Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Schultz, Johann Karl“ von Rudolf Bergau in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 717–722, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schultz,_Johann_Karl&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 09:02 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 32 (1891), S. 717–722 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Johann Karl Schultz in der Wikipedia
Johann Karl Schultz in Wikidata
GND-Nummer 117192759
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|32|717|722|Schultz, Johann Karl|Rudolf Bergau|ADB:Schultz, Johann Karl}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117192759}}    

Schultz: Johann Karl S., Architekturmaler, wurde am 5. Mai 1801 zu Danzig geboren, woselbst sein Vater ein geachteter Kaufmann war. Ihm gehörte ein Haus in der Jopengasse, dasselbe, dessen malerischen Hausflur S. auf dem letzten Blatte seines großen Werkes über Danzig in seinem alten Zustande dargestellt hat. Der Vater starb schon fünf Jahre nach der Geburt des Sohnes. Da der letztere Neigung und Anlagen für die bildende Kunst zeigte, legte die liebevolle Mutter seinem sehnlichen Wunsche, Künstler zu werden, kein Hinderniß in den Weg. S. besuchte zuerst die Kunstschule seiner Vaterstadt und erhielt von dem verdienstvollen Director derselben, Prof. Adam Breysig, den ersten, für sein ganzes Leben bestimmenden Unterricht im Zeichnen. Im J. 1820 begab er sich sodann nach Berlin, wo er die Kunstakademie, damals unter Leitung des [718] berühmten Bildhauers Joh. Gottfr. Schadow, besuchte, zuletzt auch im Atelier des besonders durch sein Lehrbuch der Perspective bekannten Prof. Hummel malte. Schon jetzt zeigte S. besondere Vorliebe für Landschaften und Architektur, copirte zunächst einige Bilder von Schinkel. Da er, als Schüler Breysig’s und Hummel’s, besonderes Gewicht auf perspectivisch richtige Zeichnung legte, widmete er sich bald ganz der Architekturmalerei, einem damals noch wenig angebauten Felde. Seine erste Studienreise machte S. in Gesellschaft des Malers Blechen nach Dresden und Meißen. Im J. 1823 ging er dann durch den Harz über Kassel, Bayreuth und Nürnberg nach München, wo er sich enge an den damals schon berühmten Architekturmaler Domenico Quaglio anschloß und unter seiner Leitung sich weiter ausbildete. Hier malte er seine ersten selbständigen Bilder, innere Ansichten des Domes zu Meißen, der Elisabethkirche zu Marburg, des Domes zu Regensburg u. a. Im Herbste des Jahres 1824 ging S. dann, mit einem jährlichen Reisestipendium von 150 Thaler von Seiten der „Westpreußischen Friedensgesellschaft“ versehen, in Gesellschaft von C. Grüneisen, später Oberconsistorialrath in Stuttgart, durch Tirol nach Italien. Ueber Mailand, Mantua, Bologna, Florenz und Siena eilte er zunächst nach Rom, das ihn am meisten anzog und fesselte. Hier fand er die würdigsten Gegenstände für seine Kunst im Ueberfluß. Aber gerade diese Masse wirkte so drückend auf ihn, daß er zwar Studien zeichnete, jedoch zu einem selbständigen Werke vorerst nicht kam.

Auf der Durchreise hatte der großartige Dom von Mailand mit seiner reichen Architektur von Marmor so großen Eindruck auf den jungen Künstler gemacht, daß er nach Mailand zurückkehrte, an und in dem Dome Vieles zeichnete und dann, nach Rom zurückgekehrt, eine innere Ansicht desselben malte, welche großes Aufsehen erregte, ihm die Achtung der damals in Rom lebenden Künstler erwarb und seinen Künstlerruf begründete. S. schickte dieses Bild, nebst einer Ansicht des Campo Vaccino zu Rom, im J. 1826 auf die akademische Ausstellung nach Berlin. Auch hier fand es allgemeinen Beifall. Der Kronprinz, später König Friedrich Wilhelm IV., kaufte es, und der schon damals eifrig sammelnde Consul Wagner in Berlin bestellte eine Wiederholung desselben. S. malte sie, jedoch von einem anderen Standpunkte aus. Als dieses zweite Bild auf der Berliner Ausstellung erschien, wünschte König Friedrich Wilhelm III. die Erwerbung desselben. Der Consul trat daher zurück und erhielt dafür später eine verkleinerte Wiederholung des ersten Bildes, sowie ein zweites kleineres Gemälde, eine Partie auf dem Dache des Mailänder Domes darstellend. Beide Bilder befinden sich jetzt in der Nationalgalerie zu Berlin. Einige Jahre später bestellte und erhielt der Commerzienrath Heidfeld in Danzig abermals eine Wiederholung des ersten Bildes, sowie ein Pendant dazu, eine innere Ansicht des Münsters zu Straßburg.

S. blieb vier Jahre (1824–28) in Italien, weilte meist in Rom, besuchte mit Wilhelm Zahn und Julius Schnorr v. Carolsfeld aber auch Neapel und Sicilien und sammelte einen großen Schatz von Zeichnungen. Besonders ausgezeichnet unter seinen Studien ist ein im J. 1828 gefertigtes, 5 Meter langes, mit großer Sorgfalt in Wasserfarben ausgeführtes Panorama von Rom, gesehen aus den Farnesischen Gärten auf dem Palatin, meisterhaft in der Zeichnung und von bewundernswürdiger Wahrheit in der Farbe. Nach dieser Originalstudie, welche sich jetzt im Besitz der Frau v. Brünneck auf Belschwitz in Westpreußen befindet, führte S. mehrere große Oelgemälde aus, von denen das erste vollständige Exemplar Eigenthum des Gutsbesitzers Albers auf Traupel in Westpreußen ist, die anderen nach England kamen.

Aus Italien in das deutsche Vaterland zurückgekehrt, ließ S. sich in Berlin nieder, heirathete eine Danzigerin und malte fleißig, so auf Bestellung Schinkel’s [719] für den Kunstverein, eine Hälfte des erwähnten Panoramas von Rom, das später in Bunsen’s Besitz kam, eine innere Ansicht der neuen Werder’schen Kirche in Berlin für den Kronprinzen, den Hof der Burg Hohenzollern für den Fürsten von Hohenzollern, eine Gesammtansicht von Siena, gesehen von S. Domenico aus, für den Oberhofbuchdrucker v. Decker in Berlin und Anderes.

Im J. 1830 wurde S. als Lehrer der Perspective und Schattenconstruction an der damals durch Beuth und Schinkel neu organisirten allgemeinen Bauschule, der späteren königl. Bauakademie angestellt. Doch hat er dieses Amt gar nicht angetreten, denn schon im folgenden Jahre 1831 berief seine Vaterstadt Danzig, nach dem am 29. August 1831 erfolgten Tode A. Breysig’s, ihn zur Leitung der dortigen Kunstschule. S. folgte gern dem ehrenvollen Rufe, wurde zum Professor und Director dieser Schule ernannt und siedelte im J. 1832 nach Danzig über, wo er bis zu seinem Tode eine segensreiche Thätigkeit als Lehrer, als ausübender Künstler und als Bewahrer und Beschützer der älteren Kunstwerke seiner ehrwürdigen Vaterstadt, deren Werth er durch den Vergleich mit dem, was er im übrigen Deutschland und in Italien gesehen, erst recht schätzen gelernt, ausgeübt hat. Doch folgte er unterdeß, im J. 1839, noch einmal dem allgemeinen Zuge der Künstler nach Rom, wo er diesmal, durch sein Amt gebunden, nur sieben Monate verweilen konnte. Während dieses zweiten Aufenthalts in Rom malte er direct nach der Natur wieder mehrere größere Bilder, u. A. vier verschiedene innere Ansichten der Lateranischen Basilika, eine Ansicht des Colosseums, eine Ansicht der Vigna Barberini, eine Ansicht der Fontana delle Tarlarughe, mehrere Ansichten von Ancona u. A. – Alle übrige Zeit weilte der Künstler, einige kleine Ausflüge in benachbarte Städte, wie Königsberg, Frauenburg, Marienburg abgerechnet, stets in Danzig und verwaltete mit größter Gewissenhaftigkeit und bestem Erfolge sein Amt. Unter seinen Schülern sind mehrere später zu hohen Ehren gelangt.

Auch in Danzig malte Professor S. sehr fleißig, theils Motive aus Italien, wie das Innere des Doms von Orvieto, eine Ansicht von Neapel, eine andere der Gräberstraße zu Pompeji, eine Ansicht von Agrigent, der Piazza del Granduca zu Florenz für den Kronprinzen, theils aus Deutschland, wie das erwähnte Intérieur des Münsters zu Straßburg, das Innere des Doms zu Köln, das Innere des Münsters zu Freiburg für den Kronprinzen und das Innere des Münsters zu Ulm und aus seinem engeren Vaterlande, dem ehemaligen Ordenslande Preußen und speciell aus Danzig. Unter den letzteren sind hervorzuheben eine Ansicht des herrlich am hohen Ufer des frischen Haffs gelegenen Doms zu Frauenburg, dann 1835 im Auftrage des Kronprinzen, als Geschenk desselben an den Bischof von Ermeland Prinzen Joseph v. Hohenzollern gemalt, eine innere Ansicht desselben Doms, worin als Staffage die Weihe des Bischofs mit den Porträts aller Domherren dargestellt ist, eine innere Ansicht des Doms zu Königsberg für den König und wiederholt für die städtische Gemäldegalerie zu Königsberg, eine Gesammtansicht von Danzig, welche den großen Saal des Rathhauses in Danzig schmückt, eine innere Ansicht der schönen Sommerrathsstube im Rathhause zu Danzig, das Innere der Kirche des heiligen Nicolaus zu Danzig, das Innere des Artushofes in Danzig für König Friedrich Wilhelm III. und wiederholt für Herrn Albers und manches Andere. Viele Bilder kaufte König Friedrich Wilhelm IV., welcher bekanntlich ein besonderes Interesse für Architektur hegte. Diesem kunstsinnigen Fürsten einen großen Theil seines Erfolges und seines Rufes schuldig zu sein, hat Professor S. stets dankbar anerkannt.

Lange Zeit fesselte den Künstler fast ausschließlich das Schloß Marienburg. dessen würdige Restauration aus tiefstem Verfall, wesentlich infolge eines Nothschreies Max v. Schenkendorf’s, wir besonders der unermüdlichen Thätigkeit des [720] Staatsministers v. Schön verdanken. Schön zog bei Ausführung dieses Restaurationsbaues nämlich nicht nur Architekten, sondern auch Gelehrte und Künstler und unter ihnen besonders S., mit dem er bald innig befreundet wurde, zu Rathe, S. malte sechzehn verschiedene innere und äußere Ansichten des Schlosses Marienburg in Aquarellfarben, theils in Skizzen, theils sorgfältig ausgeführt, jetzt im Schloßarchive zu Marienburg, nach welchen König Friedrich Wilhelm IV. große Oelgemälde bestellte. Zwei dieser Gemälde hat Withöfft vortrefflich in Kupfer gestochen. Zwei andere innere Ansichten der Marienburg, welche der Künstler selbst auf Holz gezeichnet, befinden sich in Witt’s kleinem Buche über die Marienburg.

Ganz besondere Sorgfalt widmete Professor S. – wie er sich zum Unterschiede von den vielen anderen Männern gleichen Namens in Danzig stets nannte – den malerisch, architektonisch und historisch bedeutsamen Denkmälern seiner Vaterstadt Danzig, welche damals, als S. dahin zurückkehrte, noch in der vollen Pracht ihrer höchst malerischen, alterthümlichen Schönheit stand. Er hat eine große Anzahl Prospecte aus Danzig, äußere und innere Ansichten der wichtigsten Gebäude und selbst genaue Aufnahmen einiger derselben gezeichnet und infolge einer Anregung durch König Wilhelm I. von Württemberg mit großer Sorgfalt selbst in Kupfer radirt und mit einem sehr werthvollen erläuternden Text versehen, nach und nach in den Jahren 1845–68 in drei Folgen unter dem Titel: „Danzig und seine Bauwerke in malerischen Originalradirungen“ publicirt. Dieses Werk enthält in großen Radirungen eine fast vollständige Schilderung einer unserer schönsten älteren deutschen Städte, und ist als das eigentlichste Lebenswerk des Künstlers zu bezeichnen. S. wählte dafür die kostbare, aber alt bewährte und edle, damals (1842), als er sein Werk begann, lange vernachlässigte Technik der Radirung auf Kupfer, weil sie durch und durch Arbeit des Künstlers ist, in jedem Striche die Originalzeichnung desselben getreu reproducirt. Diese Blätter fanden bei allen Kennern den verdienten Beifall, denn sie sind stets echt künstlerisch aufgefaßt, malerisch behandelt und trefflich durchgeführt, wurden aber vom großen Publicum sehr kühl aufgenommen. Da der Künstler sein Werk im Selbstverlage herausgab, deckten die Einnahmen dafür – ein guter Künstler ist in der Regel ein schlechter Kaufmann – kaum die baaren Auslagen. Aber trotzdem hat er aus Liebe zur Sache, unter persönlichen Opfern mit Begeisterung daran gearbeitet und dadurch in der That sich ein Denkmal geschaffen, dauerhafter als Stein oder Erz, welches seinen Namen für alle künftigen Zeiten mit seiner schönen Vaterstadt verbinden wird.

Trotz des geringen äußeren Erfolges ließ der stets rege Geist und der unbezwingliche Schaffenstrieb den Künstler auch nach dem Abschlusse seines großen Werkes nicht ruhen, sondern drängten ihn, noch ein neues Werk zu unternehmen, welches unter dem Titel: „Tutti frutti“ eine Sammlung verschiedener, kleinerer und größerer Ansichten aus Danzig, Hela, Oliva, aber auch aus Ulm, Rom, Sicilien etc. ebenfalls in malerischen Radirungen enthalten sollte. Er benutzte dafür theils ältere Zeichnungen, welche er auf seinen Studienreisen gesammelt, theils solche, welche er in allerneuester Zeit in Danzig selbst und dessen Umgebung speciell für diesen Zweck gefertigt hatte. Er hatte dieses Werk auf 3 Hefte zu je 6 Blatt angelegt, wurde jedoch an der völligen Ausführung seines Vorhabens durch Krankheit gehindert, so daß er es mit 12 Blatt, welche erschienen sind, abschließen mußte.

Neben seinen künstlerischen Arbeiten, bei welchen er abwechselnd den Pinsel mit der Radirnadel vertauschte, war er aber auch eifrig bestrebt, den Sinn für Kunst und Wissenschaft unter seinen Mitbürgern zu erwecken, zu heben und zu nähren. Er stiftete im J. 1835 den Danziger Kunstverein, hielt mehrere Vorträge, [721] so im J. 1841 „über alterthümliche Gegenstände der bildenden Kunst in Danzig“, welcher in einem besonderen (jetzt seltenen) Hefte gedruckt, einen Ueberblick über die gesammte Kunstgeschichte Danzigs gibt und noch heute die bedeutendste Arbeit auf diesem Gebiete ist, „über Schinkel’s Beziehungen zu Danzig“ u. A. Besondere Aufmerksamkeit widmete er der Erhaltung der alterthümlich malerischen Schönheit Danzigs; die alten Häuser mit ihren hohen, reich geschmückten Giebelfronten, ihren von Bäumen beschatteten Beischlägen, ihren großen, hohen Hausfluren mit reich geschnitzten Wendeltreppen, ihren großen Prachtschränken etc., die Zimmer mit ihren vertäfelten Wänden und Holzdecken und vieles Andere, das in den dreißiger Jahren noch zahlreich genug aus alter Zeit sich erhalten hatte, stehen mit den Bedürfnissen der modernen Menschen meist nicht in Einklang, werden daher zerstört oder in unschöner Weise modificirt; die alten Vertäfelungen, Möbel und Kunstwerke ins Ausland verkauft etc. Kurz, es entwickelte sich in friedlicher Weise eine systematisch durchgeführte Plünderung der Stadt. Solches Vorgehen mußte einen Mann, wie Professor S., welcher voll Pietät für das Ueberlieferte, voll Ehrfurcht vor dem historisch Geweihten war und ein stets offenes Auge für alles künstlerisch Schöne hatte, mochte es einer Periode angehören, welche es auch sei, stets schmerzlich berühren. Er suchte auf allerlei Weise, durch Wort, Schrift und Bild, durch Belehrung und Ueberredung, auf gutem und oft auf bösem Wege, diesem Vandalismus entgegen zu arbeiten. Im J. 1856 stiftete er sogar, indem er eine Anzahl gleichgesinnter Männer zu gemeinsamem Arbeiten zusammen berief, einen „Verein zur Erhaltung der alterthümlichen Kunstwerke Danzigs“, welcher segensreich gewirkt, manches Gute erzielt hat, u. A. auch eine große Anzahl Abbildungen zerstörter Bauwerke oder verkaufter Kunstwerke auf seine Kosten anfertigen ließ. Aber schließlich half Alles nichts mehr. Der meist nur auf das Neue, nur höchst selten auf das künstlerisch Schöne oder Bedeutsame gerichtete Sinn der meisten Bewohner Danzigs – es gibt sehr rühmliche Ausnahmen, welche mit ihren Ansichten jedoch nicht durchdringen können – kam seinen Wünschen nur ausnahmsweise entgegen. So rührig S. auch gewirkt, so Manches er auch erreicht, so mußte er zu seinem großen Schmerze doch sehr viele historisch und künstlerisch werthvolle Gegenstände, welche selbst bei den gegenwärtigen Bedürfnissen sehr wohl zu erhalten gewesen wären, zerstören oder ins Ausland verkaufen sehen. Er zog sich daher schließlich, durch seine vielen Mißerfolge entmuthigt, durch den fortwährenden Kampf ermüdet, zurück. Vieles von dem, was im Original nicht zu erhalten war, hat S. wenigstens in Abbildung der dankbaren Nachwelt erhalten.

S. führte in seiner echt künstlerisch schön und anheimelnd eingerichteten kleinen Wohnung in der „Halle“ am Langgassenthor ein überaus glückliches Familienleben, war stets heiter und gern in Gesellschaft gleichgesinnter Personen. Er liebte Kunst, Poesie, Musik, war für alles Schöne empfänglich und stets bereit, das Gute in Werken Anderer anzuerkennen, Bestrebungen Anderer zu fördern. Ein harter Schlag für ihn war es, als der Tod ihm im Frühling 1867 seine treffliche Gattin raubte. Seit jener Zeit scheint er seines Lebens nicht mehr recht froh geworden zu sein. Er lebte, gepflegt von seinen Töchtern, nur noch der Kunst, hatte aber auch an der Malerei keine rechte Freude mehr, arbeitete dafür desto fleißiger an den Tafeln seines Werkes Tutti frutti, das seine Erinnerungen an Italien wieder lebhafter machte. Da traf ihn im October 1870 ein neuer harter Schlag, der härteste für einen an unablässige Thätigkeit gewöhnten Künstler, indem ihm die rechte Hand gelähmt wurde, so daß er fortan nicht mehr die Radirnadel führen konnte. Die letzten Platten seiner Tutti frutti hat er nothdürftig mit der linken Hand vollendet.

[722] Bald darauf verkaufte S. in öffentlicher Auction alle seine Studien und Skizzen und alle jene werthvollen älteren Kunstwerke, welche er seit Jahren zum Schmuck seiner Wohnung und seines Ateliers gesammelt hatte, und legte endlich am 31. December 1872 sein Amt nieder.

Nachdem dem Künstler die gewohnte Thätigkeit unmöglich geworden war, verloren Körper und Geist ihre frühere, so lange bewährte Spannkraft. Bald traten noch andere Leiden hinzu, die ihn verhinderten, das Bett zu verlassen und schließlich seinem thatenreichen Leben am 12. Juni 1873 ein Ende machten. Am Morgen des 16. Juni wurde er auf dem Heilig-Leichnam-Kirchhofe an der Seite seiner trefflichen Gattin bestattet.

R. Bergau in der Kunstchronik 1873, Nr. 39.