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Artikel „Römer, Johann Jacob“ von Ernst Wunschmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 29 (1889), S. 122–124, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:R%C3%B6mer,_Johann_Jacob&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 15:35 Uhr UTC)
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Römer: Johann Jacob R., Mediciner und Botaniker, geboren in Zürich am 8. Jan. 1763, † ebendaselbst am 15. Jan. 1819. Auf den Schulen und Collegien seiner Vaterstadt vorgebildet, zeichnete sich R. schon früh durch Fleiß und, mit einem trefflichen Gedächtniß begabt, durch eine ausgesprochene Neigung für die alten Sprachen aus, die er in gleicher Weise später, namentlich durch seines Lehrers Füßli Anregung, auf Entomologie und Botanik übertrug. Der Wunsch seines Vaters bestimmte R. jedoch Kaufmann zu werden. Er reiste 1780 nach Bergamo, um bei seinem Oheim in die Lehre zu treten. Aber die reiche Natur Italiens fachte von neuem seine Liebe zu den Naturwissenschaften an und trieb ihn zum eifrigen Sammeln von Insecten und Pflanzen, so daß er sehr bald seine ihm wenig zusagende kaufmännische Laufbahn ganz aufgab. Er blieb jedoch noch drei Jahre in Bergamo, um sich mit der italienischen Sprache und Litteratur von Grund auf vertraut zu machen und wandte sich dann, nach Hause zurückgekehrt, dem Studium der Medicin zu. Die Einwilligung seines Vaters dazu erlangte er durch Vermittlung seines Großoheims, des berühmten Bodmer. Von 1784 an setzte er seine medicinischen und botanischen Studien in Göttingen fort und wurde 1786 von dieser Universität auf Grund einer Dissertation über ein gynäkologisches Thema zum Dr. med. promovirt. Schon um diese Zeit begann er seine umfangreiche litterarische Thätigkeit, die sich hauptsächlich auf medicinische und entomologische Studien erstreckte und trieb im Verlaufe derselben eine wissenschaftliche Correspondenz, deren Umfang mit der Zeit sehr beträchtlich anwuchs. Einige Zeit lang trieb R. auch in seiner Vaterstadt die ärztliche Praxis, jedoch ohne großen Erfolg, da ihn seine Neigung mehr zu selbständigen Arbeiten trieb, während andererseits seine Mittellosigkeit ihn nöthigte, schriftstellerisch thätig zu sein. So blieb seine Zeit getheilt zwischen eigentlicher Berufsarbeit und Lieblingsbeschäftigung. Später erhielt er die Stelle eines Arztes am Züricher Siechenhause und unterrichtete daneben an dem medicinisch-chirurgischen Institute dieser Stadt. Während der Revolutionsjahre, 1799–1803 schied R. aus dem Lehrkörper dieser Anstalt und erst als dieselbe 1804 zu einem Cantonalinstitute erhoben wurde, übernahm er von neuem eine Professur daselbst, die er bis zu seinem Tode bekleidete. Die jährlich wechselnde Präsidentenstelle hat er wiederholt innegehabt. Während der Zeit der Schweizer Unruhen war R. für das Interesse seiner Vaterstadt mit großem Erfolge thätig. 1798 übernahm er auf Aufforderung der Municipalität die Leitung des Militärspitals und die Verwaltungskammer ernannte ihn zum Mitgliede des Sanitätsrathes, in welcher Eigenschaft er sich besonders im Fache des Veterinärwesens viele Verdienste erwarb. Von Seiten der Schweizerischen naturwissenschaftlichen Gesellschaft, deren Mitglied R. 1788 geworden war, wurde ihm 1800 die Leitung des Züricher botanischen Gartens unterstellt, den er aus dem Zustande der Verwahrlosung bald zu neuer Blüthe emporzubringen verstand. Inzwischen hatte seine wissenschaftliche Thätigkeit, welche sich in letzter Zeit vorwiegend der Botanik zugewandt hatte, seinen Namen auch in weitere Kreise getragen und ihm die Mitgliedschaft einer großen Anzahl gelehrter Körperschaften des In- und Auslandes erworben, darunter der Akademien zu München, Florenz, Turin, Stockholm u. a. [123] In gleicher Weise hatten ihm seine trefflichen persönlichen Eigenschaften eine große Zahl von Freunden erworben, so daß es nicht nur in seinem engeren Vaterlande schmerzlich empfunden wurde, als ein schon vom Jahre 1813 an beginnendes und dann stetig fortschreitendes Herzleiden ihn im vollendeten 56. Lebensjahre dahinraffte.

Römer’s entomologische und medicinische Schriften sind, nach der Zeitfolge geordnet, folgende: „Beiträge zu Füßli’s entomologischem Magazin“ 1781–88. „Ueber den Vorgang der natürlichen Geburt“. Diss. inaug. 1786; „Ueber den Nutzen und Gebrauch der Eidechsen in Krebsschäden“ 1788; „Genera insectorum Linnaei et Fabricii iconibus illustrata“ 1789; „Haller’s Tagebuch der medicinischen Litteratur“, 2 Bde. 1789/90; „Journal für Geburtshülfe“ 1787/88; „Sylloge opusculorum argumenti medici et chirurgici“, Fasc. I, 1790; „Delectus opusculorum ad omnem rem medicam spectantium“ 1791; „Annalen der Geburtshülfe für die Jahre 1790–94“, 2 Hefte; „Annalen der Arzneimittellehre“, I. Bd. u. 1. Stück des II. Bandes 1795–99; „Dissertationum Medicarum Italicarum decas, su tab. aëneis“ 1797; „Palloni’s medicinische Beobachtungen über die herrschenden Fieberkrankheiten zu Livorno“ 1805; „Sammlungen medicinischer Abhandlungen vermischten Inhalts“ 1805. Daneben schrieb R. Recensionen für die Salzburger medicinische und chirurgische Zeitung. Seine Thätigkeit als Botaniker war zunächst eine redactionelle. In Verbindung mit Paul Usteri gab er 1787 ein „Magazin für die Botanik“ heraus, das neben Originalabhandlungen Auszüge aus fremden Werken, Recensionen und Bücheranzeigen und kurze botanische Nachrichten brachte. Es erschienen davon bis zum Jahre 1790 vier Bände, jeder drei Nummern enthaltend und wurde 1794 als „Neues Magazin für die Botanik“ von R. allein fortgesetzt. Die Ungunst der Zeitverhältnisse ließ Unternehmungen dieser Art nicht aufkommen. Das letztgenannte Journal brachte es nur auf einen Band und auch das später ins Leben gerufene „Archiv für die Botanik“, das einen reichhaltigeren Inhalt zu bieten bestimmt war, erschien in nur drei Bänden in den Jahren 1796–1805, zusammen neun Einzelnummern umfassend. Unter den Sammelwerken und Uebersetzungen botanischen Inhalts, denen R. viel Fleiß und Mühe widmete, sind zu nennen: „Taschenbuch bei botanischen Wanderungen durch die Schweiz“ 1790; „Dickson: Plantae cryptogamicae“. Aus dem Englischen übersetzt 1788–94; „Scriptores de plantis hispanicis, lusitanicis, brasiliensibus adornavit et recudi curavit Roemer“ 1796; „Anleitung, alle Arten natürlicher Körper aufzubewahren und zu sammeln“, nach Donavan frei übersetzt 1797; „Encyclopädie für Gärtner und Liebhaber der Gärtnerei“, erstes (und einziges) Heft 1797; „Catalogus horti botanici societatis physicae Turicensis“ 1802; „Smith’s Flora Britannica“, mit Dr. Zwingli gemeinsam aus dem Englischen übersetzt 1804; Beiträge in einigen Jahrgängen des Taschenbuchs für Natur- und Gartenfreunde 1805; „Collectanea ad omnem rem botanicam spectantia. Partim e propriis, partim ex amicorum schedis manuscriptis“; mit vier Tafeln 1809; „De Candolle’s Théorie élementaire“, aus dem Französischen übersetzt unter dem Titel: „Theoretische Anfangsgründe der Botanik“ 1814/15; „Versuch eines möglichst vollständigen Wörterbuchs der botanischen Terminologie“ 1816. Auch ein zoologisches Werk: „Naturgeschichte der Schweizerischen Säugethiere“ gab R. zusammen mit Schinz 1809 heraus. Seine bekannteste Leistung in der Botanik ist indessen seine „Flora europaea inchoata“, deren erster Fascikel 1797 erschien. Der Zweck dieses Buches war, Pflanzenliebhabern, deren Verhältnisse die Anschaffung kostspieliger Werke nicht erlauben, ein Buch in die Hände zu geben, in dem unter sorgfältiger Auswahl aus jenen Werken nach und nach die Beschreibungen und Abbildungen aller in Europa wild wachsender Pflanzen geliefert werden [124] sollen. Jeder Fascikel enthält die lateinischen Beschreibungen von acht Pflanzen, ohne Rücksicht auf systematische Ordnung, begleitet von ebensovielen colorirten Abbildungen. In den Beschreibungen sind mit angeführt Classe und Ordnung nach dem Linné’schen System, eine kurze Charakteristik des genus und der Art, geographische Verbreitung und Litteratur. Die Tafeln geben Habitusbilder und theilweise auch grob ausgeführte Blüthendetails. Sie sind zu einem großen Theile, ebenso wie manche Beschreibungen, andern Werken entlehnt. Das Hauptverdienst, welches R. sich selbst hierbei zuschreibt, liegt in der zweckmäßigen Auswahl der Letzteren. Im ganzen sind bis zum Jahre 1811 14 Fascikel mit 112 Tafeln nebst zugehörigem Texte erschienen. Die Fortsetzung des Werkes ist wohl durch den Mangel an Abonnenten verhindert worden. Großen Fleiß verwandte R. auf die Neuherausgabe von Linné’s: „Systema vegetabilium“, die er in Gemeinschaft mit Jos. Aug. Schulteß 1817 übernahm. Die seit Erscheinen der 15. Auflage jenes berühmten Werkes neu entdeckten Pflanzenspecies sollten darin sämmtlich berücksichtigt werden. Veröffentlicht wurden bis 1830 sieben Bände, von denen die drei letzten Aug. Schultes mit seinem Sohne Hermann bearbeitete, da R. inzwischen gestorben war. Das System ist nur fortgeführt bis zur Linnéschen Classe Heptandria. Als ein nicht geringer Theil von Römer’s Verdiensten um sein Vaterland, wie für die botanische Wissenschaft, muß seine Thätigkeit im Interesse der Hebung des botanischen Gartens seiner Vaterstadt gelten. Dieses von Joh. Gesner gegründete Institut war durch die Russen unter Suwaroff 1799 fast gänzlich zerstört worden. Römer’s unablässigem Eifer gelang es durch seine ausgedehnte Correspondenz mit den Directionen der botanischen Gärten fast sämmtlicher Hauptstädte Europas, das verloren gegangene Pflanzenmaterial wieder herbeizuschaffen, sodaß der Garten, trotz beschränkter Mittel, bald wieder seinen früheren hohen Ruf erlangte und auch von Naturfreunden ein gern gesuchter Aufenthaltsort wurde. Ebenso besorgte R. im Interesse der Schweizerischen naturforschenden Gesellschaft die Leitung der Bibliothek jener Gesellschaft mit Sachkenntniß und Geschick, wozu seine ausgedehnten litterarischen Kenntnisse ihn in hohem Grade befähigten. Er selbst besaß eine sehr umfangreiche Bibliothek und sein Herbarium wurde auf mehr als 14 000 Species geschätzt.

Fr. Meisner, Naturwissensch. Anzeiger 1819 Nr. 12. – Pritzel, Thesaurus lit. bot.