ADB:Schwerz, Johann Nepomuk Hubert von

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Artikel „Schwerz, Johann Nepomuk Hubert von“ von Carl Leisewitz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 33 (1891), S. 438–440, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schwerz,_Johann_Nepomuk_Hubert_von&oldid=- (Version vom 4. November 2024, 18:17 Uhr UTC)
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Schwerz: Johann Nepomuk Hubert v. S., namhafter landwirthschaftlicher Schriftsteller, Director der landwirthschaftlichen Akademie zu Hohenheim bei Stuttgart von 1818–1828, † am 11. December 1844 zu Koblenz. Als Sohn eines Kaufmannes am 11. Juni 1759 in Koblenz geboren, wurde er schon im Knabenalter auf den Wunsch seiner dem geistlichen Stande angehörenden Verwandten für den geistlichen Beruf ausersehen und besuchte mit dem 11. Lebensjahre das Jesuitencollegium seiner Vaterstadt. Im Alter von 21 Jahren nahm er auf Empfehlung des ihm sehr gewogenen Hofrathes Kesting eine Stellung als Hauslehrer in St. Goar an, ging nach drei Jahren in derselben Eigenschaft zum Grafen von Renesse in Belgien, um dessen Söhne zu erziehen. Dieser Aufgabe gemäß theilte er mit der gräflichen Familie den ländlichen Aufenthalt auf deren am Niederrhein und im Stifte Lüttich belegenen Gütern, begleitete dieselben auch auf ihrer 1793 unvermeidlich gewordenen Flucht nach Münster und Fulda und übte seine Function als Hofmeister ebenso bei den Enkeln des Familienhauptes bis 1801 aus. Demnächst betheiligte er sich bei der Verwaltung der gräflichen Güter und fand nun erwünschte Gelegenheit, seinem Interesse an der Landwirthschaft unbehindert Folge zu geben. Mit unermüdlichem Eifer und einem durch den langjährigen Landaufenthalt geförderten Verständniß widmete er sich den neuen Aufgaben und erwarb sich bald unter dem Einfluß eines instructiven Verkehrs mit tüchtigen Landwirthen Brabants und Flanderns einen Fonds von landwirthschaftlichen Kenntnissen, worauf er sich stützen mochte, als er sich entschloß, dem geistlichen Berufe zu entsagen. Nach einigen Jahren trat er jedoch von der Verwaltung zurück und befaßte sich seit 1805 mit einem gründlichen Studium der landwirthschaftlichen Litteratur, welche sich ihm schon damals in den Schriften über belgischen Ackerbau, über englische Landwirthschaft und in A. Thaer’s verschiedenen Abhandlungen in reicher Entfaltung darbot. Durch Reisen in wirthschaftlich entwickelte Districte Belgiens suchte er den Erfolg seiner Studien zu heben und hielt sich nunmehr für hinreichend vorbereitet, um selbst als landwirthschaftlicher Schriftsteller auftreten [439] zu können. Seine erste litterarische Arbeit bildete die „Anleitung zur Kenntniß der belgischen Landwirthschaft“, deren I. Bd. 1807 erschien und ebenso durch fesselnde Darstellung wie durch lehrreiche Betrachtungen bald allgemeine Beachtung gefunden hatte. Durch diesen Erfolg ermuthigt, ließ S., der sich inzwischen wieder nach Coblenz begeben hatte, die Fortsetzung jener Arbeit seine nächste Aufgabe sein und gab schon zu Ostern 1808 den II. Band des Werkes heraus, welchem dann 1811 der III. Bd. als Schluß folgte. Während dieser Periode unternahm er nochmals eine Instructionsreise nach Belgien und schrieb mehrere kleine Abhandlungen über den Anbau der Kartoffeln, des Hanfes, über Baumpflanzungen u. dgl. für ein zur Belehrung der Bewohner des Rhein- und Moseldepartements bestimmtes Handbuch. Um diese Zeit auch von dem französischen Präfecten Lezay beachtet und mit der Ausführung von Culturversuchen betraut, wurde S. 1810 von demselben nach Straßburg berufen, um dort als Inspector der Tabakspflanzungen zu functioniren, event. sich noch anderen Culturaufgaben zu widmen. Diese Gelegenheit zum eingehenden Studium der elsässischen Landwirthschaft benützte er gern und sammelte reichhaltiges Material, um nach wenigen Jahren eine treffliche Beschreibung der elsässischen landwirthschaftlichen Verhältnisse herauszugeben. Von dort unternahm er auch verschiedene Reisen in die Rheinpfalz und die Schweiz, besuchte Fellenberg in Hofwyl und informirte sich genau über dessen wirthschaftliche Einrichtungen, die er ebenfalls später (1816) ausführlich beschrieb. Nachdem sein Gönner Lezay im Herbste 1814 gestorben war, ging S. vorläufig wieder in die Heimath zurück und beschäftigte sich mit der litterarischen Bearbeitung der auf seinen letzten Reisen gemachten Beobachtungen.

Durch Vermittelung seines in Westfalen begüterten Freundes Diepenbroek wie des Oberpräsidenten v. Vincke wurde er 1816 als Regierungsrath mit dem Mandate in den preußischen Staatsdienst berufen, die neuen Provinzen Westfalen und Rheinland behufs Untersuchung der dortigen landwirthschaftlichen Zustände zu bereisen und demnächst geeignete Vorschläge zur Hebung derselben zu machen. Diese Aufgabe nahm ihn für die nächsten Jahre in Anspruch, bis ihm der König von Württemberg den ehrenvollen Antrag machen ließ, die Leitung des in Hohenheim zu errichtenden landwirthschaftlichen Instituts zu übernehmen. Gern folgte S., der schon im 60. Lebensjahre stand, im September 1818 diesem Rufe und war sorgfältig bemüht, den Intentionen des Königs hinsichtlich der Organisation, wie der Pflege und Leitung der neuen Anstalt Rechnung zu tragen. Mit den ihm hinreichend zur Verfügung gestellten Mitteln gelang es ihm dabei auch, den Forderungen der Zeit zu entsprechen und der Anstalt von vorn herein einen guten Ruf zu sichern, so daß deren Frequenz sehr bald einen günstigen Stand erreichte. Ungeachtet der vielseitigen Thätigkeit, welche ihm einestheils mit der Direction des Institutes und der damit verbundenen Gutswirthschaft, anderntheils mit der Ausübung eines umfangreichen Lehramtes und mit der Leitung specieller Culturversuche zugefallen war, verfolgte er noch die litterarische Aufgabe, eine Anleitung zum rationellen Ackerbau herauszugeben und darin die Resultate seiner langjährigen Erfahrungen und Studien niederzulegen. Dies Vorhaben führte er auch größtentheils aus, lieferte bis 1825 zwei Theile des auf rationeller Empirie begründeten und zu großer Verbreitung gelangten Werkes fertig, mußte aber wegen Kränklichkeit die Herausgabe des im wesentlichen von ihm vorbereiteten dritten Theiles seinem Schüler Pabst überlassen. Da sich mittlerweile bei ihm eine gewisse Altersschwäche eingestellt hatte und sein Sehvermögen schon sehr reducirt war, trat er an der Schwelle des 70. Lebensjahres von seinem Amte zurück, um den Rest seiner Tage in stiller Zurückgezogenheit am Heimathsorte verleben zu können. Nachdem er mit hoher Auszeichnung vom [440] Könige entlassen war, begleitete ihn bei seinem Fortgange auch die aufrichtige Verehrung und Liebe seiner Mitlehrer und Schüler, sowie die allgemeine Hochachtung seitens aller, denen sein edler Charakter und sein Wirken bekannt geworden waren.

Da er als unverheirathet gebliebener Mann noch von dem Verlangen beseelt wurde, armen Mitmenschen wohlzuthun, nahm er verwaiste Kinder zu sich und sorgte für deren Pflege und Erziehung. Daneben beschäftigte er sich viel mit religiösen Betrachtungen und veröffentlichte mehrere kleine Abhandlungen entsprechenden Inhalts, welche von der Tiefe seines Gemüthes, wie von der Lauterkeit seines Charakters zeugten. Gegen Ende der 70er Lebensjahre hatte das Augenleiden bei ihm so zugenommen, daß er fast erblindet war und sich mehrentheils auf den mündlichen Verkehr mit den Personen seiner Umgebung angewiesen sah. Wenn auch geistig nicht gebrochen, so wurde er durch die mit der Altersschwäche eingetretenen Leiden genötigt, sich der Ruhe zu überlassen und in erhebenden Erinnerungen aus seiner thatenreichen Vergangenheit, wie in frommer Zuversicht die Lichtpunkte für den Rest seiner Tage zu suchen.

Vgl. Dr. Fraas, Geschichte der Landbau- und Forstwissenschaft, ferner Dr. A. v. Lengerke, Landwirthschaftliches Konversationslexikon. Supplementband.