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Artikel „Sayer, Paul“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 36 (1893), S. 765–766, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sayer,_Paul&oldid=- (Version vom 10. Oktober 2024, 01:44 Uhr UTC)
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Sayer *): Paul S., Bildhauer, geboren am 13. Juni 1832 zu St. Mergen im Schwarzwald, lernte zuerst bei einem alten Plastiker, welcher in dem ehemaligen Augustinerkloster daselbst sich etablirt hatte, dann bei dem Zeichnungslehrer Geßler zu Freiburg und kam, ausgerüstet mit guten technischen Kenntnissen, 1853 nach München, wo er sich an der Akademie unter Professor Max Widnmann weiter bildete. Fördernden Einfluß übte auch der Verkehr mit Kaspar Zumbusch. In vielversprechender Weise machte sich S. zuerst 1859 bekannt durch eine aus drei Figuren bestehende, „die Treisam“ vorstellende Gruppe: drei auf den Höhen des Schwarzwaldes entspringende Bäche vereinen ihre Wasser am Ausgange des Höllenthales und bilden das genannte Flüßchen, welches, an Freiburg vorbei, das schöne Breisgau durchzieht und durch die Elz in den Rhein sich ergießt. Das gab unserem Künstler die glückliche Idee zu einer ganz classischen, im Geiste von Moriz v. Schwind empfundenen Composition, welche leider jedoch zu keiner größeren Ausführung gelangte. Dagegen erhielt S. zwei Statuen für die Münchener Frauenkirche, deren Restauration damals gerade begonnen hatte. Unter Sayer’s weiteren Arbeiten erwarb ihm ein zierlicher kleiner Altar für Seben (bei Maßmünster im Elsaß) einen geachteten Namen, es war ein Flachrelief, welches die Madonna mit dem segnenden Christkinde darstellte, umgeben von singenden und musicirenden Engelchen, die streng typisch stilisirt, einen äußerst zarten und innig-naiven Charakter tragen und wie eine echt altdeutsche Legendendichtung wirken. Weiter modellirte S. eine Reihe von Büsten, z. B. von J. Peter Hebel, Pater Abraham von St. Clara, des Ministerialraths v. Bezold, des Erzgießers Fr. v. Miller (für das Local des Münchener Kunstgewerbevereins), welche ebenso wie das Denkmal für den Geigenbauer Klotz von Mittenwald, in der weltbekannten Miller’schen Anstalt [766] in Bronce gegossen wurden; dazu kam der Charakterkopf von Alban Stolz (abermals 1888 in Mamor ausgeführt) und eine colossale Büste Walther’s von der Vogelweide (für die Liedertafel zu Innsbruck). Im J. 1875 schuf S. einen „Neptun“ für das Schloß Brannenburg (eine Wiederholung im Botanischen Garten zu München), ein Flachrelief mit dem Bilde des ritterlichen Drachenstecher „Georjus“, das Grabdenkmal des Erzbischofs v. Scherr, mit der lebensgroßen Porträtgestalt desselben, in der Münchener Frauenkirche (1879). Kurz vorher entstanden einige köstliche Terracottenstatuen: ein prächtiger Pifferaro, eine niedliche Italienerin und die imposante Büste einer „Esther“. Eine ganze Reihe von Holzstatuen und Reliefs arbeitete S. für die Altarwerke seines langjährigen treuen Freundes, des rühmlichst bekannten Architekten Joh. Marggraff. Dabei bewies S. eine bewunderungswerthe Treue und Gewissenhaftigkeit und strebte mit der größten Sorgfalt immer, auch bei kleinsten Erzeugnissen, nach der möglichsten Formvollendung und Durchbildung, nie einer Manier oder Phrase zugethan, die ihm auch im Leben unbekannt blieb. Er war ein wahrhafter, reiner, goldechter Charakter, gerade kein Glückskind und durch glänzende Aufträge nicht verwöhnt oder überhastet. Sein Erwerb reichte weitaus zum bescheidenen Genuß des Lebens, zu seinen Reisen und Wanderungen und zum Sammeln einer Menge von Alterthümern und mitunter sehr werthvollen Kunstwerken, an welchen er mit inniger Freude hing. Seine Studienfahrten erstreckten sich wiederholt auf Paris und Wien; Italien und die Rheinlande durchstreifte er nach allen Seiten, immer in der löblichen Intention, sein Wissen und Können zu erweitern und durch neues Studium sich und seine Kunst zu fördern. Zu seinen letzten Arbeiten gehörte eine lebensgroße Büste des Geheimraths und Generalstabsarztes Prof. Dr. v. Nußbaum und das Modell zu einem Grabdenkmal für den verstorbenen Erzbischof Dr. Anton v. Steichele. S. starb nach kurzer Krankheit am 2. October 1890 und nahm den Ruhm mit sich, ein echter, idealer Künstler gewesen zu sein, welcher den Besten seiner Zeit genug gethan, so daß auch fernerhin sein Name in Ehren bleibt.

Vgl. Nr. 274 „Allg. Zeitung“ vom 3. Octbr. 1890. – Kunstvereins-Bericht f. 1890, S. 70. – v. Weech, Badische Biographien, 1891, IV, 364.

[765] *) Zu Bd. XXX, S. 462.