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Artikel „Seitz, Alexander“ von Julius Pagel, Johannes Bolte in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 33 (1891), S. 653–655, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Seitz,_Alexander_(Arzt)&oldid=- (Version vom 25. April 2024, 17:20 Uhr UTC)
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Seitz: Alexander S. (Sytz), Arzt des 16. Jahrhunderts, stammte aus Marbach in Württemberg, studirte seit 1488 in Tübingen, Como und Padua, practicirte in seiner Vaterstadt, mußte aber infolge seiner Theilnahme am politischen Leben, namentlich nachdem er seine Schrift gegen den Adel „Thurnier oder adelige Musterung“ veröffentlicht hatte, und seiner Betheiligung an dem Aufstande des armen Konrad gegen Herzog Ulrich von Württemberg nach der Schweiz [654] fliehen, wo er seit 1514 mit kurzer Unterbrechung durch einen Aufenthalt in Reutlingen lebte. Von seinen späteren Lebensschicksalen ist noch bekannt geworden, daß er 1525 von Straßburg aus an Zwingli, den er während seines Exils kennen gelernt hatte, ein Gesuch um seine Unterstützung für die Beschaffung eines Unterkommens in der Schweiz richtete. S. ist bemerkenswerth als Verfasser einer originellen, auf Veranlassung der Aebtissin Elisabeth Schott des Klosters Lichtenstern bei Marbach 1509 niedergeschriebenen und dieser gewidmeten Schrift über die Syphilis unter dem Titel: „Ein nützlich Regiment wider die bösen Frantzosen mit etlichen clugen Fragstücken“ (Pforzheim, 4 Blätter kl. 4, herausgegeben von Moll, Stuttgart 1852). Dieselbe ist wesentlich populärer Art, erörtert aber zugleich die damals geltenden Theorieen und legt ein günstiges Zeugniß für die allgemeine und ärztliche Bildung des Verfassers ab. Man darf aus dieser und den anderen Schriften Seitz’s schließen, daß dieser „ein classisch-philologisch und philosophisch gebildeter, ideenreicher und beredter“ Mann gewesen ist.

Näheres s. im Biogr. Lexikon, hrsg. von Hirsch und Gurlt V, 352 und den daselbst angegebenen Quellen, ferner in Haeser’s Referat in Canstatt’s Jahresbericht 1853, II, 16.

S. ist auch der Dichter eines eigenartigen protestantischen Tendenzdramas: „Eine Tragedi, Das ist, ein Spile, seines anfangs voller freuden, aber mit seer leydigem ausgang. Vnd ist Vom grossen Abentmal, vnd den zehen Junckfrawen, Alles aus dem Euangelio gezogen, mit seer hüpschen sprüchen. Beschriben durch den hochgelerten Doctor Alexander Seitz“. 7½ Bogen, 8°, am Schluße: „Zu Straßburg, in Knoblochs Druckerey, Durch Georgen Messerschmid. M.D.LX.“ Offenbar muß die Jahreszahl durch Umstellung der letzten Ziffern in 1540 geändert werden, da der Bl. Cvija gedruckte Einladebrief das Datum „Mittwochs nechst vor Ostern Anno M.D.XL“ trägt: auch ist das Stück in dem alten Münchener Sammelbande mit vier andern Dramen von 1539 und 1540 vereinigt, und der Vermerk: „Straßburg in Knoblochs Druckerey durch Georgen Messerschmidt“ begegnet ebenso 1544 in einem Drucke von Sleidan’s Oration (s. A. D. B. XVI, 316). Die Dichtung ist aber vielleicht noch älter und 1540 durch G. Messerschmidt, den Herausgeber des Ritter Brissonetus (Straßb. 1559), nur erneuert worden; das gegen die „schamparen und närrischen Fastnachtspiele“ und den Heiden Terenz eifernde, die christlichen Colloquia des Erasmus aber und Reuchlin’s Sergius rühmende Vorwort ist undatirt. S. hat die neutestamentlichen Parabeln Matth. 22 und 25 zu einer nicht immer durchsichtigen und einheitlichen Allegorie ohne Acteintheilung verquickt. Zu der Hochzeit Emanuel’s von Nazareth ladet sein himmlischer Vater und er selber durch die Apostel „vff Dornstag nechst vor Ostern“ ein; die Reichen, Nemhart, Wolffhart und Geithart, lehnen ab, die Armen folgen willig, zuletzt auch die klugen Jungfrauen; ein Heuchler, der sich mit einer Landsknechtsrüstung unter der Kutte eingeschlichen, wird hinausgewiesen, ebenso der Kaiser Julianus, der einen Zug Gefangener mit sich schleppt. Die hierdurch veranlaßte große Disputation über Luc. 14,23: „Compelle intrare, nöthige sie hereinzukommen“, in der Paulus und die Apostel dem Lucas gegen Julianus und seine Pfaffen und Hofleute beistehen, hat man als einen Protest gegen die gewaltsame Verfolgung der Evangelischen und als eine Anspielung auf das, was man vor dem schmalkaldischen Kriege von Karl V. fürchtete, anzusehen. Bemerkenswerth sind die Klagen der thörichten Jungfrauen Venus, Spritz, Trumpel, Pflantzerin und Schöne, denen der von dem betrügerischen Krämer gekaufte Ablaßzettel beim Pförtner Petrus nichts nützt, und die Hohnreden der mit ihnen abziehenden Teufel in sechs- und fünfsilbigen Reimpaaren. Komische Elemente (Gnato, Davus, Narr, Petrus, der in der Küche nach den Speisen sieht) fehlen nicht; [655] für die Einrichtung der Bühne (Bruck mit einem Thor, auf den Seiten eine Küche und eine Halle, davor eine Vorbruck), die Kleidung und Redeweise (dapffer, frech, senfft, manlich, ernstlich) der Darsteller giebt S. sehr genaue Vorschriften.

Goedeke, Grundriß 2², 390. – Genée, Lehr- und Wanderjahre des deutschen Schauspiels, 1882, S. 83 f. – Lorenz und Scherer, Geschichte des Elsasses³, S. 278 f. – Zur Biographie noch G. Linder, Zeitschrift für allgemeine Geschichte 1886, 224–232. – Das Zeitschr. f. deutsches Alterthum 32,10 angeführte Drama des Andreas Khintsch oder Kheitsch gehört schwerlich hierher.