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Artikel „Sintenis, Karl“ von Franz Kindscher in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 405–406, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sintenis,_Karl&oldid=- (Version vom 6. Dezember 2024, 09:09 Uhr UTC)
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Band 34 (1892), S. 405–406 (Quelle).
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Sintenis: Karl Heinrich Ferdinand S., geboren zu Zerbst am 15. Mai 1806, † das. am 1. Mai 1867. Enkel des Consistorialraths S. † 1820, Sohn des Pastors zu St. Trin. August Friedrich S. † 1841, durch seinen Vater bis 1820, auf dem Zerbster Francisceum bis 1824 unter G. Fähse besonders durch K. W. Krüger und W. A. Becker (s. A. D. B. B. XVII, 232. II, 229) vorgebildet, studirte er bis 1829 in Leipzig Philologie unter Gottfried Hermann, zu dessen vorzüglichsten Schülern er mit seinen Freunden Moriz Haupt, Friedrich Ritschl, Hermann Sauppe, Adolf Emperius, Friedrich Franke (s. A. D. B XI, 72. XXVIII, 653. VI, 98. VII, 265) zählte. Als Oberlehrer am Zerbster Francisceum führte er sich 1829 mit Observationen an Diodor ein und blieb an diesem Gymnasium bis zu seinem Tod trotz mehrfacher auswärtiger Anträge. Als Student hatte er 1829 schon Plutarch’s Themistokles bearbeitet. Perikles folgte bald. S. ist dem Plutarch sein Leben lang treu geblieben. Die sämmtlichen Biographien gab er 1839–46 und 1852–54 heraus. Zum Schulgebrauch bearbeitete er mehrere der anziehendsten. Im Wetteifer mit Krüger wandte er seinen Fleiß dem Arrian zu, mit Ritschl und Sauppe dem Dionys. Er war ein vorzüglicher Kenner der griechischen Litteratur, ein feiner Kritiker und vornehmlich [406] auch ein ausgezeichneter Lehrer: griechische Grammatik und lateinischen Stil bei ihm zu lernen, Platon, Sophokles und Horaz von ihm erklären zu hören blieb Allen immer ein wahrer und unvergeßlicher Hochgenuß. Im Verein mit Heinrich Ritter, der als Oberschulrath in Dessau 1866 starb, und Professor Karl Werner † 1846 erhob er das Zerbster Gymnasium zum vorzüglichsten in Anhalt. Seit 1837 Professor, übernahm er 1850 allseitigem Wunsch gemäß die Direction des Francisceums und des damit verbundenen herzoglichen Pädagogiums, das unter ihm bald ein Jahrzehnt hindurch seine höchste Blüthe erreichte. Er ward 1855 zum Schulrath ernannt. Milde beherrschte alle Maßregeln seiner Erziehung, wo sie nur irgend zulässig schien. Der Unsittlichkeit und Gemeinheit gegenüber kannte er nur entschieden abweisende Strenge. Die erste Gattin entriß ihm der Tod schnell mit dem Kinde. Die zweite, Emilie Nicolai, war ihm eine treue, feinsinnige Helferin bei seiner väterlichen Sorge für die zum Theil recht jungen Pensionäre des Pädagogiums. Seinen Collegen war er stets ein aufrichtiger Freund. Er achtete überall ihre Eigenthümlichkeit, wenn sie nur die gemeinsame Sache der Schule förderte. Er kannte seine Leute und wußte, wem er vertrauen könne. Den Vorgesetzten hervor zu kehren fand er kaum Gelegenheit. Er konnte etwas mißbilligen, verletzte aber dabei Niemand. Aus Pflichtgefühl erledigte er mit vollem sachlichen Interesse unermüdlich die unaufhörliche Schreiberei und Oberaufsicht beim Verwaltungsgeschäft seines zwiespältigen weitschichtigen Directorats, denn er brachte seinem Landesherrn mit der Uebernahme der Leitung der Schul- und Erziehungsanstalt ein großes und entsagungsreiches Opfer, da sie ihn den von frühester Jugend an liebgewonnenen stillen Studien oft lange entzog. Hing ja doch sein Herz an den gelehrten Studien des Alterthums, zumal des griechischen, deren Ergebnisse er in der Hallischen Litteraturzeitung, im Philologus, in Zarncke’s Centralblatt, in seinen Reden und Programmen u. s. w. wie in seinen Classikerausgaben rühmlichst öffentlich verwerthete. Seine geistvolle Unterhaltung fesselte den großen Kreis derer, die ihm nahe standen. Hohe Sittenreinheit, ungeheuchelte Frömmigkeit, eifriges Streben Leidenden wohlzuthun und sie in der Stille zu erfreuen zierten seinen Charakter und machten ihn Allen werth und theuer, Landsleuten und andern, wie F. W. Schneidewin in Göttingen, Karl Reimer in Berlin (s. A. D. B. XXXII, 150. XXVII, 712), Friedrich Ahlfeld in Leipzig (vergl. Lebensbild 1885, S. 33). Sein Bildniß erschien in Steindruck 1853 beim 50jährigen Jubiläum des Francisceums.

Vergl. Eckstein, Nomenclator philologorum. – Friedrich Hammer, Nekrolog im Zerbster Schulprogramm 1868. – Paul Kummer, Erinnerungen aus dem Schulleben in Duncker’s Sonntagsblatt 1874, 5, vom 1. Febr. S. 55/57.