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Artikel „Hedio, Kaspar“ von Georg Eduard Steitz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 223–224, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hedio,_Kaspar&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 15:49 Uhr UTC)
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Hedio: Kaspar H. (Heid), Theologe und Mitbegründer der Reformation in Straßburg, geboren 1494 in Ettlingen in Baden, wurde 1518 in Freiburg zum Magister, 1519 in Basel zum Licentiaten der Theologie befördert, an welchen Hochschulen er studirt hatte. In Basel gewann er Capito, in Einsiedeln Zwingli, den er predigen hörte und mit dem er bis zu dessen Tode correspondirte, zwei ältere Männer, zu Freunden; der Eifer, womit er sich der Verbreitung der lutherischen Schriften annahm, brachte ihn zu den Wittenberger Reformatoren in nahe Beziehung. Nach kurzer Thätigkeit als Caplan und akademischer Docent in Basel wurde er auf Betrieb Capito’s, der seit 1520 die Stelle eines Hofpredigers und geistlichen Rathes am kurfürstlichen Hofe Cardinal Albrechts bekleidete, gleichfalls nach Mainz berufen, erwarb hier den Doctorgrad der Theologie und wurde nach Capito’s Rückkehr nach Straßburg im Frühjahr 1523 dessen Nachfolger als Hofprediger. Im Herbste desselben Jahres erfolgte seine Berufung als Domprediger in Straßburg; da aber auch Capito sich auf diese Stelle Rechnung gemacht hatte, wurde das Verhältniß der beiden Freunde getrübt, zumal sich H. nun um so enger an den Juristen und Humanisten Nicolaus Gerbel anschloß, der, ein entschiedener Lutheraner, den Zwischenträger zwischen Straßburg und Wittenberg abgab und Luther’s altes Mißtrauen gegen den vermeintlichen Fürstendiener Capito nährte. Trotz dieser Verstimmungen konnte sich H. nicht von den ersten Begründern des Reformationswerkes in Straßburg trennen, sondern unterstützte mit Treue Zell, Capito und Bucer. Schon diese persönliche Stellung, in welcher er zu den divergirenden Richtungen stand, bezeichnet ihn als friedfertigen Vermittler. Dem entsprach sein Wirken. Mit den Straßburgern und Schweizern ist auch er 1529 nach Marburg zum Religionsgespräche gezogen, mit Bucer und Melanchthon hat er gemeinsam an der Kölner Reformation 1543 gearbeitet, aber an dem leidenschaftlich geführten Abendmahlsstreit hat er ebensowenig Theil genommen, als an der diplomatischen Transaction, durch welche vornehmlich Bucer denselben zu beschwichtigen suchte. Seinen eignen Standpunkt in dieser Frage hat er 1534 in einem Briefe an den Memminger Prädicanten Franz Irenicus in dem Geständnisse dargelegt: es sei gefährlich über göttliche Dinge zu streiten; man solle die Einsetzungsworte der Schrift gläubig annehmen und nicht Fragen erörtern, über welche die Apostel selbst nur mit der größten Zurückhaltung sprächen. H. war vor allem praktischer Theologe: als Prediger zeichnete er sich in einer stürmischen Zeit durch eine Sanftmuth und Anmuth aus, die ihm alle Herzen gewann und seine Predigten zu den besuchtesten der ganzen Stadt machte. Wenn es nichtsdestoweniger die Synode 1533 rügte, daß er sich auf der Kanzel bisweilen allzuscharfer Ausdrücke bediene, so beweist diese Ausstellung nur, daß er trotz seiner Mäßigung an den kirchlichen Schäden des Gemeindelebens nicht gleichgültig vorüberging. Mit dem trefflichen Johannes Sturm nahm er sich des Schulwesens thätig an und hat zu dessen Blüthe wesentlich beigetragen. Mit Vorliebe betheiligte er sich an den Vorlesungen, welche von Capito und Bucer zur Heranbildung junger evangelischer Geistlicher gehalten wurden und die später in das Thomasstift verlegt die Wurzel bildeten, aus denen die Straßburger Hochschule erwuchs. Die litterarische Frucht dieser Thätigkeit sind die von ihm herausgegebenen „Praelectiones“ über das 8. Capitel des Evangeliums Johannis und den Römerbrief. Seinen Bemühungen verdankte Straßburg die Verwendung des eingezogenen Wilhelmsklosters zu einem Studienstifte, in welchem arme Gymnasiasten und Studenten [224] freie Wohnung und Verköstigung fanden. Mit derselben Hingebung unterzog er sich überhaupt der Armenpflege, deren Organisation in Straßburg vornehmlich sein Verdienst war. Der Abend seines Lebens wurde ihm vielfach verkümmert. In Capito, der im October 1541 der Pest erlag, brach ein starker Pfeiler der Kirche, 1548 schied auch der alte Zell von seiner zeitlichen Arbeit, das Interim traf die Ueberlebenden mit hartem Schlag: Bucer flüchtete verbannt nach England und starb am 28. Februar 1551, H. büßte seine Weigerung das Chorhemd anzulegen mit dem Verluste seiner Dompredigerstelle und mußte sich mit der Nachmittagspredigt in der Neuen Kirche begnügen – aber seine Kräfte waren gealtert, einsam stand er unter einem jüngeren Geschlechte, der letzte Repräsentant von Straßburgs glanzvollen Erinnerungen im 16. Jahrhundert: am 17. October 1552 fiel auch er der Pest zum Opfer in Folge der Anstrengungen, die er sich an den Krankenbetten zugemuthet hatte, tiefbedauert von den Besten seiner Zeit, die in ihm einen unersetzlichen Zeugen der Wahrheit geehrt hatten. Litterarisch hat sich H. bethätigt durch seine Uebersetzung der Kirchengeschichte des Eusebius, sowie einiger Tractate des Augustin, Ambrosius und Chrysostomus, die er zur Belehrung der Gemeinde ausgearbeitet, ferner durch seine Ausgabe des „Chronicon Urspergense“, das er von 1230–1537 fortgeführt, und durch sein „Chronicon Germanicum oder Beschreibung aller alten christlichen Kirchen“ bis 1545. Am 30. Mai 1524 hatte er sich mit einer Straßburger Gärtnerstochter Margaretha Dreeß verheirathet.[1]

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 224. Z. 21 v. o. hinzufügen: Spindler, Hedion. Strassburger Diss. 1864. – Himmelheber, Hedion (Abdruck aus den Studien der evangelischen Geistl. Badens). Karlsruhe 1881. [Bd. 33, S. 796]