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Artikel „Ritter, Joseph Ignaz“ von Otto Schmid in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 28 (1889), S. 678–679, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ritter,_Joseph_Ignaz&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 17:12 Uhr UTC)
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Ritter Joseph Ignaz R., katholischer Theologe, geb. am 12. April 1787 zu Schweinitz (nicht Schweidnitz, wie in manchem Lexikon steht!) in Preußisch-Schlesien, studirte an der Universität zu Breslau, wo er das Baccalaureat der Theologie erhielt und wurde am 6. October 1811 zum Priester geweiht. Hierauf wirkte er als Caplan in Grottkau und von 1818–23 an der St. Hedwigskirche in Berlin. Als er 1821 die Schrift des heiligen Chrysostomus über das Priesterthum übersetzt herausgab, erhielt er von der theologischen Facultät zu Breslau die theologische Doctorwürde und 1823 wurde er ordentlicher Professor der Kirchengeschichte an der Universität zu Bonn. Im J. 1830 kam er als Professor und zugleich Domherr nach Breslau, wo er außer Kirchengeschichte auch noch neutestamentliche Exegese und Dogmatik zeitweilig vortrug. Nach der Resignation des Fürstbischofs Sedlnitzky wurde R. am 4. December 1840 zum Capitularvicar gewählt, von der Regierung zwar nicht anerkannt, verwaltete aber dennoch das Bisthum bis zum Amtsantritt des Fürstbischofs Knauer am 23. April 1843. Gelegentlich seiner Wahl zum Capitularvicar wurde er zum Doctor juris promovirt. Als Capitularvicar erließ R. am 24. October 1842 eine Verordnung über katholische Einsegnung gemischter Ehen, welche damals von großer Bedeutung war. Fürstbischof Knauer ernannte R. zu seinem Generalvicar und Fürstbischof Diepenbrock verlieh ihm die Domdechantei am 21. Juni 1846. Hatte er schon zur Zeit des in Breslau sich erhebenden Rongeanismus seine Feder ergriffen und über die Verehrung der Reliquien und besonders des heiligen Rocks in Trier geschrieben, so betrat er noch im Greisenalter den Kampfplatz, indem er gegen Superintendent Eichler seine „Offene Briefe“ 1855 und gegen Dr. Bunsen „Die beiden Dioskuren“ 1856, seine letzte Schrift schrieb. Der sehr wohlthätige und heitere Domdechant R. starb am 5. Januar 1857. Seiner fruchtbaren litterarischen Thätigkeit entstammen folgende Schriften: „Des heil. Chrysostomus 6 Bücher vom Priesterthum, übersetzt und mit Anmerkungen begleitet“. Berlin 1822; „Eusebii Caesar. de divinitate Christi placita“. Bonae 1824, 4°; sein Hauptwerk: „Handbuch der Kirchengeschichte“. Bonn 1826–30. 2. Aufl. 1836–38, 3 Bde. 3. Aufl. 1846–47, 2 Bde. 4. Aufl. 1851, 5. Aufl. 1854, 6. Aufl. von Ennen besorgt, Bonn 1862; „Der wahre und der verkannte Katholik. Nach Gother’s engl. Werke im Auszuge Challoner’s. Aus dem Englischen übersetzt“. Bonn 1827, 2. Aufl. 1845; „Pellicia, de christianae Ecclesiae primae, mediae et novissimae aetatis Politia libri VI, curantibus Ritter et Braun,“ III Tomi in 2 Vol. Coloniae 1829–38; „Jahrbücher der Gesellschaft zur [679] Verbreitung des Glaubens, aus dem Französischen übersetzt von J. I. Ritter, W. Smets“ etc. Jahrg. 1834 u. 1835 4 Hefte, Jahrg. 1836 u. 1837 3 Hefte, Jahrg. 1838 6 Hefte, Jahrg. 1839–48 6 Hefte, Köln; „Andenken an Prof. Dominikus Unterholzner“. Breslau 1838; „Irenikon oder Briefe zur Förderung des Friedens und der Eintracht zwischen Kirche und Staat.“ Leipzig 1840; „Beleuchtung der Zeitungsartikel darüber.“ Ebendas.; „Der Kapitular-Vicar, eine kanonistische Abhandlung.“ Münster 1842; „Geschichte der Diöcese Breslau. I. Theil. Von der Pflanzung des Christenthums in Schlesien bis zum J. 1290.“ Breslau 1845; „Ueber die Verehrung der Reliquien und besonders des heil. Rockes von Trier. Eine Vorlesung.“ Breslau 1845; „Antwort deßhalb, auf einen Zeitungsartikel.“ Ebendas.; „Die deutsche Kirchenfreiheit.“ 1848; „Offener Brief an den Superintendenten Eichler.“ Breslau 1855; „Die beiden Dioskuren der protestantischen Kirche in Deutschland: Bunsen u. Stahl.“ Breslau 1856. Außerdem gab R. zwei Jahrgänge (1832 u. 1833) der Breslauer Zeitschrift für katholische Theologie heraus und veröffentlichte in der Bonner Zeitschrift für Philosophie und katholische Theologie folgende Aufsätze: „Ueber den Ursprung und die Einführung des Christenthums in Böhmen“; „Beiträge zur Geschichte des Catechismus Romanus und über eine neue Ausgabe zu Breslau nach der editio princeps“; „Einige Gedanken über Volksschulen in ihrem Verhältnisse zur Kirche“, endlich den Artikel „Eusebius“ in Aschbach’s Kirchenlexikon.

Vgl. den Nekrolog über J. I. Ritter im Schlesischen Kirchenblatt 1857, S. 50. – Werner, Geschichte der katholischen Theologie. Seit dem Trienter Concil bis zur Gegenwart. S. 608 u. 609, wo auch eine treffende Charakterisirung der Geschichtschreibung Ritter’s gegeben ist. – Meer, Charakterbilder aus dem Clerus Schlesiens. S. 164. Breslau 1884.