ADB:Nehring, Johann Christian

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Artikel „Nehring, Johann Christian“ von Albert Schumann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 23 (1886), S. 394–395, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Nehring,_Johann_Christian&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 20:22 Uhr UTC)
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Nehring: Johann Christian N., evangelischer Theolog und Kirchenliederdichter, der Sohn von Joh. Christoph N. (s. o.) in Gotha und am 29. Decbr. 1671 daselbst geboren, besuchte das vom Rector Georg Heß geleitete heimische Gymnasium und hierauf die Universität Halle, wo er sich zunächst unter der Führung des Professors Georg Ernst Stahl drei Jahre lang der Arzneiwissenschaft widmete, dann aber von dieser zur Theologie übertrat, weil er sich von dem damals herrschenden Pietismus angezogen fühlte. Im J. 1700 wurde er Rector zu Essen in Westfalen, kam 1703 als Inspector der Freitische an das Francke’sche Waisenhaus in Glaucha vor Halle und erhielt 1706 die Pfarrstelle zu Naundorf am Petersberge, welche er zu Ende 1715 (nicht 1716) mit derjenigen zu Morl bei Halle vertauschte. Nach einer mehr als zwanzigjährigen erfolgreichen Wirksamkeit starb er hier am 29. April 1736. Als Inspector zu Glaucha hatte er sich am 6. Octbr. 1705 mit Clara Sophia Grashoff aus Quedlinburg, der Tochter eines Kaufmanns, vermählt. Aus dieser Ehe gingen 9 Kinder hervor, von denen ihn 2 Söhne und 2 Töchter überlebten. Die beiden ersten schlugen die theologische Laufbahn ein, die mittlere Tochter verheirathete sich am 20. Novbr. 1736 mit Joh. Israel Kinderling, dem Amtsnachfolger ihres Vaters in Morl. – Die Muße, deren N. neben seinen pfarramtlichen Geschäften genoß, verwendete er zu einer ziemlich emsigen litterarischen Thätigkeit, die sich theils in selbständigen Schriften, theils in Uebersetzungen kundgab und außer der Theologie auch noch andere Wissenszweige umfaßte. Von der ersteren Art sind zu nennen: [395] eine „Kurze Einleitung in die Universalhistorie und Geographie“ (1699), eine „Allgemeine Historie des Alten Testaments bis auf die Geburt Christi, mit chronologischen Tabellen“ (1717), eine „Allgemeine geist- und weltliche Historie der ersten 800 Jahre nach Christi Geburt“ (1719), deren beabsichtigte und bereits geschriebene Fortsetzung nicht mehr zum Druck gelangte, und der „Versuch einer gründlichen Untersuchung der Antiquität von der Genealogie des Königlich Preußischen Hauses“ (1724). Von Uebertragungen aus den alten Sprachen veröffentlichte er: eine „Teutsche Uebersetzung der Oraculorum Sibyllinorum aus dem Griechischen“ (1702), welche unter dem Titel: „Neun Bücher Sibyllinischer Prophezeiungen, nebst einer Einleitung von der Historie der Sibyllen“ (1719) wieder aufgelegt wurde, ihm aber auch mehrere Angriffe eintrug, ohne daß es ihm gelingen konnte, durch seine beiden Gegenschriften: „Nochmalige Vertheidigung der Sibyllen-Prophezeiung gegen die Einwürfe gelehrter Männer, die sie für falsch ausgeben“ (1720) und „Reflexiones, oder Bescheidene Gedanken und Anmerkungen über Hrn. Propst Herm. Friedr. Braun’s Untersuchung von den Sibyllen“ (1736) die Echtheit der Sibyllinischen Weissagungen zu begründen; ferner die Uebersetzungen von Georg Francke’s v. Franckenau „Flora Francica“ (1716) und „Tractatus de palingenesia artificiali plantarum“ (1719, 4°.) und von „Des Heil. Hermä sämmtlichen geistreichen Schriften“ (1718). Andere litterarische Arbeiten kamen nicht über die schriftliche Abfassung hinaus: so außer der oben genannten weltgeschichtlichen Fortsetzung eine Abhandlung: „Jesus, der Messias“, und einige Bände „Observationes chymicae“, eine Frucht seiner früheren medicinischen Studien in Halle. – Einen dauernderen Nachruhm als durch diese jetzt vergessenen Schriften hat sich N. durch seine geistlichen Lieder erworben, von denen sechs aus seiner Handschrift zunächst in den ersten Theil von J. A. Freylinghausen’s Geistreichem Gesangbuch (1704) übergingen, um sich dann von hier aus in andere Liedersammlungen zu verbreiten. Es sind dies: „Ach, treuer Gott, wie nöthig ist, daß wir jetzund recht beten“ (14 Strophen), „Die Tugend wird durchs Kreuz geübet“ (10 Strophen), „Hilf Jesu, hilf siegen“ (9 Strophen), „Schütte deines Lichtes Strahlen, O mein Heiland über mich“ (7 Strophen). „Wachet auf, ihr lieben Herzen“ (7 Strophen) und endlich die 14 Zusatzstrophen zu Michael Müller’s vierstrophigem Liede von der brüderlichen Liebe (nach Psalm 133): „Sieh, wie lieblich und wie fein Ist’s, wenn Brüder friedlich sein“.

Wetzel, Histor. Lebens-Beschreibung IV, S. 372 f. – J. Chr. v. Dreyhaupt, Saal-Creys. 2. Thl. Halle 1751. S. 157, 925 f. u. 935. – Wetzel, Analecta hymnica II, S. 364. – J. G. W. Dunkel, Historisch-critische Nachrichten von verstorbenen Gelehrten und deren Schriften, 3. Bds. 3. Thl., Cöthen u. Dessau 1759. S. 355 f. – Rotermund zu Jöcher. – Koch, Gesch. d. Kirchenlieds (im Index s. v.). – C. Kehr, Der christliche Religions-Unterricht in der Volksschule. 2. Aufl. 2. Bd. Gotha 1870. S. 359. – Fischer, Kirchenlieder-Lexikon, 2. Hälfte, S. 459a und unter den einzelnen Liederanfängen. (Geburtsdatum, Todestag und andere von den Quellen nicht berührte Lebensnachrichten nach dem Grabstein in Morl.)