ADB:Hedlinger, Johann Karl von

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Artikel „Hedlinger, Johann Karl von“ von Georg von Wyß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 224–227, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hedlinger,_Johann_Karl_von&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 17:30 Uhr UTC)
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Hedlinger: Joh. Karl Ritter v. H., Medailleur, geboren in Schwyz am 28. März 1691, gestorben ebendaselbst am 14. März 1771, empfing seine erste Schulbildung theils in Schwyz, theils im Bolenzer- oder Blegno-Thale im Tessin, wo sein Vater Joh. Baptist H. im J. 1700 obrigkeitlicher Bergwerksaufseher wurde und im J. 1711 starb. Von frühe an mit ungewöhnlicher Lust und Talent sich dem Zeichnen hingebend, begann H. auf eigne Hand, mit Hülfe von Werkzeugen, die er sich selbst bereitete, auch Versuche in der Stechkunst zu machen, und erhielt endlich die väterliche Bewilligung, sich derselben widmen zu dürfen. Zu diesem Ende ließ ihn der Vater, der sich selbst einst als Maler versucht hatte, 1709 bei dem Luzerner Wilhelm Krauer, damals Münzmeister in Sitten, 1710 Münzmeister in Luzern, auch Pächter der Münze des Bischofs von Basel und der Stadt Biel, in die Lehre treten. H. lernte unter Krauer’s Anleitung das Graviren, auch die Kunst des Goldschmieds und Juweliers, in der sich Krauer auszeichnete, schnitt unter dessen Aufsicht luzernische Münzstempel 1710–14, schnitt und prägte im Auftrage seines Meisters Münzen in Mömpelgard und in Pruntrut, Alles zu großer Zufriedenheit seines Vorgesetzten, machte übrigens mittlerweile auch den Krieg der fünf katholischen Orte der Eidgenossenschaft gegen Zürich und Bern im J. 1712 als Freiwilliger mit Lieutenantsrang im luzernischen Contingente mit. Als er in seinem Lieblingsfache nach dem eignen Urtheil des Meisters diesen völlig erreicht hatte, sah er sich nach Gelegenheit zu weiterer Vervollkommnung in seiner Kunst um. Er wandte sich 1717 nach Nancy, um bei dem dortigen geschickten Medailleur Saint Urbain Arbeit und Unterricht zu suchen. Als Unbekannter abgewiesen, beschäftigte er sich in seiner Miethwohnung mit Bossiren; Arbeiten, von denen Saint Urbain zufälliger Weise hörte, die ihn vermochten, H. sofort aufzusuchen und ihm nun günstige Anträge zu machen. H. trat bei ihm ein; als aber Saint Urbain einige Monate später nach Rom zu gehen beschloß und H. einlud mitzukommen, zog H. vor, sich nach Paris zu wenden. Hier öffnete ihm der Besuch der Kunstsammlungen und der Verkehr mit Künstlern, bei denen er sich Zutritt erwarb, eine neue Welt und ergab er sich eifrigem Studium. Insbesondere wurde ihm die Freundschaft der Medailleure Roëttiers und Launay förderlich, und als er für [225] Letztern die Ausführung einiger vom Könige bestellten Medaillen übernahm, fanden seine Arbeiten großen Beifall und wurde H. vom Könige mit dem Geschenk einer goldenen Dose beehrt. Anderthalb Jahre war er in Paris und eben mit dem Gedanken umgehend, nach London überzusiedeln, als ihm 1718 vom schwedischen Gesandten am Pariser Hofe, Baron Görz, der Antrag gemacht wurde, sich einer Zahl von Künstlern anzuschließen, die Görz aus Auftrag König Karls XII. von Schweden für des Letztern Dienst geworben hatte. H. nahm den Vorschlag an, jedoch nicht das angebotene Reisegeld, und machte den Vorbehalt, erst wenn eine Probearbeit von seiner Hand des Königs Gefallen gefunden haben werde, einen Diensttractat einzugehen. Im Herbste 1718 traf H. in Norwegen ein, wo der König weilte, fertigte einen Stempel, der den vollen Beifall desselben erhielt, und Karl XII. sandte ihn nach Stockholm und ließ den Befehl dorthin ergehen, H. alles zu gewähren, um ihn festzuhalten. Zugleich wurde H. an Stelle des kürzlich verstorbenen Arvid Karlstein, eines Schülers von Roëttiers, zum Director der königlichen Münze ernannt. Anfangs auf eine bestimmte Zahl von Jahren lautend, wurde Hedlinger’s Bestallung bald zu einer lebenslänglichen, noch vortheilhafteren umgewandelt, wogegen der Meister versprach, Schüler für des Königs Dienst heranzuziehen. Mit diesem Augenblicke begann für H. eine ebenso ehrenvolle, als glückliche Laufbahn. Zwar verlor er schon am 11. December 1718 durch Karls XII. Tod vor Friedrichshall seinen königlichen Gönner. Aber Karls Tochter[1] und Nachfolgerin, die Königin Ulrike Eleonore, und ihr 1720 zum Könige erhobener Gemahl, Landgraf Friedrich von Hessen-Kassel, erwiesen und bewahrten H. gleiche Huld, wie ihr Vorgänger. Denn schon die ersten größeren Arbeiten, die H. neben seinen Amtsgeschäften nun zur Ausführung brachte, vier Medaillen auf König Karl XII., auf die Krönung seiner Nachfolgerin (17. März 1719), auf diejenige König Friedrichs (3. Mai 1720) und auf den Grafen Arvid Horn, Senatspräsidenten und Reichskanzler (1720), erwarben H. die vollste Anerkennung des neuen Herrscherpaares, der gelehrten und kunstsinnigen Kreise Schwedens. Seine künstlerischen Leistungen, wie die Bescheidenheit, Reinheit und Tiefe seines Wesens gewannen ihm zahlreiche Gönner und Freunde. Bald gesellten sich jenen ersten Arbeiten weitere hinzu und Hedlinger’s Name wurde auch im Auslande mehr und mehr bekannt und berühmt. Schon 1723 suchte Peter der Große, der H. einst in Paris gesehen, den Künstler durch lohnende Anerbieten nach Petersburg zu ziehen. H. lehnte den Ruf ab, wie 1728 einen solchen König Augusts II. von Polen; er war entschlossen, Schweden treu zu bleiben, bis daß ihm vergönnt sein würde, sich in sein Vaterland zurückzuziehen. Wirklich blieb er nun siebenundzwanzig Jahre lang in der ihm gewordenen Stellung, allerdings nicht ohne mehrmaligen längeren Urlaub. 1726 erhielt er einen solchen zum Behufe des Besuches von Italien. Nachdem er kurz zuvor eine schöne Medaille auf Kaiser Karl VI. (1725) vollendet hatte, ging er über Hamburg nach Holland, in die Schweiz, durchreiste dann Italien bis Neapel, wo er in dem Maler Solimena einen Gönner und Freund fand, wandte sich hierauf zu längerem Aufenthalte nach Rom und kehrte schließlich von Venedig aus in Begleit des schwedischen Malers Des Marées, über München, Wien, Prag, Dresden und Kopenhagen nach Stockholm zurück, wo er nach anderthalbjähriger Abwesenheit glücklich wieder eintraf und auch eine ihn bald darauf befallende schwere Krankheit glücklich überstand. Die Reise wurde zu großem Gewinne für Hedlinger’s Meisterschaft. Der Anblick der schönsten Werke des Alterthums veredelte seinen Stil; die Zeichnung und Modellirung seiner Medaillen erhielten die höchste Vollendung; Einfachheit und Kraft des Gedankens und des Ausdruckes wurden seinen, meist der Natur entnommenen Allegorien und den sinnreichen Legenden eigen, [226] mit denen er sie begleitete. Schon in Rom, wo er mit den Malern Trevisani und Ghezi, mit dem Bildhauer Rusconi, mit seinem luzernischen Landsmann, dem ausgezeichneten Kupferstecher J. J. Frey (s. d. Art.; Frey † 11. Januar 1752, nicht erst 1770), mit dem Antiquar Ficoroni u. a. m. Umgang pflog, legte er eine neue Probe seiner Kunst in einer Medaille auf Papst Benedict XIII. ab, der dafür H. mit dem Ritterkreuz des Christusordens beschenkte. In Stockholm entstand nun eine der schönsten Arbeiten Hedlinger’s, eine Medaille, die auf dem Avers seine eigene Büste (antik gehalten; ohne Namen), auf dem Revers eine mit Helm und Speer der Minerva bewaffnete Eule und in griechischen Uncialen die Umschrift: ΛΑΓΟΜ zeigt. Die unvergleichliche Ausführung des Bildnisses und die räthselhafte, anscheinend dem Griechischen entnommene Inschrift soll Veranlassung gegeben haben, daß das Stück für eine antike Medaille gehalten und über die Auslegung der Legende gestritten wurde, bis der Künstler selbst mit der Erklärung des Bildnisses und der Inschrift hervortrat, welch’ letztere nur das schwedische Wort lagom (= maßhaltend, schlecht und recht), Hedlinger’s Wahlspruch, repräsentirte. Mit vollem Eifer aber wandte sich H. wiederum Arbeiten zu, die auf Schweden und dessen Geschichte Bezug hatten. Neben neuen Medaillen auf das regierende Königspaar, auf hervorragende Männer des Landes, Stiftungen u. a. m. fertigte er nun auch eine Reihenfolge von Bildnissen aller Könige von Schweden an, die mit Biörn I. beginnt, unter welchem das schwedische Volk zum Christenthum bekehrt worden, und bis auf König Friedrich reicht. H. selbst führte Nr. 1. und Nr. 30–56 (letzte Nummer) dieser Serie aus; Nr. 10–29 wurden unter seiner Aufsicht von seinem Schüler Daniel Fährmann nach Zeichnungen von H. ausgeführt; Nr. 2–9 dagegen kamen aus Mangel geeigneter Vorlagen nicht zur Ausführung. Einen zweiten Urlaub erhielt H. zum Zwecke seines Aufenthaltes in Petersburg, wo die Kaiserin Anna von Rußland ihn zu sehen wünschte und bis 1737 festhielt. H. verewigte ihr Bildniß auf einer schönen Medaille. Dagegen folgte er einer zweiten Einladung an den russischen Hof nicht, als 1741 die Regentin Anna von Braunschweig und dann die Kaiserin Elisabeth ihn verlangten; wol aber fertigte er nach einem ihm von Letzterer übersandten Porträt den Avers einer Medaille mit Elisabeths Bildniß; indessen wurde diese Arbeit nie publicirt. Um dieselbe Zeit erhielt H. übrigens wieder einen längeren Urlaub zum Besuche seiner Heimath, vermählte sich daselbst 1741 und brachte theils in Schwyz, theils auf einer Reise in Deutschland, wo König Friedrich der Große ihn in Berlin ehrenvoll aufnahm und, obwol vergeblich, durch glänzende Anerbietungen für sich zu gewinnen versuchte, theils in Freiburg in der Schweiz beinahe drei Jahre zu. Erst 1744 kehrte er, allein, nach Stockholm zurück; seine Gattin, aus dem alten schwyzerischen Geschlechte der Schorno stammend, blieb in der Schweiz. Neue Gunstbezeugungen wurden ihm in Stockholm zu Theil; er erhielt den Titel eines Hofintendanten und wurde zum Mitgliede der königlichen Akademie der Wissenschaften ernannt. Allein sein Sinn stand nach der Heimath; er erbat sich daher den ihm in ehrenvollster Weise gewährten Abschied und auf seinen Wunsch wurde Fährmann zu seinem Nachfolger als Director der königlichen Münze ernannt. Im November 1745 verließ H. Stockholm. Seine vorausgesandte Medaillensammlung, Bibliothek und übrigen Besitzthümer, in einem Schiffbruche untergegangen, mußten aus Meeresgrund wieder heraufgeholt werden. Am Neujahrstage 1746 traf er in Freiburg ein, siedelte dann aber nach Schwyz über, wo er fortan die letzten fünfundzwanzig Jahre seines Lebens, mit Unterbruch durch kleinere Reisen, in stiller Zurückgezogenheit, aber ununterbrochener künstlerischer Thätigkeit und brieflichem Verkehr mit Freunden und Berufsgenossen, im In- und Auslande, zumal in Schweden, zubrachte. Eine große Anzahl [227] schönster Arbeiten gingen in diesem Zeitraume aus Hedlinger’s Händen hervor: Medaillen auf gekrönte Häupter und Fürsten, auf Friedrich den Großen, Maria Theresia, König Georg II. von England, Landgraf Wilhelm VIII. von Hessen-Kassel; Medaillen auf schwedische Staatsmänner und Gelehrte; eine Preismedaille zu Handen der Akademie der Wissenschaften in Berlin; die große Verdienstmedaille der Republik Bern; eine Jubiläumsmedaille des Klosters Einsiedeln (1761) u. a. m. Auch den Seinigen widmete H. solche Denkmale. Seine Vermählung (1741) hatte er durch eine Medaille mit seinem und seiner Frau Bildnisse gefeiert. Als ein früher Tod ihm schon 1755 die Gattin wieder entriß, widmete er ihrem Andenken eine seiner schönsten Arbeiten. Ebenso 1761 der Vermählung seiner einzigen Tochter mit dem schwyzerischen Landammann J. Jos. Victor Laurenz Hedlinger, dem Sohne seines älteren Bruders. Den Seinen, Gönnern und Freunden in Schweden und Lieblingsgedanken galten die letzten Arbeiten des greisen Künstlers: 1765 die schönste Medaille auf König Karl XII., deren Revers aber nicht mehr zu Stande kam und die nicht publicirt wurde; 1766 das Bildniß seiner Tochter; 1771 ein zweiter Revers zur Medaille ΛΑΓΟΜ und eine (dritte) Medaille auf den schwedischen Senatspräsidenten und Reichskanzler Graf Karl Gustav Tessin („manu licet debili sculpsit octogenarius J. C. H.“), – beide letztgenannte Stücke noch nicht vollendet, als am 14. März 1771 Hedlinger’s Leben erlosch. Sein Haus, in dessen bescheidener aber sinniger Ausstattung sich des Künstlers ganzes Wesen ausprägt, die kostbaren Geschenke fürstlicher Gönner, die reiche Medaillensammlung, die Zeichnungen und die Correspondenz Hedlinger’s gingen durch seine Tochter auf deren Nachkommen über, die (einer Sage von der Abstammung der Familie H. von den einstigen Rittern von Hettlingen unweit Winterthur folgend) den Namen von Hettlingen annahmen und führen. Die in ihrer Art einzige Sammlung, noch jetzt in ihrem Besitze, gereicht Hedlinger’s Geburtsstätte Schwyz zu großer Zierde. Ihr Anblick erfüllt ebenso sehr mit hoher Achtung vor dem Charakter des trefflichen Mannes, dessen tiefes Gemüth, Bescheidenheit und treuester Fleiß aus allem spricht, was seine Hand berührte, wie mit Bewunderung seiner künstlerischen Meisterschaft. Im J. 1764 beabsichtigte der Zürcher Joh. Caspar Füßli ( s. d.) Abbildungen der Medaillen von H. in Umrissen, begleitet von einem Leben Hedlinger’s herauszugeben, nachdem er hiezu nicht ohne Mühe Hedlinger’s Einwilligung erhalten hatte. Allein das Werk kam nicht zu Stande. Dagegen gab Christian v. Mechel 1776 eine Sammlung von Hedlinger’s Medaillen in Kupferstich, begleitet von einer Biographie Hedlinger’s nach Füßli’s Zeichnungen heraus, und 1781 publicirte J. J. Hayd in Augsburg Hedlinger’s Medaillen, in Schwarzkunst geschabt, nach Füßli’s und dessen Sohnes J. Rudolf Füßli’s Zeichnungen.

J. Casp. Füeßlins Geschichte der besten Künstler in der Schweiz, 3. Bd., Zürich 1770. – Mechel, Chrétien de, Oeuvre du Chevalier Hedlinger ou receil des médailles de ce célèbre artiste, gravées en taille douce, 4. Basle 1776. – Kurze Erklärung der Medaillen des Ritters H. Nebst Nachricht von seinem Leben. Nürnberg 1780. – Hedlinger, Medaillenwerk, gezeichnet von Füßli, gestochen von Hayd. Fol. Augsburg 1781. – J. H. Füßli, Allgem. Künstlerlexikon. Zweiter Theil. Dritter Abschnitt. (Art. Hayd, J. Elias, u. Hedlinger. S. 524 u. 525.) Fol. Zürich 1806–24.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 225. Z. 21 v. o. l.: Karls Schwester (st. Tochter). [Bd. 11, S. 795]