ADB:Quanter, Karl August Ludwig

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Quanter, Karl Aug. Ludw.“ von Paul Schlenther in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 27 (1888), S. 14–15, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Quanter,_Karl_August_Ludwig&oldid=- (Version vom 27. November 2024, 01:10 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Quante, Bernhard
Band 27 (1888), S. 14–15 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Karl August Ludwig Quanter in der Wikipedia
Karl August Ludwig Quanter in Wikidata
GND-Nummer 116317450
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|27|14|15|Quanter, Karl Aug. Ludw.|Paul Schlenther|ADB:Quanter, Karl August Ludwig}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116317450}}    

Quanter: Karl Aug. Ludw. Q., Schauspieler, geb. am 8. October 1805 zu Berlin, † am 29. Juni 1876 zu Dresden, wo er 21 Jahre lang (1842–63) beim königl. Hoftheater das sog. Charakterfach vertreten hat. Die Dürftigkeit seiner frühverwittweten Mutter hinderte den Knaben nicht, auf dem Gymnasium zum Grauen Kloster und dann auf der Universität seiner Vaterstadt sich eine gediegene wissenschaftliche Bildung anzueignen. Seinen Zweifeln, ob er sich der Mathematik oder dem Baufach widmen solle, machte der Enthusiasmus fürs Theater ein Ende. Er gab seine Studien wie seine Hauslehrerthätigkeit auf, und nachdem er in der Privattheatergesellschaft „Urania“ sich vorgebildet hatte, begann er 1824 ein Wanderleben durch kleine Städte Pommerns, Posens und Westpreußens. Zu Posen, wo er anfing, spielte er u. A. den Holberg-Kotzebue’schen politischen Kannengießer, zu Anklam u. A. den Wurm in „Kabale und Liebe“. Auch das Königstädtische Theater in Berlin zählte ihn kurze Zeit zu den Seinen. Sichern Boden fand er zunächst 1827 im Stadttheater zu Magdeburg, wo er theilweise die Regie führte. Hier vermählte er sich am 20. April 1829 mit der Soubrette Therese Dietrich († am 18. Novbr. 1833). Eine zweite Ehe schloß er am 20. April 1836 in Kassel, wo er von 1833–41 dem kurfürstlichen Hoftheater als erster Intrigant und Charakterdarsteller angehörte. Verhandlungen mit dem Hoftheater zu Braunschweig, die mit einem erfolgreichen Gastspiel daselbst verbunden waren, scheiterten an der Unlust des hessischen Kurfürsten, diesen Künstler zu entlassen. Doch konnte Q. dadurch nicht verhindert werden, als Nachfolger Pauli’s nach Dresden zu gehen. Hier hat er, ein ungewöhnlich zurückhaltender und stolz-bescheidener Künstler, lange in friedlicher Gemeinschaft mit den ersten Schauspielern Deutschlands gewirkt. Mit Friedrich Porth theilte er sein Rollenfach. Er zeichnete sich als Richard III. und Franz Moor, als Vansen und Wurm, als Jago und Shylock, als Mephisto und Ludwig XI. aus. Auch biderbe Charaktere, wie Stauffacher im „Tell“, lagen im Gebiet seines Könnens. Seine stattliche Erscheinung, sein fein geschnittener Kopf, vor allem ein ungewöhnlich klangvolles Organ wiesen ihn auf den rhetorisch-pathetischen Darstellungsstil, der im Dresdener Hoftheater unter dem Einflusse Emil Devrient’s[WS 1] üblich war. Der Wohllaut seiner Stimme brachte in einer Chorführerrolle der „Braut von Messina“ die vollste Wirkung hervor. Vermöge seiner geistigen und künstlerischen Bildung suchte Q. stets den Charakter im Ganzen zu erfassen, ohne viel Werth auf die Ausarbeitung der Einzelheiten zu legen. Er zeichnete in großen Zügen; darum war er im hohen classischen Drama heimischer, als im bürgerlichen Stück, wo er mehr das Rührende, als das Komische begünstigte, obwol er auch einem Piepenbrink gerecht werden konnte. Heftig beunruhigt wurde dieser strenge, gemessene Künstler durch das verblüffende [15] Erscheinen Bogumil Dawison’s in Dresden. Dieser zeigte dem Publicum mit fortreißender Leidenschaft einen ganz andern Franz und Richard, und das Publicum ließ sich fortreißen. Q. mußte dem genialen Wildling eine Rolle nach der andern abgeben. Das verstimmte ihn tief und steigerte seine Kränklichkeit. Auch als Dawison’s unruhiger Geist längst wieder fort war, konnte Q. seine alte Wirksamkeit nicht mehr ganz aufnehmen, und 1863 zog er sich, fast erblindet, ins Privatleben zurück. Auch hier traf ihn zuletzt die Härte des Schicksals: seine Frau litt jahrelang an schwerem Siechthum, sein jüngster Sohn fiel im amerikanischen Duell. Mit Dingelstedt, dem er von Jugend auf eng befreundet war, hat er jahrelang in regem Briefwechsel gestanden. Q. genoß bis zu seinem Tode eine durch königliche Gunst wesentlich erhöhte Pension. Seine Tochter Marie ist noch gegenwärtig ein Mitglied des Dresdener Hoftheaters.

Vgl. Blum-Herloßsohn-Marggraff, Allg. Theaterlexikon und in Gabriel’s und Rößler’s Tage-Buch der kgl. sächs. Hoftheater zu Dresden vom Jahre 1876, S. 904, den Nachruf Karl Koberstein’s. – Mitth. aus der Familie.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Emil Devrient, siehe unter Ludwig Devrient