ADB:Penkler, Heinrich Christoph Freiherr von

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Artikel „Penckler, Heinrich Freiherr von“ von Anton Victor Felgel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 350–353, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Penkler,_Heinrich_Christoph_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 13:45 Uhr UTC)
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Penckler: Heinrich Freiherr v. P. wurde zu Wien im J. 1699 oder 1700 geboren. Nachdem er in seiner Vaterstadt die entsprechende Vorbildung sich angeeignet hatte, trat er im März des Jahres 1718 in kaiserliche Dienste und reiste schon im Mai des Jahres 1719 im Gefolge des kaiserl. Großbotschafters Generalfeldzeugmeisters Damian Hugo Grafen von Virmond als Sprachknabe nach Constantinopel ab. Der Aufenthalt dort wirkte sehr nachtheilig auf Penckler’s Gesundheit. Sein Diensteifer ließ ihn jedoch von der ihm ertheilten Erlaubniß, wieder mit dem Großbotschafter nach Wien zurückzukehren, keinen Gebrauch machen. Er blieb vielmehr in Constantinopel zurück, in der Canzlei des kaiserl. Residenten Joseph von Dierling fleißig arbeitend. Er erlernte in wenigen Jahren die orientalischen Sprachen, erwarb sich genaue Kenntniß der Gepflogenheiten und Förmlichkeiten, welche damals im diplomatischen Verkehre bei der ottomanischen Pforte eine gar wichtige Rolle spielten. Allen seit dem Abschlusse des Passarowitzer Friedens zwischen dem kaiserlichen und dem Ottomanischen Hofe geführten Verhandlungen beigezogen, gewann er frühzeitig tiefe Einsicht in die Grundsätze und Triebfedern der türkischen Politik. Fast alljährlich von schwerer Krankheit heimgesucht, verließ er endlich im J. 1727 mit der Familie des Residenten v. Dierling Constantinopel und traf im Juni 1727 nach mehr als sechsjähriger Abwesenheit wieder in seiner Vaterstadt ein, wo er sich bald gänzlich erholte. Wir dürfen wol eine ehrende Anerkennung des Fleißes, mit welchem er seine Dienstpflichten erfüllt hatte und des erfolgreichen Bestrebens, seine Berufskenntnisse stetig zu erweitern und zu vertiefen, darin erblicken, daß noch in demselben Jahre seine Ernennung zum kaiserl. Hofdolmetsch und Hofkriegssecretarius in Wien erfolgte. Er arbeitete nun im Departement für türkische Angelegenheiten, ward den im Laufe der nächsten Jahre aus der [351] Türkei und aus Afrika nach Wien kommenden Gesandtschaften als kaiserlicher Commissarius beigegeben und reiste wiederholt an die türkische Grenze. So im J. 1731, als er unterhalb Belgrad den türkischen Gesandten Mustafa Efendi, der dem Kaiser Karl VI. die Thronbesteigung des Sultans Mahmud notificirte, übernahm und später wieder an die Grenze geleitete. Nachdem der Wiener Hof die Abberufung des zum Schutze des türkischen Handels und der türkischen Kaufleute in Wien bestellten Schahbenders oder Generalconsuls Omer Aga durch sechs Jahre vergeblich begehrt hatte, wußte es P. so einzuleiten, daß Omer Aga endlich abberufen und sein Posten aufgelassen wurde. Da die Pforte verlangte, daß Omer Aga mit allen Ehren bis an die Grenze geleitet werde, so machte sich P. im März 1732 abermals auf die Reise und übergab ihn bei Bariakin förmlich dem türkischen Uebernahmscommissär. Bestimmt dem nach Abschluß des Belgrader Friedens (1739) nach Constantinopel als kaiserlichen Großbotschafter abgehenden Grafen Ulfeldt als Legationssecretär zu folgen, wurde P. am 7. April 1740 in den erbländisch-österreichischen Ritterstand erhoben. Er feierte am 3. Mai 1740 seine Vermählung mit Johanna Elisabeth v. Collet, der am 30. März 1721 geborenen Tochter des kaiserlichen Burggrafen zu Wiener Neustadt, Franz Elias v. Collet, und trat am 18. desselben Monat seine Reise im Gefolge Ulfeldt’s an. Dieser verließ Constantinopel wieder am 4. Mai 1741. P. blieb, dem Großvesier als königlich ungarischer Resident vorgestellt, dort zurück. Da Graf Ulfeldt sich beschwerte, daß seine Heimreise vielfach gestört und gehemmt werde, erwirkte P. einen scharfen Befehl des Sultans nach Adrianopel und einen offenen Ferman an alle Befehlshaber von Constantinopel bis Belgrad, infolge dessen Ulfeldt nun unbehelligt seine Reise fortsetzen konnte. Die höfliche Aufnahme und die Ehrenbezeugungen, welche P. sich bei der Pforte zu verschaffen wußte, erregten in dem Maße die Aufmerksamkeit der übrigen europäischen Gesandten in Constantinopel, daß sie allerdings erfolglose Gegenvorstellungen bei der hohen Pforte anbrachten. Sahen wir ihn sorgsam alle äußeren Ehren beanspruchen, die ihm als Vertreter seiner Monarchie gebührten, so war er nicht minder bedacht, ihre Interessen zu wahren, wenn es sich um Schlichtung von Grenzstreitigkeiten und ähnlichen Angelegenheiten handelte. Eine während des letzten Krieges bei Alt-Novi über die Unna errichtete türkische Militärbrücke war auch nach dem Abschlusse des Belgrader Friedens stehen geblieben. Die darauf bezüglichen Unterhandlungen des Grafen Ulfeldt mit dem türkischen Grenzcommissär waren erfolglos geblieben. Den Vorstellungen Penckler’s gelang es, den gewünschten Befehl zum Abbruche der Brücke vom Großwesir zu erwirken. Die Angelegenheit war nicht ohne Bedeutung zu einer Zeit, da Maria Theresia rings von Krieg bedroht war. Die Schwierigkeit des Postens, welchen P. in Constantinopel inne hatte, war seit dem Tode Kaiser Karl VI. erheblich gestiegen. Die Gesandten der Höfe, welche das seiner großen Tochter zufallende Erbe zu erbeuten gedachten, suchten auch die Türkei für ihre Anschläge zu gewinnen und trugen der Pforte eine Allianz mit Frankreich und Preußen an. P. nimmt als sein Verdienst in Anspruch, daß die Pforte nicht nur diese Allianzvorschläge, die noch durch Anerbietungen von Geldsummen und Gebietserweiterung unterstützt wurden, ablehnte, sondern daß vielmehr die Beziehungen zwischen den Höfen von Wien und Constantinopel sich freundlicher gestalteten. Kaiserin Maria Theresia verlieh ihm schon im J. 1742 eine wirkliche Hofkriegsrathsstelle. Im August 1746 erhielt P. die Credentiation, die ihn als kaiserlichen Internuntius und bevollmächtigten Minister beglaubigte. Er notificirte in dieser Eigenschaft der ottomanischen Pforte die im J. 1745 erfolgte Thronbesteigung des Kaisers Franz I. Er wurde auch mit der diplomatischen Vertretung des Großherzogthums Toscana betraut und führte die [352] Verhandlungen wegen Abschluß eines Freundschafts- und Handelsvertrages zwischen Toscana und der Türkei. Desgleichen leitete P. auch die „Verewigung“ des zuerst auf 24 Jahre geschlossenen Belgrader Friedens zur vollsten Zufriedenheit der Kaiserin Maria Theresia und ihres Gemahls, der ihn mit Diplom dd. Wien, 14. October 1747 in „des heiligen römischen Reichs Freiherrnstand cum praedicato Wohlgeboren“ erhob. Im J. 1755 erhielt P. die erbetene Abberufung aus Constantinopel und kam wieder in seine Vaterstadt zurück, der er nahezu sechszehn Jahre ferne gewesen war. Die Kaiserin wies ihn an, Sitz und Stimme im hofkriegsräthlichen Justizcollegio u. zw. unter den Räthen aus dem Herrenstande einzunehmen. Er weilte in dieser Stellung nur sechs Jahre in seiner Heimath. Es waren Nachrichten nach Wien gekommen, daß der König von Preußen während der letzten Kriegsjahre nicht nur getrachtet habe, einen Freundschafts- und Handelsvertrag mit der ottomanischen Pforte zu Stande zu bringen, sondern diese auch zum Abschlusse eines Offensivbündnisses zu bewegen. Der Wiener Hof besorgte, am Vorabende eines neuen Türkenkrieges zu stehen. Diese drohende Gefahr abzulenken, ward Penckler’s Aufgabe, als er im J. 1761 abermals zum kaiserlichen Internuntius und bevollmächtigten Minister am ottomanischen Hofe ernannt wurde. Er trat am 10. Mai 1762 die beschwerliche Reise an und fand in Constantinopel ehrenvolle Aufnahme. Er konnte schon im October desselben Jahres berichten, daß der Sultan in einer Berathung mit dem Großwesir und Mufti die auf den Abschluß einer Offensivallianz zielenden Anträge Preußens verworfen habe und empfing im folgenden Monate beruhigende Versicherungen der friedfertigen Gesinnungen von Seite der türkischen Regierung gegen die österreichische Monarchie. Er erwirkte auch in der That den Befehl des Sultans, daß die bereits bei Belgrad, Widdin und an der bosnischen Grenze angesammelten türkischen Truppen im Frühjahre 1763 successive zurückberufen und entlassen werden sollten. Es war ihm zum zweiten Male gelungen, den von feindlichen Waffen bedrängten Kaiserstaat vor einem drohenden türkischen Einfalle zu bewahren. Nachdem er noch im J. 1766 die erfolgte Thronbesteigung Joseph II. dem Sultan notificirt hatte, erhielt er endlich die wiederholt erbetene Abberufung und trat, nachdem der neue Internuntius v. Bernnard schon in Constantinopel eingetroffen war, am 13. September 1766 seine Rückreise von Constantinopel an. Am 9. December in Wien angekommen, wurde er am Kaiserhofe mit vielen Gnadenbezeigungen empfangen und im Januar 1767 durch Verleihung der Würde eines wirklichen geheimen Rathes ausgezeichnet. Er brachte den Rest seines Lebens in Wien zu und starb hier am 16. November 1774 im Alter von 75 Jahren. – Seine Gemahlin war schon am 6. April 1767 gestorben. Zwei Töchter und ein Sohn überlebten ihn. – Die ältere Tochter Therese, geboren am 3. Juli 1742, verehelichte sich im J. 1761 mit dem k. k. Regierungsrathe Anton Freiherrn von Doblhoff-Dier: (s. A. D. B. V., 272) und starb im Februar 1819. – Die jüngere Tochter Elisabeth, geboren im J. 1753, vermählte sich 1771 mit dem k. k. Reichshofrathe Franz Josef Freiherrn v. Münch- Bellinghausen und ward die Großmutter des Eligius Freiherrn v. Münch-Bellinghausen (Friedrich Halm). Sie starb im J. 1840. – Penckler’s Sohn, geboren 1751, trat in österreichischen Staatsdienst. Wir finden ihn seit 1805 als k. k. wirklichen Hofrath bei der k. k. vereinigten böhmisch-österreichischen und galizischen Hofkanzlei, dann als Beisitzer der k. k. Hofcommission in Wohlthätigkeitsangelegenheiten und der k. k. Studienhofcommission. Er wurde in den niederösterreichischen Herrenstand aufgenommen und war später Ausschußrath desselben. Er betrieb in seiner Jugend auch ästhetische Studien und schrieb eine „Abhandlung vom Schäfergedichte“ (Augsburg 1767). Er war mit dem Astronomen Hell eng befreundet und ließ demselben in Maria Enzersdorf ein [353] Grabmal setzen. Seine im J. 1774 mit Josefa Freiin v. Toussaint geschlossene Ehe blieb kinderlos. Seit 1788 Wittwer, starb er am 22. April 1830.

Theilweise nach Acten des kais. und kön. Haus-, Hof- und Staatsarchivs in Wien. – Ferner wurde benutzt Josef v. Hammer, Geschichte des osmanischen Reiches. Bd. 8. – Wurzbach, Biogr. Lex. Th. 21. – Arneth, Alfred Ritter v., Geschichte Maria Theresia’s. Band 4, 6, 8 u. 9.