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Artikel „Oberdieck, J. G. C.“ von Wilhelm Heß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 24 (1887), S. 87–88, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Oberdieck,_J._G._C.&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 18:37 Uhr UTC)
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Band 24 (1887), S. 87–88 (Quelle).
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Oberdieck: J. G. C. O., einer der bedeutendsten Pomologen, wurde am 30. August 1794 zu Wilkenburg bei Hannover geboren. Nachdem er von seinem Vater, welcher dort Prediger war, den ersten Unterricht empfangen hatte, besuchte er von seinem zwölften Jahr an, das Lyceum zu Hannover, wo er sich durch besonderen Fleiß auszeichnete. Im Jahre 1812 bezog er die Universität Göttingen, um sich der Theologie zu widmen. Hier zeichnete er sich ebenfalls durch großen Fleiß aus und verdiente sich nicht nur durch Privatunterricht den größten Theil seines Unterhaltes, sondern beschäftigte sich neben seinen Fachstudien auch eingehend mit den Naturwissenschaften, was später für ihn von großer Wichtigkeit wurde. Nachdem er im Jahre 1815 sein Examen bestanden, wurde er Subconrector an der Michaelisschule in Lüneburg, und vier Jahre später Collaborator des Superintendenten Brase in Wunstorf und noch in demselben Jahre Prediger zu Bardowieck. Die Verhältnisse seiner Gemeinde waren keine erfreulichen. Die Bardowiecker trieben hauptsächlich Gartenbau. Ihr Absatzgebiet, namentlich Hamburg, litt jedoch noch unter den Nachwirkungen der Kriegsjahre, und die Bardowiecker konnten daher ihre Erzeugnisse schlecht verwerthen. Als eifriger Seelsorger, dem auch das leibliche Wohl seiner Gemeinde am Herzen lag, sann O. darüber nach, wie demselben aufgeholfen werden könnte, und beschloß den Versuch zu machen, ob nicht durch Anbau besserer Obstsorten dieses Ziel zu erreichen sei. Damit wandte er sich dem bis dahin noch wenig bebauten Felde der Pomologie zu, auf dem er so großes zu leisten berufen war. Er legte sich zunächst eine kleine Baumschule an. Aber der strenge Winter 1822/23 vernichtete dieselbe fast vollständig. Hierdurch wurde O. veranlaßt, eingehende Untersuchungen über das Erfrieren der Pflanzen anzustellen, welche er unter dem Titel: „Beobachtungen und Wahrnehmungen über den durch den kalten Winter 1822/23 angerichteten Frostschaden und das Erfrieren der Gewächse überhaupt“ in holländischer Sprache veröffentlichte. Diese Arbeit wurde von der Harlemer Societät der Wissenschaften gekrönt.

In seiner Baumschule cultivirte O. die verschiedensten Obstsorten, welche er namentlich von Diel, dem in damaliger Zeit bedeutendsten Pomologen, bezog. Bald reichte der beschränkte Raum nicht mehr aus. Durch die Beschreibung eines sogenannten Sortenbaumes, welcher 300 Apfelsorten trug, angeregt, legte er ebenfalls solche Sortenbäume an und ermöglichte es damit, in seiner kleinen Baumschule eine unbeschränkte Anzahl von Obstsorten zu cultiviren.

Bald trat O. an die Spitze der deutschen Pomologen. In der richtigen Erkenntniß, daß die Sortenkenntniß für den Fortschritt im Obstbau unumgänglich nothwendig ist, sammelte er zunächst die von seinen Vorgängern beschriebenen Obstsorten, und suchte sich alsdann jede neue Sorte, welche bekannt wurde, womöglich von dem Züchter selbst zu verschaffen und durch Prüfung und Vergleichung die Sorten festzustellen und auf ihre Zweckmäßigkeit zunächst für seine Gegend zu prüfen. So erlangte seine Sammlung für den Pomologen bald unschätzbaren Werth. Bei seiner Versetzung 1831 als Superintendent nach Sulingen und 1839 nach Nienburg nahm O. seine Pflanzung mit und veröffentlichte 1844 eine kleine Abhandlung von großem Werthe: „Die Probe- oder Sortenbäume als bestes und leichtestes Mittel, sich in kurzer Zeit umfassende pomologische Kenntnisse zu verschaffen.“ Im Jahre 1852 erschien sein bekanntes Werk: „Anleitung zur Kenntniß und Anpflanzung des besten Obstes für das nördliche Deutschland“, in welchem er seine reichen Erfahrungen über Obstbau niederlegte. Seine Sammlung von Obstbäumen wuchs allmählich auf reichlich 4000, und es kostete keine geringe Arbeit, dieselben, soweit sie verpflanzt werden konnten, bei seiner Versetzung nach Jeinsen 1853 dorthin mitzunehmen. Seit 1855 gab O. in Verbindung mit dem bekannten Pomologen Dr. E. Lucas eine „Monatsschrift [88] für Pomologie und practischen Obstbau“ heraus, welche noch gegenwärtig unter dem Titel: „Pomologische Monatshefte“ fortgeführt wird. Ein ebenso wichtiges Unternehmen war das „Illustrirte Handbuch der Obstkunde“, dessen Redaction O. in Verbindung mit Jahn und Lucas 1859 übernahm. Seine langjährigen Erfahrungen über den Werth der verschiedenen Sorten des Kern- und Steinobstes faßte er zusammen in den „Pomologischen Notizen“ 1869. Der strenge Winter 1870/71 gab ihm Veranlassung, seine Beobachtungen über das Erfrieren der Bäume fortzusetzen und veröffentlichte er seine neuen Erfahrungen in dem Werke: „Beobachtungen über das Erfrieren vieler Gewächse und namentlich unserer Obstbäume in kalten Wintern, nebst Erörterung der Mittel, durch welche Frostschaden möglichst verhütet werden.“

Sein hohes Alter sowie körperliche Gebrechen veranlaßten ihn 1878 in den wohlverdienten Ruhestand zu treten. Er zog zu seinem Schwiegersohne, dem Superintendenten Haccius in Herzberg. Auch hier war er unermüdlich thätig; außer verschiedenen kleineren Aufsätzen begann er die Herausgabe eines für den Obstzüchter sehr wichtigen Werkes: „Deutschlands beste Obstsorten. Anleitung zur Kenntniß und Anpflanzung einer nach strenger Auswahl zusammengestellten Anzahl von Obstsorten mit besonderer Berücksichtigung derer, welche auch in trockenem Boden noch viele und gute Früchte liefern oder nur in feuchtem Boden gut gedeihen.“ Jedoch erlebte er nur die Herausgabe des ersten Heftes. Er starb am 24. Februar 1880. Der jetzige Standpunkt der Pomologie ist sein Werk. Er legte die Grundlage, auf welcher jetzt weiter gebaut wird. Sein Wirken hat auch allgemeine Anerkennung gefunden; so haben unter anderen fast vierzig Vereine ihn zu ihrem ordentlichen oder Ehrenmitglied ernannt.

Oberdieck, kurzer Abriß meines Lebens. Ravensburg 1870. Braunschweigische Landwirthschaftliche Zeitung Nr. 20, 1880.