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Artikel „Dreyschock, Alexander“ von Rochus von Liliencron in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 408–409, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Dreyschock,_Alexander&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 22:12 Uhr UTC)
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Dreyschock: Alexander D., Claviervirtuose, geb. zu Zack in Böhmen 15. Oct. 1818, † 1. April 1869. Daheim, wo sein Vater gräflich Thun’scher Güterdirector war, musikalisch vorgebildet, so daß er sich schon in seinem achten Jahre öffentlich hören lassen konnte, kam er 1833 nach Prag in Tomaschek’s Schule, unter dessen Leitung er eine staunenswerthe Technik und dazu eine gute theoretische Bildung erlangte. Durch die Verbindung dieser Eigenschaften ward er neben Thalberg der glänzendste Vertreter jenes Claviervirtuosenthums, welches bis 1848 das Concertwesen und die Hausmusik beherrschte und verdarb. Während Thalberg ihn an vollendeter Abrundung und bezaubernder Weichheit des Tons wie an Glätte des ganzen Spieles überragte, wußte sich D. wieder durch Feuer und größere Energie bei nicht geringerer Bravour den Vorrang vor Thalberg zu gewinnen. Ganz besonders setzten seine Octaven-, Terzen- und Sextengänge und noch mehr die Ausbildung der linken Hand die Hörer in Erstaunen. Seine „Variationen über ein eigenes Thema für die linke Hand“ (erst 1843 als Op. 22 erschienen) bildeten seit Beginn seiner Kunstreisen eine seiner Hauptleistungen. In Prag, wo er seit 1836 in den Concerten auftrat, konnte er es noch wagen, neben Thalberg’schen Compositionen auch Herz’sche Variationen vorzutragen. Später bildete neben seinen eigenen Compositionen, unter denen sich die „Campanella“, Op. 10, besonderer Beliebtheit erfreute, hauptsächlich Thalberg, Chopin und Liszt sein Programm, in das er wol auch einen einzelnen Beethoven’schen Sonatensatz, wie den ersten der Sonate Pathétique, einzuflechten pflegte. Die Variationen für die linke Hand bildeten stets den Glanzpunkt für die allgemeine Bewunderung. Dem alten J. B. Cramer, der ihn in Paris hörte, wird das Witzwort nacherzählt, D. habe keine linke Hand sondern zwei rechte. – D. begann seine Kunstreisen am 3. Decbr. 1838 in Leipzig und ist von da an bis ins Jahr 1847 fast beständig auf Concertreisen gewesen in Deutschland, Rußland, [409] Frankreich, England, Belgien, Holland, Dänemark und Schweden. 1839 ward er schwerin’scher Hofpianist, 1844 (titulärer) hessen-darmstädtischer Capellmeister, auch an Orden fehlte es nicht. Seinen Wohnsitz behielt er inzwischen in Prag. Schon ehe das J. 1848 die ganze Richtung, welcher auch D. angehörte, hinwegspülte, fühlte man ihr Ende herannahen. Im Aug. 1847 zeigte ein Berliner Concertbericht der Allgem. Musik-Zeitung (49. S. 553) Dreyschock’s Auftreten dort mit den dürren Worten an: „D. und Thalberg waren auch hier; der erstere hat den letzteren geschlagen; Herr Thalberg und seine Compositionen sind antiquirt. Die eigentlichen Virtuosenconcerte neigen sich zu Grabe; eine neue Aera steigt herauf.“ – Seit 1858 unternahm D. aufs neue Concertreisen. 1862 folgte er einem Ruf nach Petersburg, wo er am neu errichteten Conservatorium Professor des Pianofortespiels, zugleich Director der kaiserlichen Theatermusikschule und Hofpianist wurde. Seine Gesundheit litt aber unter dem dortigen Klima; 1868 zur Stärkung nach Italien geschickt, erlag er 1869 zu Prag einer Tuberculose. – Ein Verzeichniß seiner Claviercompositionen (143 Opp.) findet man in Hofmeister’s Handbuch der mus. Litteratur. Es sind neben einzelnen Sonaten: Variationen, Fantasien, Morceaux und sogenannte Salonmusik aller Art. – Dreyschock’s Bruder Raimund, geb. 20. Aug. 1820, der sich in Prag unter Pixis zu einem trefflichen Geigenspieler ausbildete, begleitete den Bruder später mehrfach auf seinen Reisen und ward 1850 Concertmeister am Gewandhaus und Lehrer des Violinspiels am Conservatorium in Leipzig; er starb zu Stötteritz bei Leipzig 6. Febr. 1869. Seine Wittwe Elise, eine geschätzte Gesangslehrerin, siedelte 1870 mit der von ihr errichteten Gesangsschule nach Dresden[1] über.

Vgl. Wurzbach, Biogr. Lex., namentlich die Bd. 24 S. 394 aufgef. Litteratur.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 409. Z. 24 v. o. l.: Berlin (statt Dresden). [Bd. 45, S. 667]