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Artikel „Stähelin, Georg“ von Albert Schumann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 390–392, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:St%C3%A4helin,_Georg&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 17:08 Uhr UTC)
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Stähelin: Mag. Georg St., evangelischer Theolog des 16. Jahrh., nach der Sitte der Zeit auch Chalybaeus oder Chalybaeolus im gewöhnlichen Leben „Meister Jörg“ genannt, war von jetzt Galgenen in der March (Kanton Schwyz) gebürtig, wo er vermuthlich im letzten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts geboren wurde. Trotz einer von ihm verfaßten Lebensbeschreibung (s. u.) erfährt man doch nicht, welche Schulen er besucht und wo er sich den Magistertitel erworben hat. Er beginnt dieselbe mit dem Jahre 1518, wo er die Kaplanei zu Altendorf am Zürchersee übernahm, worauf er noch im gleichen Jahre als Helfer (Hilfsprediger) im aargauischen Baden angestellt wurde. Hier bewog ihn Ulrich Zwingli 1520 bei einer persönlichen Zusammenkunft durch dringendes Zureden, als einer seiner Helfer nach Zürich zu kommen und dagegen einen an ihn ergangenen Ruf als Pfarrer zu St. Leonhard in Basel abzulehnen. In Zürich wohnte er mit Zwingli und dem zweiten Helfer Heinrich Lüthi in der gleichen Behausung und theilte mit beiden treulich die Gefahren, welche ihnen durch die feindlichen Anschläge der altkirchlichen Partei erwuchsen. Während dieser Zeit [391] trat er in freundschaftliche Beziehungen zu hervorragenden Männern, wie Berthold Haller in Bern und Heinrich Glareanus in Basel. Nach zwei Jahren erhielt er die Stelle eines Pfarrers in Freienbach am Zürchersee (Kanton Schwyz). Als solcher unterzeichnete er am 2. Juli 1522 zu Einsiedeln mit neun anderen Geistlichen die von Zwingli verfaßte, einen gewissen trotzigen Humor athmende Bittschrift an den Konstanzer Bischof Hugo v. Hohenlandenberg, welche sich für Gewährung freier Predigt des Evangeliums und Gestattung oder wenigstens Duldung der Priesterehe aussprach. Ein ausführlicheres und freundlicher gehaltenes Schreiben richtete Zwingli am 13. Juli desselben Jahres an die eidgenössischen Stände, weil jene Zuschrift überall einen schlimmen Eindruck gemacht hatte, weshalb auch die Zehn hier ihre Namen nicht beizusetzen wagten. Nachdem St. 1523 Pfarrer in Weiningen (Kanton Zürich) geworden war, verheirathete er sich am 11. November mit Katharina v. Büttikon, der Angehörigen eines vielgenannten aargauischen Rittergeschlechtes, sah sich aber auch durch den katholischen Luzerner Vogt im benachbarten Baden mit Nachstellungen bedroht, so daß er, mit einem Feuergewehr bewaffnet, etwa ein halbes Jahr in einer dichten Laubhecke unweit seines Pfarrhauses übernachtete. Im Frühling 1528 berief ihn der Magistrat von Biel als städtischen Prediger. Zwar hatte hier bereits Thomas Wyttenbach († im Dec. 1526) der Reformation vorgearbeitet; aber der Gegner waren noch so viele, daß St. erst nach zwei Jahren die Annahme der 1528 von Bern ausgegangenen Reformationsordnung erlebte. Seine erfolgreiche Wirksamkeit hatte die Aufmerksamkeit der Berner Regierung auf ihn gelenkt, so daß ihm dieselbe im September 1531 die Stelle eines Pfarrers in Zofingen übertrug, wo bereits seit drei Jahren Sebastian Hofmeister (A. D. B. XII, 643 ff.) für die Durchführung der Reformation thätig war. In freundschaftlicher Verbindung mit diesem verhalf er derselben auch hier zum Siege. Ferner betheiligte er sich neben Hofmeister an dem Religionsgespräche mit den Wiedertäufern, welches vom 1. bis 9. Juli 1532 in der Zofinger Kirche stattfand, aber zu keiner Entscheidung führte. Nachdem er im gleichen Geiste hier noch bis 1543 gewirkt und während dieser Zeit den Tod seiner Freunde Zwingli und Hofmeister erlebt hatte, übernahm er im genannten Jahre ein Diakonat am Großmünster in Zürich, wogegen er einen Ruf nach Wangen (Kt. Bern) ausschlug, weil er bei inzwischen vorgerücktem Alter nicht wieder von vorn anfangen mochte. Wieder zwei Jahre später kam er als Pfarrer nach Rüti (Kt. Bern) und auf Fastnacht 1559 nach Turbenthal (Kt. Zürich). Die Besoldung – er mußte sie von fünfzig verschiedenen Orten einziehen – war daselbst sehr kärglich, die Amtswohnung armselig. Mit einem wehmüthigen Blick auf seine Lage und in der Hoffnung auf Verbesserung derselben schließt seine Selbstbiographie. Wann er gestorben, wird nirgends berichtet. Man könnte vermuthen, daß dies 1563 geschehen sei: wenigstens besaß er bis zu diesem Jahre ein Haus in Zofingen und bezahlte davon ein Pfund Bürgersteuer; doch behauptet eine Quelle (H. G. Sulzberger, Geschichte der Reformation im Kt. Aargau, Heiden 1881, S. 27, Anm.), er habe 1570 seine Stelle in Turbenthal altershalber niedergelegt, sich dann nach Zürich begeben und dort sein Leben beschlossen. Außer der genannten Schrift ist noch ein an Zwingli gerichteter lateinischer Brief von ihm vorhanden.

Selbstbiographie Stähelin’s in Miscellanea Tiguriana (hrgg. von J. J. Ulrich), 2. Thl., Zürich 1723, S. 680–695. – H. J. Leu, Helvet. Lexikon, 17. Thl., Zürich 1762, S. 479–480. – G. E. v. Haller, Bibliothek der Schweizer-Geschichte, 2. Thl., Bern 1785, Nr. 1476 (vgl. auch Nr. 336). – (J. J. Frikart), Chronik der Stadt Zofingen, 2. Bd., Zof. 1812, S. 113. – (Derselbe), Tobinium ecclesiasticum. Zof. (1824), S. 45–46. – (J. J. Frikart), Umstände aus dem öffentl. Leben des Mag. Georg Stähelin, gewes. Pfarrers in Zofingen 1531–1543, Zof. 1831. – K. Wirz, Etat des Zürcher Ministeriums von der Reformation bis zur Gegenwart, Zürich 1890, S. 73, 153, 179 [392] u. 199. – Vgl. auch J. C. Mörikofer, Ulrich Zwingli, 1. Thl., Leipzig 1867, S. 94 und 109–111. – Die Bittschrift (Supplicatio) an den Konstanzer Bischof findet sich abgedruckt in: Huldreich Zwingli’s Werke. Erste vollständ. Ausg. durch Melch. Schuler und Joh. Schultheß, 3. Bd., Zürich 1832, S. 16–25; die (deutsche) an die Eidgenossen: ebenda, 1. Bd., Zürich 1828, S. 30–51; der Brief Stähelin’s an Zwingli: ebenda, 8. Bd., Zürich 1842, S. 204–205.