Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Olisleger, Heinrich Bars genannt“ von Woldemar Harleß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 24 (1887), S. 303–305, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Olisleger,_Heinrich&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 01:22 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Oliver
Band 24 (1887), S. 303–305 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Heinrich Bars genannt Olisleger in der Wikipedia
Heinrich Bars genannt Olisleger in Wikidata
GND-Nummer 137602332
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|24|303|305|Olisleger, Heinrich Bars genannt|Woldemar Harleß|ADB:Olisleger, Heinrich}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=137602332}}    

Olisleger: Heinrich Bars genannt O., (Olysleger, Alisleger), einer ursprünglich stadtkölnischen, allmählich über verschiedene Theile des Niederrheins verzweigten Familie entstammend, wurde zu Wesel am Niederrhein, wo seine Vorfahren seit 1410 das Bürgerrecht besaßen, vor dem Jahre 1500 – das Geburtsjahr ist nicht genau bekannt – geboren, und zwar als der zweite Sohn des Clevischen Landrentmeisters Heinrich Bars genannt O. († zu Köln 4. April 1529 und beigesetzt in der von ihm gestifteten Capelle der St. Willibrordskirche zu Wesel) aus dessen zweiter Ehe mit Odilia von Dript. Nachdem er die Schulen zu Wesel und Rees besucht und am 31. October 1511 sehr jung bei der Kölner Universität immatriculirt worden war, widmete er sich dem Studium der Jurisprudenz und Theologie theils am heimathlichen Rheine theils in Italien und erlangte nicht nur den Grad eines Doctors der Rechte, sondern auch eine Professur derselben bei der genannten Universität. Der Ruf seiner Gelehrsamkeit, Klugheit und Geschäftsgewandtheit bewirkte, daß er um 1532 von Herzog Johann III. von Cleve-Jülich-Berg als Rath berufen und schon bald (1534) zum Kanzler des Herzogthums Cleve ernannt ward, in welcher Stellung er bis an sein Lebensende verblieb und zu den angesehensten und einflußreichsten der humanistisch gebildeten Räthe zu Düsseldorf und Cleve zählte, die unter Johann III. und namentlich unter dessen Sohn und Nachfolger Wilhelm III. (1539–1592) den äußeren wie inneren Angelegenheiten der drei niederrheinischen Herzogthümer ihre fürsorgende Thätigkeit widmeten. An fast allen politischen Actionen seines Hofes hervorragend betheiligt, so daß er nicht mit Unrecht als der „Leiter der auswärtigen Politik“ Cleve’s in seiner Zeit bezeichnet worden ist (L. Keller, Gegenreformation I. S. 11), verhandelte er beispielsweise in den Jahren 1537 und 1538 mit dem kaiserlichen Vicekanzler Dr. Matthias Held wegen des von Kaiser Karl V. vorgeschlagenen geheimen Bündnisses der katholischen Reichsfürsten, einer definitiven Erklärung vorsichtig ausweichend, schloß nach dem für Herzog Wilhelm unglücklichen Ausgange des Geldrischen Erbfolgekriegs (1542–1543) und dessen Fußfall vor dem Kaiser im Lager vor Venlo (7. September 1543) an der Spitze der herzoglichen Abgesandten mit dem Bevollmächtigten Karls V. als nunmehr unbestrittenen Herzogs von Geldern das ewige Freundschafts- und Schutzbündniß von Brüssel (2. Januar 1544), unter gleichzeitiger Beilegung der besonderen Anstände, und war Unterhändler des Grenzvergleiches zwischen seinem Herzoge und dem Grafen Wilhelm zum Berghe-Bylandt (12. Nov. 1566). Und wie er um die Wende der Jahre 1539 und 1540 des Herzogs Schwester Anna als Braut König Heinrichs VIII. von England nach Calais und bis London geleitet hatte – eine Reise, über die noch ein ausführlicher Bericht von seiner Hand erhalten ist – so weilte er zur Zeit der Vermählung Herzogs Wilhelm III. mit Jeanne d’Albret, Tochter Königs Heinrichs II. von Navarra, als außerordentlicher Gesandter am Hofe des Letztern (1541). Daß O. in seiner späteren Lebenszeit auch den Negotiationen, betreffend die Heirath der ältesten Tochter seines Herzogs, Maria Eleonora, mit Herzog Albrecht Friedrich von Preußen (1572–1573) und der Coadjutorie des zweiten clevischen Jungherzogs Johann Wilhelm für [304] das Bisthum Münster (1571–1573), nicht fremd blieb, sei hier nur angedeutet. Ganz besonders aber widmete er den kirchlichen Reformbestrebungen des clevischen Hofes seine Theilnahme, als ein Mann von aufrichtig frommer Gesinnung, nicht abgeneigt, zumal in jüngeren Jahren, der augsburgischen Confession, jedoch nach innerer Ueberzeugung wie nach traditionellen politischen Rücksichten nie über „die Reformation durch den Mittelweg“ hinausgehend, deren Ideal eine von allen Flecken und Auswüchsen gereinigte katholische Kirche und deren nächstes Ziel Ausgleichung der dogmatischen Differenzen durch ein allen annehmbares Drittes war, das „dem gemeinen unverständigen Manne“ ebenso wie dem verständigen und gebildeten zu gute kommen und in Lehre und Cultus der Landeskirche gleichsam vorbildlich verwirklicht werden sollte. Innig befreundet mit dem Ireniker Georg Cassander, der in Olisleger’s Besitzthum zu Köln, dem Hause Gryn auf der Brücke, eine Wohnung von diesem eingeräumt erhalten, wirkte er in wesentlichem Einverständnisse mit diesem wie mit Conrad Heresbach, Gerhard v. Jülich und Anderen bei den Religionsgesprächen der Jahre 1564 bis 1567 zu Düsseldorf und Xanten eifrigst und in bestimmender Weise mit, wie seine eigenhändigen Briefe und Bedenken darthun. Sein Streben war, nach seinen eigenen Worten, daß der kirchlichen Spaltung gewehret und in den Hauptstücken der Lehre eine sichere Form und Regel erreicht werde, die das gemeine Volk in einträchtigem Wesen und Stand der allgemeinen Kirche Christi erhalten und zu solcher Einigkeit bewege, reize und befördere; schädlichen Neuerungen glaubte er das Beharren bei der uralten, ununterbrochenen Tradition vorziehen zu müssen. Schon schien man dem Ziele langer Mühen nach der großen Verhandlung zu Düsseldorf im Januar 1567, an welcher römisch und erasmische Gesinnte, neben Lutherischen und Reformirten betheiligt gewesen, nahe und bereits waren der neue Reformationsentwurf, Agende und Katechismus zur Publication vorbereitet, als der Gang der politischen Ereignisse, insbesondere das Eingreifen Alba’s und die dadurch bedingte größere Abhängigkeit vom kaiserlichen und spanischen Hofe Halt geboten. Was aber mit Zustimmung Olisleger’s hinausgeschoben war, das ward infolge des Ueberhandnehmens der kirchlichen Reaction am Hofe und im Lande bald ganz beseitigt. Durch den Verlauf der Dinge schwerlich befriedigt und niemals ein Freund der spanischen Politik, bekümmert überdies durch die zunehmende Verwüstung seines Heimathlandes durch die kriegführenden Parteien, starb O. zu Cleve am 15. Februar 1575 und ward in der Familiencapelle bei St. Willibrord zu Wesel bestattet. Er war dreimal verheirathet, zuerst mit einer Kölnerin Namens Küppe oder Küpper, die ihm den einzigen Sohn Adolf (schon 1560 oder 1561 zu Duisburg ledigen Standes als der Letzte seines Stammes gestorben), dann mit Gottfrieda v. Bemmel, Tochter Gottfrieds v. Bemmel, Amtmanns zu Kervendonk und Richters zu Xanten, und der Elisabeth v. Cleve, einer Bastardtochter Herzogs Johann III. von Cleve-Jülich-Berg († zu Xanten am 15. Juli 1554), zuletzt, seit dem 29. Juni 1570, mit Anna, Tochter des kölnischen Bürgermeisters Hermann Suderman. Zwei Stiftungen, das Olisleger’sche Manns-Gasthaus oder Hospital für 12 alte Männer neben dem Augustinerkloster an der Augustiner- oder späteren Torfstraße und das Olisleger’sche Frauen-Gasthaus zur Aufnahme von sechs armen Frauen an der Kettelerstege, ersteres schon 1524 von Olisleger’s reich begütertem Vater zur Sühne einer alten Schuld begründet, letzteres vom Sohne 1560 hinzugefügt, erhielten bis in die neueren Zeiten das Andenken an den Kanzler und dessen Vater in der Heimath Wesel lebendig. Das Olisleger’s Vater durch Kaiser Maximilian I. am 12. Januar 1503 in den Adelstand erhoben worden, wie W. Teschenmacher in seinen „Elogia virorum illustrium Cliviae etc.“ angibt, scheint auf einer Verwechslung [305] mit dem Freibriefe zu beruhen. den der Kaiser jenem infolge einer im Jähzorn verübten Verwundung eines Knechtes ertheilt hatte.

W. Teschenmacher, Elogia etc., Manuscript im Staatsarchive zu Düsseldorf. – Jülich’sche Reformationsacten daselbst. – A. Wolters, Konrad v. Heresbach, S. 142–43; dess. Reformationsgesch. der Stadt Wesel, S. 61. – L. Keller, Gegenreformation in Westfalen und am Niederrhein, Bd. I. u. a. m.