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Artikel „Schwendimann, Josef“ von Theodor von Liebenau in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 33 (1891), S. 401–403, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schwendimann,_Joseph&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 17:50 Uhr UTC)
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Schwendimann: Josef S. von Ebikon. Geboren am 6. December 1741 als Sohn des Schreiners Josef S., der auch die Stelle eines Rechtsanwaltes und Gerichtschreibers der kleinen luzernischen Landvogtei Ebikon bekleidete, wurde S. von seinem Vater schon in der Wiege zum Gerichtschreiber und Kupferstecher bestimmt. Frühzeitig zum Kalligraphen gebildet, zeichnete S. nach den Arbeiten seines Vaters. Eine Reise nach Rom sollte die weitere Bildung des jungen Mannes abschließen. Allein S. kehrte, weil ohne gehörige Vorbildung, ohne Sprachenkenntniß und nur mit unzureichenden Geldmitteln versehen, bald unbefriedigt nach Ebikon zurück, da er in Rom nicht nach dem Beispiele so vieler seiner Landsleute in die Schweizergarde eintreten und daneben dem Studium der Kunst leben wollte. Er war seinem Vater in der Schreinerwerkstätte wie in der Gerichtskanzlei behilflich. Ein Versuch, bei Götz in Augsburg sich als Kupferstecher auszubilden, mißlang wegen der Größe des geforderten Lehrgeldes oder vielmehr wegen der Kargheit, die Schwendimann’s Vater eigen war (1762). Bei Kaspar Hiltensperger in Zug erlernte S. in einem halben Jahre wenigstens die Kunst des Kupferdruckes. Hierauf begann S. auf eigene Faust Heiligenbilder für Bruderschaften (sog. Monatsbilder zur Decoration der Särge u. s. w.), Zunftdiplome, Landschaftsbilder (Stadt Luzern. Bad Leuck) etc. zu radiren. Nach dem Tode seines Vaters 1765 zum Gerichtschreiber gewählt, verlegte sich S. auf das Graviren von Sigillen, wodurch er in größern Kreisen bekannt und an den berühmten Medailleur Johann Karl Hedlinger in Schwyz gewiesen wurde. Dieser vorzügliche Künstler nahm den begabten S. freundlich auf, ermunterte ihn zur Fortsetzung seiner Arbeiten, führte ihn in das Verständniß der Kunst ein und unterrichtete S. besonders im Bossiren. Leider dauerte der Unterricht bei dem hochbejahrten Hedlinger, bei welchem S. meist die Arbeiten des gefeierten Medailleurs copirte, nur ein halbes Jahr. Durch Hedlinger an Schultheiß am Rhyn und Rathsherr Felix von Balthasar empfohlen, erhielt S. bald Aufträge von Seite der Regierung von Luzern. Er stach eine Reihe von Staatssigillen, [402] Titelköpfe für Officiersdiplome, Wappen der Nuntien, des Stiftes St. Urban (auch Ex libris), zahlreicher Bürger von Luzern, Zürich etc., die durch correcte Zeichnung im Zopfstyle mit denen eines Samson von Basel in Bezug auf Feinheit der Ausführung wetteiferten. Als erste Frucht der nach Hedlinger’s Anleitung ausgeführten Medaillen, dürfte das Prämium für die Schulen von Zug bezeichnet werden. Mit Empfehlungen des Nuntius und des Schultheißen am Rhyn versehen, trat S. im November 1774 seine zweite Romreise an, fest entschlossen, in Rom seinen bleibenden Wohnsitz zu nehmen und sich hier ausschließlich der Kunst zu widmen. Der Erzbischof von Cesarea, die Cardinäle Zelada und Caraffa führten S. bei verschiedenen adeligen Familien ein, die ihre Wappen durch S. stechen ließen.

Allein dem frommen schüchternen Schweizer, der sehr langsam arbeitete, fehlten die angenehmen Umgangsformen, die damals einem fremden Künstler in Rom besonders nothwendig waren. Dadurch gewann er nie einen eigentlichen einflußreichen Protector. Zuerst trat S. in Rom mit seinem Prämium für die Akademie von S. Lucas auf, dessen Revers noch 1845 benutzt wurde. Im Style Hedlinger’s, nach antiken Mustern sich weiter bildend, führte S. eine Reihe päpstlicher Medaillen aus, so jene auf Clemens XIV., nach einem Bilde von Battom, 1777 ohne höhern Auftrag – jene auf Pius VI., in welcher die spottsüchtigen Römer ein Pasquill und eine Anspielung auf die Krönung der Dichterin Corilla entdecken wollten. So hatte S. bei den beiden damals herrschenden Richtungen in Rom sich keiner Gunst zu erfreuen. Dafür fand seine Medaille auf den Bund der Schweiz mit Frankreich (1777) wieder ohne Bestellung, nur als Beweis für die Befähigung erstellt wenigstens im Vaterlande die verdiente Anerkennung; sie trug ihm z. B. ein Geschenk des Rathes von Luzern (240 Gl.) ein. Weniger befriedigte die Denkmünze auf die Schlacht bei Sempach, zu der G. E. v. Haller die Inschrift entwarf (1778). Im Auftrage des Marchese Antici, Ministers des kurpfälzischen Hofes, stach S. die Medaille auf die Vereinigung der Pfalz mit Baiern, und diejenige auf Kurfürst Karl Theodor von Baiern (1777). Unglücklich war S. mit der großen Denkmünze auf König Gustav III. von Schweden mit dem doppelten Revers, da ihm ein Schwindler mit den Stempeln durchbrannte. Enttäuscht durch den Undank des päpstlichen Hofes, von dem er wenigstens eine Anstellung in der päpstlichen Münze erwartet hatte – wie solche zur Zeit seine beiden Landsleute J. P. und P. P. Borner gefunden hatten – schloß sich S. an den Duca Grimaldi an, der als spanischer Ambassador Gelegenheit fand, ihn als Siegelstecher zu beschäftigen (1778). Im Auftrage des Ritters Nicola d’Azzara, spanischen Agenten, führte S. 1779 die Medaille auf Raphael Mengs aus; 1781 die Denkmünze auf die dritte Säcularfeier des Stanser Vorkommnisses. Da diese Arbeiten kaum dem sehr bescheiden lebenden Künstler den nöthigen Lebensunterhalt verschafften, fand sich dieser bewogen, die Stelle eines Verwalters in dem von Josef Helg von Feldkirch gestifteten Kloster der ewigen Anbetung in Rom anzunehmen (1778). Daneben lag S. allerdings noch der Kunst ob, so radirte er das Bild des jüngst heilig gesprochenen Bettlers Josef Labre, dessen Züge er auch in einer Medaille verewigte. Da war es wieder der Cardinal Valenti Gonzaga, der auf Betrieb seiner Freunde in Luzern sich des verkannten Künstlers annahm. 1783 modellirte S. in Ravenna das Bild des Generals der Augustinerchorherren, das zur Decoration des Frontispiz einer Kirche dienen sollte. S. trug seinen Dank ab durch die Medaille auf den Cardinal Gonzaga (1783), der hierauf bei ihm zwei Medaillen auf den Prälaten Castelli ausführen ließ (1784). Für den Großherzog von Toscana schnitt S. den Stempel zu einem Scudo (1784). Noch in Ravenna führte er die Denkmünze auf Herzog Peter von Kurland und das Prämium der Universität Bologna aus. Dagegen befriedigten die beiden hier entworfenen [403] Zeichnungen für die Denkmünze auf die vierte Säcularfeier der Schlacht von Sempach den Rath von Luzern nicht. Dieser sendete ihm 1786 dafür eine von dem berühmten Maler Melchior Wyrsch, Vorstand der Kunstschule in Luzern, entworfene Zeichnung zu einer Standesmedaille. Nach Rom zurückgekehrt, eben im Begriffe nach Vollendung des ihm von seiner Regierung ertheilten ehrenvollen Auftrages seine Braut in Luzern zum Altare zu führen, wurde S. am 24. November 1786 in seiner Wohnung von dem schlesischen Graveur August Wingen, den er oft unterstützt hatte, durch 24 Stiche so verwundet, daß er am 1. December im Spital seinen Wunden erlag. Um ihn trauerten mit seinen Landsleuten der große deutsche Dichterfürst, der gerade in Rom anwesend war, und Chorherr Meyer von Hamburg, der S. in der voyage en Italie zu den größten Künstlern Roms zählte. Der Leichenstein nennt den erst 44 Jahre alten Künstler in incidendis numismatibus nulli secundus. Ohne eigentliche wissenschaftliche Bildung, ohne systematische Einführung in die Kunst hatte S. durch Fleiß bei angebornem Talente unter schwierigen Verhältnissen eine hohe Vollkommenheit als Medailleur und Siegelstecher erlangt. In großem und edlem Stil nach dem Vorgange Hedlinger’s sich bildend, hätte S. unter günstigeren Verhältnissen, geläutert durch das Feuer des Alters, bei beständigem Studium des classischen Alterthums gewiß Schönes leisten können. Der schweizerische Numismatiker Dr. C. F. Trachsel findet die Frauenfiguren Schwendimann’s leicht und zierlich wie die Schäferinnen eines Watteau, den Grabstichel delikat wie derjenige eines Jean Pierre Droz.

F. v. Balthasar, Caspar Josef Schwendimann, in Joh. Caspar Füßlin’s Geschichte der besten Künstler in der Schweiz, Zürich V, 123–127 (mit Bild von S.) – Schweizerisches Museum, Zürich 1787, III, 883–910. – J. J. Holzhalb, Suppl. zu Leu’s Lexikon V, 471–473. – H. Bolzenthal, Skizzen zur Kunstgeschichte der modernen Medaillenarbeit, Berlin 1840. – G. E. Haller, Schweizer Münz- und Medaillen-Cabinet, 1780. – Bulletin de la Société Suisse de Numismatique, Fribourg 1883, II, 10–15, 26–27, 49–61; Revue Suisse de Numismatique, Genève, 1891, 86. – v. Liebenau, Die Schlacht bei Sempach, 1886, 442–443. – A. Inwyler, J. Schwendimann, Freiburg 1883.