitere Entwicklung und Sicherung seiner Schöpfung. Durch testamentarische Verfügung über einen großen Theil seines Vermögenes dachte er den äußeren Bestand zu sichern: die Bürgschaft für das innere Wachsthum sollte durch die Heranziehung der besten wissenschaftlichen und sittlichen Kräfte gewonnen werden. In alle diese Pläne weihte Fellenberg den neuen Ankömmling ein, dessen frische Natürlichkeit sein ganzes Vertrauen gewann. Er regte ihn zu dem Schriftchen „Die Stiftung von Hofwyl“ (Darmstadt 1844) an und übertrug ihm die persönliche Mission, für die Hofwyler Sache zu werben, „Menschen zu suchen“ und rechte Pädagogen womöglich für die Umsiedlung nach Hofwyl zu bestimmen. Er verband damit das Versprechen, ihm später die Mittel zu gewähren, in Bern dem ersehnten Studium der Medicin obzuliegen. Einstweilen rüstete er ihn für eine ausgedehnte Reise durch Deutschland aus, bei der auch die bedeutendsten Lehr- und Erziehungsanstalten besucht werden sollten. Die fünfmonatliche Reise führte nach Zürich, München, Augsburg, Stuttgart, Hohenheim, Nürnberg, Halle, Berlin und hatte den erwünschtesten Erfolg. Mit reichen Zusagen für Hofwyl – unter anderen hatte auch Diesterweg sich bereit erklärt – begab sich St. im Herbst 1844 auf die Rückreise, um nun auch mündlich über das Erlebte und Erreichte Bericht zu erstatten.

Da traf ihn auf halbem Wege die Nachricht von dem plötzlich erfolgten Tode seines Gönners. Derselbe bedeutete, bei der ganz anderen Denkweise der Söhne Fellenberg’s, die Auflösung der Hofwyler Anstalten. Man ließ nur das Gymnasium und die eine landwirthschaftliche Lehranstalt auf einem Nebengute vorläufig fortbestehen, und an letzterer fand sich denn auch für St. eine Stellung, in der er, nachdem seine weiterstrebenden Hoffnungen zu Grabe getragen waren, theils lehrend, theils lernend, in Theorie und Praxis der Landwirthschaft sich [362] einstudiren mochte. Nur zu bald indeß wurde ihm durch den Dirigenten der Anstalt diese Stellung verleidet. Wieder also mußte abgebrochen, aber es konnte wenigstens an die neu betretenen Lebenswege angeknüpft werden. In Jena blühte unter Fr. Schulze’s Leitung das mit der Universität verbundene landwirthschaftliche Institut. Dorthin begab sich auf Zurathen des wackeren Prof. Scheidler, eines Freundes der Hofwyler Anstalten, St. im Herbst 1845 mit dem kleinen Rest seiner Ersparnisse, um die in der Schweiz begonnenen Fachstudien fortzusetzen und sie durch den Besuch der naturwissenschaftlichen, volkswirthschaftlichen und historischen Vorlesungen an der Universität zu ergänzen. Es war Hülfe in der Noth, daß ihm mit Anfang des Jahres 1846 die arbeitsvolle Stelle eines Secretärs und Rechnungsführers des landwirthschaftlichen Instituts übertragen wurde. Durch rastlosen Fleiß wußte er trotzdem seine Zeit so gut auszunutzen, daß es ihm durch Vermittlung Schulze’s und des Philologen Göttling, dem er sich unter anderem durch künstlerische Hülfsleistungen für das kleine Jena’sche Museum empfohlen hatte, möglich wurde, schon nach anderthalbjährigem Studium im März 1847 das philosophische Doctordiplom zu erwerben. Noch vier weitere Semester war dann der Wissensdurstige und der soviel nachzuholen hatte, der unermüdlichste Hörer von Vorlesungen. Endlich doch mußte er abschließen und sich nach einer festen Lebensstellung umsehen. Bei dem Suchen danach leitete ihn seine Sehnsucht, nach Preußen zurückzukehren. Längere Verhandlungen wegen Gründung einer Ackerbauschule in seinem heimathlichen Kreise Schleusingen scheiterten; allein im Laufe dieser Verhandlungen hatte ihn eine Einladung Karl’s v. Wulffen, der damals Mitglied des preußischen Landesökonomiecollegiums war, nach dessen Gute Pietzpuhl geführt. In mehr als einer Beziehung wurde dieser Aufenthalt wichtig für ihn. Von dem Eindruck, den die bedeutende Persönlichkeit Wulffen’s auf ihn machte, zeugt das Lebensbild, das er zehn Jahre nach dessen Tode von ihm in den Preuß. Jahrbb. (Bd. XI, 1863) entwarf. Hier konnte er, unter dem besten Lehrmeister, praktisch landwirthschaftliche Studien machen. Hier gewann er sich in Wulffen’s Tochter die treue Lebensgefährtin. Hier endlich entschied sich seine Anstellung als Generalsecretär des landwirthschaftlichen Centralvereins der Provinz Sachsen. Anfang 1850 übernahm er, zunächst interimistisch, ein Jahr später definitiv, das unter den damaligen Umständen äußerst mühselige Amt. Seinen anfänglichen Wohnsitz Bedra bei Merseburg vertauschte er 1852 mit dem auf dem Rittergute Wallendorf, das er, um mit der landwirthschaftlichen Praxis in Zusammenhang zu bleiben, mit geringen Mitteln erworben hatte. Er bewirthschaftete dasselbe bis Ende 1858. Materielle Schwierigkeiten und wiederholte Krankheiten seiner Frau nöthigten ihm um diese Zeit den Rückzug in eine Stadt – in das nahe Halle auf. Mit wie selbstloser Treue und Anstrengung, mit welchem Segen für den Verein und darüber hinaus er 21 Jahre hindurch seines Amtes waltete, ist von den Fachgenossen oft und laut, officiell schon 1859 durch die Ernennung zum Oekonomierath anerkannt worden. Die landwirthschaftlichen Specialvereine der Provinz vermehrten sich während seiner Amtsführung auf das Doppelte. Der von ihm redigirten landwirthschaftlichen Zeitschrift führte er statt der 200 Abonnenten, die er bei der Uebernahme vorfand, 8000 zu und erhob sie zu einer der besten Deutschlands. Er war es, der, geleitet von den in Hofwyl und Jena gemachten Erfahrungen, den Gedanken der Gründung eines mit der Universität eng zu verbindenden landwirthschaftlichen Instituts in Halle zuerst erfaßte und ihn, nachdem in Jul. Kühn der rechte Mann gefunden war, allen sich anfangs dagegen erhebenden Bedenken zum Trotze, ins Leben führen half. Ihm ist es zu danken, daß der Provinz die agriculturchemische Station erhalten und in Halle fixirt blieb. Durch seine in Buchform wiederholt aufgelegte Denkschrift „Der Schutz der nützlichen [363] Vögel“ (Halle 1867) wirkte er auf den Erlaß eines Vogelschutzgesetzes hin u. s. w.

Sein peinliches Pflichtgefühl indeß und seine scharfe Empfindlichkeit gegen das unliebsame Benehmen Anderer raubten ihm je länger desto mehr die Freudigkeit zu seinem Amte. Der Kampf, den er, der sich selbst das Härteste zumuthete, nur zu oft gegen Stumpfheit und Anmaßung zu kämpfen hatte, drohte ihn aufzureiben. Er fand sich am Ende durch Ueberanstrengung gebrochen; es schien ihm hohe Zeit, von seiner Arbeitskraft zu retten, was noch zu retten sei. Er erbat und erhielt im Herbst 1871 in der ehrenvollsten Weise seinen Abschied. Dieser Abschied jedoch wurde für ihn zu einer sehr ernsten Krisis. Müßig am Markte zu stehen hatte er in seinem arbeitsreichen Leben nicht gelernt. Unter allerlei Plänen, seinen bisherigen Wohnsitz zu verlassen, in manchen Hoffnungen auf eine neue Wirksamkeit getäuscht, ergriff ihn eine schwere Nervenkrankheit, von der er erst nach längerer Zeit wieder genas. Durch den Erwerb eines schönen Besitzthums, wozu langjährige Sparsamkeit den ersten Grund gelegt, ließ er sich nun doch an Halle fesseln, während gleichzeitig sein Thätigkeitstrieb in litterarischer Beschäftigung ein neues Feld und neue Befriedigung fand. Die Absicht, der Landwirthschaft nunmehr auf diesem Wege zu dienen, rief zuerst in unmittelbarem Anschluß an seine bisherige Wirksamkeit das Werk „Das landwirthschaftliche Vereinswesen in Preußen“ (Halle 1874) hervor. Mit der Schrift „Friedrich der Große in seiner Thätigkeit für den Landbau Preußens“ (Berlin 1876), für welche er bereits das preußische Staatsarchiv benutzen durfte, wandte er sich darauf historischen Arbeiten zu. Das Buch wurde Anlaß, daß H. v. Sybel, der Director der preußischen Staatsarchive, ihn nunmehr aufforderte, in weiterem Umfange und in möglichst erschöpfender Berichterstattung auf Grund des gesammten officiellen Materials, die Thätigkeit der preußischen Könige für die Landescultur darzustellen. So erschienen in den „Publicationen aus den kgl. preußischen Staatsarchiven“ (Leipzig, bei Hirzel) nach einander in den Jahren 1878, 1882, 1885 und 1887 vier Bände, in denen der Reihe nach Friedrich Wilhelm I., Friedrich der Große, Friedrich Wilhelm II. und Friedrich Wilhelm III. nach dieser Seite ihrer Regentenwirksamkeit geschildert werden. Eine Nebenfrucht der dabei angestellten archivalischen Studien war das Büchlein „Aus der Regierungsthätigkeit Friedrich’s des Großen“ (Halle 1890). Mit unermüdlichem Fleiße widmete er sich dieser schriftstellerischen Thätigkeit, zu der ihn die in seiner früheren Laufbahn erworbenen Kenntnisse vortrefflich vorbereitet hatten und bei der seine geschäftliche Klarheit, Sorgfalt und Ordnungsliebe ihm als wissenschaftliche Methode dienten. Was ihn außer seinem preußischen Patriotismus an die Arbeit fesselte, war nicht so sehr das Interesse an dem geschichtlichen Stoff als solchem, als vielmehr die Beziehung auf bestimmte, dem Gemeinwohl dienende Zwecke, die Ueberzeugung, wie viel die künftigen Regierungen und die Pfleger der Landwirthschaft aus dem authentischen Nachweis dessen lernen könnten, was die Vorfahren gethan oder versäumt, was sie recht oder schlecht gethan haben. Wol freute ihn die äußere Anerkennung, die seinem Fleiße – unter Anderem im J. 1882 durch die Ernennung zum Landesökonomierath – zu theil wurde, aber am meisten doch die Bethätigung dieses Fleißes selbst. Unter störenden Krankheitsanfällen, von denen seine zähe Constitution sich doch immer wieder erholte, sehnte er sich ungeduldig nach der Fortführung und Vollendung der einmal übernommenen Aufgabe. Allein immer kürzer wurden die Pausen, die er der geliebten Arbeit widmen durfte, bis er endlich der Qual asthmatischer Zufälle am 6. Juli 1891 enthoben wurde.

Das Leben, das ihn in eine harte Schule genommen, ihn von Beruf zu Beruf geworfen und ihm die Erreichung des erwünschtesten versagt hatte, war nicht [364] im Stande gewesen, den angeborenen Sinn für die heitere Seite des Lebens ganz in ihm zu unterdrücken; aber es hatte seinem Wesen doch vorzugsweise den Stempel des Ernsten und Strengen, des Grundsatzmäßigen und Ansichhaltenden ausgeprägt. Auch als in den letzten Jahrzehnten seines Lebens seine äußere Lage eine völlig sorgenlose, ja behagliche geworden war, machten sich die Rückstände früher erlittenen Druckes in seiner Stimmung und Lebensauffassung bemerklich. Nur um so mehr jedoch war seinen Freunden die Lauterkeit seiner Seele, die unbedingte Zuverlässigkeit und Rechtlichkeit seines Charakters verehrungswürdig.

Nach hinterlassenen Papieren und autobiographischen Aufzeichnungen.