ADB:Dreyhaupt, Johann Christoph von
Dreyhaupt: Johann Christoph v. D., praktischer Jurist und Historiker, geb. in Halle 20. April 1699, † 13. Decbr. 1768. Sein Vater, ein wohlhabender Kaufmann und Gasthofsbesitzer, gab ihn bei einem Kaufmann zu Leipzig in die Lehre, der Beruf gefiel ihm aber wenig und er beschloß sich der Wissenschaft zu widmen. Michaelis 1718 bezog er die hallische Universität, um die Rechte zu studiren. Nach vollendeten Studien wurde er 1725 Advocat mit dem Titel als Commissionsrath und Hoffiscal bei der französischen Colonie. Nur wenige Jahre blieb er bei dieser Praxis, denn 1729 wurde er Assessor des Schöppenstuhls, 1731 Regierungs-, Kriegs- und Domänenrath, Schultheiß, Salzgräfe der Pfännerschaft und Senior des Schöppenstuhls. Damit begann seine ersprießliche richterliche Thätigkeit, in deren Anerkennung er 1741 den Titel eines Geheimrathes und 1742 durch den als Reichsvicarius eingetretenen Kurfürsten von Sachsen den Reichsadelsstand und die Würde eines comes Palatinus erhielt. Den ausgezeichneten Beamten ordnete 1745 die preußische Regierung zu dem in Leipzig niedergesetzten Kriegscommissariate ab; er verblieb bei demselben bis zu dem Friedensschlusse. Am 10. August 1768 feierte er unter allgemeiner Theilnahme den Tag, an welchem er vor fünfzig Jahren als Student immatriculirt war; wenige Monate nachher starb er.
Die gelehrten juristischen Studien hat der vielbeschäftigte Mann nicht vernachlässigt. 1729 begann er eine Sammlung „Decisionum rerum selectarum forensium civilium et criminalium in foris Magdeburgensibus ventilatarum“ unter dem Namen Trivultius; es blieb aber bei diesem ersten Versuch. Für dieses Provinzialrecht hatte er 1738 „Institutiones iuris criminalis Magdeburgici“ geschrieben und die in den Jahren 1732 1750 ausgearbeiteten Urtheile des hallischen Schöppenstuhls zusammengetragen, aber beide Werke sind nicht gedruckt. Wie er nach der Sitte seiner Zeit juristische Dissertationen in mehr als 400 Bänden zusammengebracht hatte, so war er auch unermüdlicher Sammler auf andern wissenschaftlichen Gebieten. Er besaß die kostbarsten Mineralien, Conchylien und namentlich Salze. Seine Abhandlung von der Verbesserung des Salzes wurde von der göttingischen Societät gekrönt; wegen seiner Verdienste um die Naturwissenschaften ernannten ihn die Berliner Akademie und die Erfurter Societät zu ihrem Mitgliede. Ein Salz- und Bergwerks-Lexikon hat er nur versprochen. Aber auch Antiken, Münzen, Wappen sammelte er unermüdlich, am meisten aber Urkunden, deren er über 1200 selbst abgeschrieben hat, Handschriften, Siegel, die er geschickt zu zeichnen verstand und anderes, was er zu dem umfangreichen geschichtlichen Werke benutzen konnte, welches seinem Namen einen Platz unter den Historikern sichert. Durch seine amtliche Stellung war er darauf hingewiesen, die Geschichte seiner Vaterstand und des Saalkreises zu erforschen, dieselbe Stellung erleichterte ihm die Benutzung der Archive; er scheute keine Kosten, um das reichhaltigste Material zusammenzubringen. 1749 erschien nach vieljähriger Vorbereitung der erste Theil unter dem Titel „Pagus Neletici et Nudzici oder ausführliche diplomatisch historische Beschreibung des zum Herzogthum Magdeburg gehörigen Saalcreises etc.“ und bereits 1750 der zweite Band. Diese beiden gewaltigen Folianten können für die damalige Zeit als das Muster einer Städtechronik gelten, in welcher der engere Kreis sich auf die Geschichte der ganzen Landschaft (des Herzogthums Magdeburg) erweitert. Seinen erstaunlichen [408] Fleiß bezeugen die zum Theil noch jetzt vorhandenen Regestensammlungen und kostbare Handschriften. Zahlreiche Kupferstiche liefern Ansichten der Städte und Gebäude, Bildnisse der Gelehrten (darunter viele nach Holzschnitten berühmter Meister des 16. Jahrhunderts) und Fürsten, Abbildungen der Siegel; genaue genealogische Tafeln der angesehenen Familien sind noch hinzugefügt. Die pfännerschaftlichen Salinen, deren oberste Leitung ihm als Salzgräfen oblag, sind mit besonderer Vorliebe behandelt und zu diesem Behuf Hondorff’s Beschreibung der Salzwerke (1670) mit Zusätzen vermehrt als Anhang abgedruckt. D. hatte das Werk auf eigene Kosten unternommen und damit seinem Local-Patriotismus ein großes Opfer gebracht; später überließ er den Verlag der Waisenhaus-Buchhandlung, bei der noch heute Exemplare desselben lagern. Einen Auszug daraus besorgte Prof. J. Fr. Stiebritz 1772 in 2 Bdn. 8., eine von mir 1839 begonnene Fortsetzung hat mit dem 30. Bogen aufgehört, weil amtliche Geschäfte mir die Weiterführung unmöglich machten. Auf eine ähnliche Arbeit über andere Kreise des Herzogthums Magdeburg verzichtete er; eben so auf eine genealogisch-heraldische Beschreibung der deutschen Grafenhäuser, für die er lange Jahre gesammelt hat.
D. war zweimal verheirathet, aber beide Ehen blieben kinderlos. Seine Sammlungen wurden zum größten Theile 1771 verkauft. Wenn man auch die große Empfindlichkeit und Reizbarkeit des Mannes tadelte und ihm sogar Rachsucht vorwarf, so durfte man doch gegen seine überwiegend guten Eigenschaften nicht blind sein. Er war aufopfernd, freigebig, der Armen gern gedenkend und für das gesellige Leben ein anziehender Mittelpunkt, weil er, wie für die Wissenschaft, so auch hier nicht an dem Gelde hing.
- J. Fr. Seyfart in der 2. Vorrede zu dem 2. Theile von Stiebritz’ Auszuge.