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Artikel „Schwertzer, Sebalt“ von Hermann Arthur Lier in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 33 (1891), S. 436–438, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schwertzer,_Sebalt&oldid=- (Version vom 1. Dezember 2024, 03:45 Uhr UTC)
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Schwertzer: Sebalt S., kursächsischer Factor und kaiserlicher Berghauptmann, † am 7. Januar 1598. Wann und wo S., der am Hofe des Kurfürsten August von Sachsen eine Zeitlang eine große Rolle als Alchemist gespielt hat, geboren war, ist noch nicht ermittelt worden. Wir wissen von seinem früheren Leben nur, daß er viele Jahre lang Factor eines gewissen Johann Machnitzky aus Olmütz war, und daß er seit dem Jahre 1584 von Nürnberg aus, wo er das Bürgerrecht erworben hatte, einen schwunghaften Handel mit Luxuswaaren betrieb. Er lieferte auch Waaren für den sächsischen Hof und erhielt u. a. für sie Erze als Bezahlung angeboten, bei welcher Gelegenheit ihm der Kammermeister Gregor Schilling die aufgehäuften großen Vorräthe an Edelmetallen zeigte. S. benutzte diesen Umstand, um Schilling einen Beweis seiner alchemistischen Künste zu geben, indem er durch Aufstreuen eines schwarzen Pulvers Quecksilber in Silber verwandelte. Kaum hatte Kurfürst August, der nach dem Tode seines Alchemisten David Beuttler um einen Nachfolger verlegen war, von dem Experimente Schwertzer’s durch Schilling Kunde erhalten, als er S. zu sich befahl und von ihm die Ueberlassung des Pulvers und Anleitung zu seinem Gebrauch verlangte. Er ruhte nicht, bis S. auf sein Begehren einging und nach mannichfachen Ausflüchten am 20. September 1584 eine Bestallung als kurfürstlicher sächsischer Factor annahm, welche ihm ein Jahresgehalt von 1200 fl. zusicherte und ihn zum Vertrieb aller kurfürstlichen Waaren, d. h. wohl der sächsischen Landesproducte, verpflichtete. Nur andeutungsweise war von der geheimen Kunst in dem Bestallungsdecrete die Rede. S. suchte zunächst den Kurfürsten dazu zu bestimmen, den sächsischen Zinnbergbau an sich zu bringen und den Preis des Zinnes durch Zurückhalten des Erzes im Interesse seiner Kasse in die Höhe zu treiben. Da diese Maßnahme von zuständiger Seite als unvolkswirthschaftlich verworfen wurde, schlug S. dem Kurfürsten vor, die Zusammenlegung aller Mansfeldischen Bergwerke zu betreiben. Er fand mit diesem Rathe Gehör, obwohl an die Ausführung des Planes erst nach Ablauf der bestehenden Contracte gedacht werden konnte. Weiter ließ sich S. die Förderung der sächsischen Leinenindustrie angelegen sein, für deren Hebung der Kurfürst August von jeher besorgt gewesen war. Durch Herbeiziehen niederländischer Arbeiter wollte er ferner die Sammet- und Seidenfabrikation in Sachsen einführen, und endlich gedachte er, Mittel und Wege zu finden, den Abfluß des kursächsischen Geldes ins Ausland zu verhindern. S. wußte sich durch solche [437] Vorschläge immer mehr in der Gunst des Kurfürsten festzusetzen. In noch weit höherem Grade aber gelang ihm das durch seine alchemistische Thätigkeit, an deren Solidität und Erfolg der Kurfürst bald unbedingt glaubte, wie wir aus seinem Briefwechsel mit Johann Georg von Brandenburg ersehen. Mit Hülfe eines rothen Pulvers stellte S. angeblich aus Quecksilber Gold dar, während er sich zur Gewinnung von Silber aus Quecksilber eines weißen Pulvers bediente. Der für derartige Versuche aufs höchste eingenommene Kurfürst nahm selbst an Schwertzer’s Arbeiten theil, obwohl seine eigenen Experimente nur von mäßigem Gelingen begleitet waren. Er lobte S. so sehr bei Johann Georg von Brandenburg, daß dieser nach Dresden kam, um unter Schwertzer’s Anleitung dieselben Kunststücke zu erlernen. Das gleiche Interesse für Schwertzer’s Tingirpulver, wie die genannten Fürsten, legte auch Johann Friedrich, Administrator des Erzstiftes Magdeburg, und die Kurfürstin Anna an den Tag. Aber während das Ansehen Schwertzer’s bei Hofe von Jahr zu Jahr stieg, fing man im Volke an seiner Redlichkeit zu zweifeln an. Es kam ein Gerücht auf, daß S. gestohlenes Gold dem Kurfürsten als selbstgemachtes ausgegeben habe und deshalb auf dem Hohnstein im Gefängniß sitze. Der Verbreiter dieses Gerüchtes wurde in Leipzig vor Gericht gestellt, indessen wieder freigesprochen, als es sich herausstellte, daß seine Erzählung auf die Aussage eines kurfürstlichen Trabanten zurückzuführen war. Kurfürst August ließ sich jedoch durch diesen Zwischenfall in seinem Vertrauen auf S. nicht irre machen. Er betrieb vielmehr mit aller Energie die Freilassung Schwertzer’s von seiner Nürnberger Bürgerpflicht, da er seine Dienste ganz für sich in Anspruch zu nehmen gedachte. Sein Tod am 11. Febr. 1586 war daher für Schwertzer’s Zukunft verhängnißvoll, denn sein Nachfolger, Kurfürst Christian I., scheint wenigstens anfänglich trotz seiner Hinneigung zu der geheimen Kunst S. mit Mißtrauen begegnet zu sein. Gleichwohl erneuerte er Schwertzer’s Bestallung als Factor durch ein Decret vom 6. Februar 1587 und bezeugte ihm fortwährend sein Wohlwollen. Ebenso war er S. für die Beilegung eines Rechtsstreites über Wechselschulden mit den Kaufleuten Imhof und Welser in Nürnberg behülflich, welcher schon geraume Zeit schwebte und schließlich im Sande verlaufen zu sein scheint. Als einen weiteren Vertrauensbeweis haben wir es anzusehen, daß Christian I. am 25. August 1596 S. zum einzigen und obersten Leiter des Mansfelder Schiefer-Bergwerks zu Eisleben einsetzte. Noch ehe aber die Vorarbeiten für die Entwirrung der dortigen höchst verwickelten Verhältnisse beendigt waren, starb Kurfürst Christian I. Die Administratoren der Kur, Johann Georg von Brandenburg und Friedrich Wilhelm von Sachsen-Weimar, hielten zwar die S. ertheilte Ernennung aufrecht, dieser konnte jedoch die sich ihm entgegenstellenden Schwierigkeiten nicht überwinden und mußte zu Anfang des Jahres 1592 seine Stellung aufgeben. Im Juli desselben Jahres finden wir ihn wieder in Dresden als Factor der Kurfürstin-Wittwe Sophia. Hier hatte er bald darauf einen ärgerlichen Handel mit seinem ehemaligen Geschäftsfreund Johann Machnitzky aus Olmütz auszufechten, der ihn, um Geld zu erpressen, beschuldigte, den Tod der beiden Kurfürsten durch Gift herbeigeführt zu haben. Da sich Kaiser Rudolf für Machnitzky verwendete, kam der gegen diesen von S. eingeleitete Proceß in Dresden nicht zur Entscheidung. Durch eine Verfügung vom 24. Februar 1593 wurde Machnitzky nach Prag entlassen. Gleichzeitig aber gab S., welcher offenbar aus dem Proceß eine Schädigung seines Ansehens in Dresden fürchtete, die sächsischen Dienste auf, um am 19. August 1592 als kaiserlicher Berghauptmann in Joachimsthal in Böhmen eine neue Stellung anzutreten. Unter kaiserlichem Schutze kehrte er sodann nach Dresden zurück, um die von ihm verlangte Rechenschaft abzulegen und seine noch nicht befriedigten Forderungen an die kurfürstliche Kasse zu vertreten. Obwohl [438] die Zeugenaussagen sehr ungünstig für ihn lauteten, und der Verdacht der Veruntreuung der ihm anvertrauten Summen zur Gewißheit erhoben wurde, wußte S., dem es inzwischen gelungen war, die Gunst Kaiser Rudolf’s II. zu gewinnen, die Entscheidung seiner Angelegenheit immer wieder hinauszuschieben, so daß sie noch unerledigt war, als er am 7. Januar 1598 zu Joachimsthal gerade zu rechter Zeit starb, da infolge seiner unsoliden Geschäftsführung auch das Vertrauen der kaiserlichen Behörden gegen ihn wankend zu werden begann. Schwertzer’s Name wurde von seinen Nachfolgern, namentlich von dem durchaus ehrenwerthen Johann Kunkel, mit großer Achtung genannt. Man führte auf seine alchemistische Thätigkeit den reichen, von den Kurfürsten August und Christian I. hinterlassenen Goldschatz zurück. Noch im J. 1718 wurde die alchemistische Abhandlung, durch deren Einreichung er sich dem Kurfürsten August empfohlen hatte, zu Hamburg gedruckt. Sie führt den Titel: „Chrysopoeia Schwaertzeriana. Das ist: Sebaldi Schwaertzers, ehemaligen berühmten Churfürstl. Sächs. Artisten und würklichen Adepti Manuscripta, von der wahrhafften Bereitung des Philosophischen Steins“ u. s. w. Für weitere Studien über S. würden zwei Manuscripte der königl. öffentl. Bibliothek zu Dresden (J. 344 u. K. 298) zu berücksichtigen sein.

Vgl. Hermann Kopp, Die Alchemie in älterer und neuerer Zeit I, 127, 194, 214; II, 344. Heidelberg 1886. – Richard Kell, Sebalt Schwertzer als kursächsischer Faktor und kaiserlicher Berghauptmann (Dissertation). Leipzig 1881.