ADB:Meyer, Johann Christian Friedrich

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Artikel „Meyer, Johann Christian Friedrich“ von Richard Heß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 599–601, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Meyer,_Johann_Christian_Friedrich&oldid=- (Version vom 26. Dezember 2024, 04:31 Uhr UTC)
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Meyer: Johann Christian Friedrich M., Forstmann, geb. am 17. Januar 1777 zu Eisenach, † am 2. Februar 1854 zu Ansbach. Er war der Sohn eines fürstlichen Waisenhausinspectors, erwarb sich die Gymnasialmaturität in seiner Geburtsstadt und bezog hierauf die Universität Jena, um Rechts- und Cameralwissenschaft zu studiren. Das Studium der Naturwissenschaften, zumal der Physik, zog ihn aber mehr an, als die Jurisprudenz, weshalb er sich mehr der forstcameralistischen Richtung widmete. Nach Absolvirung der Universitätsstudien übernahm er 1799 eine Lehrerstelle am Cotta’schen Privatforstinstitute zu Zillbach, wo er Vorträge über die heterogensten Gegenstände (Mathematik, Naturgeschichte, zumal Botanik, Forst- und Jagdrecht) zu halten hatte. 1803 promovirte er als Dr. phil. an der Universität Jena und folgte 1804 (oder 1805) einem Rufe Bechstein’s nach Dreißigacker, um hier insbesondere Forstdirectionslehre vorzutragen. In diese Lebensperiode fallen seine ersten forstlitterarischen Erzeugnisse. Er schrieb: „System einer auf Theorie und Erfahrung gestützten Lehre über die Einwirkung der Naturkräfte auf die Erziehung, das Wachsthum und die Ernährung der Forstgewächse, insbesondere über die Tragbarkeit und Fruchtbarkeit des Bodens, nebst einer sicheren und gründlichen Anleitung, die Bestand- und Gemengtheile des Bodens anzugeben und die für jeden Boden angemessene Holzart zu bestimmen“ (1806); „Abhandlung über die Waldhut in ökonomischer, forstwirthschaftlicher und politischer Hinsicht“ (1807); „Naturgetreue Darstellung der Entwickelung, Ausbildung und des Wachsthums der Pflanzen und der Bewegung und Functionen ihrer Säfte mit vorzüglicher Rücksicht auf Holzgewächse“ (1808). Diese Schriften, aus welchen eine gute allgemeine und auch naturwissenschaftliche Grundlage, Kenntniß der einschlägigen Litteratur und recht verständige Ansichten (zumal über die Saftbewegung in den Holzarten) hervorleuchten, verschafften ihm solchen Ruf, daß er eine Stelle in dem baierischen Staatsforstdienst angetragen erhielt, welche er annahm. Unter dem 9. November 1808 wurde er bei der neugebildeten General-Forstadministration zu München als Oberforstassessor mit Sitz und Stimme im Collegium angestellt und, nach Auflösung dieser Behörde und Uebertragung der unmittelbaren Leitung des Aerarial-, Forst- und Jagdwesens an die Finanzkammern der Kreisregierungen, am 27. Juli 1818 zum Regierungs- und Kreisforstrath in Ansbach ernannt. In dieser Stellung blieb er bis zu seiner am 22. December 1848 mit Wirkung vom 1. Januar 1849 ab eintretenden Quiescirung und widmete sich nun mit erneuter Kraft schriftstellerischen Arbeiten. Noch in die Münchener Amtsperiode fällt die Herausgabe seiner im Manuscripte bereits 1808 beendigten „Forstdirectionslehre, nach den Grundsätzen der Regierungspolitik und Forstwissenschaft, mit zwei Planzeichnungen und Tabellen“ (1810; 2. Ausgabe 1819), eine Leistung, welche nach Umfang (654 Quartseiten) und Bedeutung als sein hervorragendstes Werk bezeichnet werden muß. Während seiner Mußezeit veröffentlichte er die weiteren Schriften: „Der frühere und dermalige Stand der staatswirthschaftlichen, forstlichen und rechtlichen Verhältnisse bei den Waldungen und Jagden in Deutschland und namentlich bei den dasigen Reichsforsten“ (1851, 2 Theile); „Die Behandlung und Benutzung der mit [600] Waldholz oder nicht mit Waldholz bestockten (öden) Grundflächen Deutschlands im Interesse der Forst- und Landwirthschaft, sowie der Gewerbe“ (1852); „Flora des Fichtelgebirges“ (1854; gemeinschaftlich mit Fr. Schmidt). Von diesen drei Werken ist „Der frühere und dermalige Stand“ etc. in seinem zweiten Theile, welcher speciell von den Nürnberger Reichsforsten handelt, für die betreffende Oertlichkeit noch heute von Werth, da sich dessen Inhalt auf urkundliche und actenmäßige Nachweise gründet. Er gab außerdem eine „Zeitschrift für das Forst- und Jagdwesen in Baiern“ heraus (5 Jahrgänge, 1813–1817), welche später als „Neue Zeitschrift“ gemeinschaftlich mit Stephan Behlen, Carl Emil Diezel und Georg Franz Dietrich aus dem Winckell fortgesetzt und von 1826 durch Behlen allein weiter redigirt wurde.

M. war ein im Lehr- und Verwaltungsfache gleich vorzüglicher Forstmann. Daß er zum Lehrer geeignet war, beweist schon die Thatsache seiner Berufung hierzu durch zwei ausgezeichnete Männer (Cotta und Bechstein). Ueber seine vielseitige und angestrengte Wirksamkeit im Staatsdienste liegen actenmäßige Nachweise vor; namentlich fand er als technischer Referent der Regierung zu Ansbach wegen der zerrissenen Territorialverhältnisse des noch dazu mit den verschiedenartigsten Servituten belasteten Regierungsbezirkes ein schwieriges Feld vor. Die Durchführung der 1822 in’s Leben getretenen allgemeinen Forstorganisation in Baiern, die Betriebsregulirung und Aufstellung der Forsteinrichtungsoperate für die Staatswaldungen, die Regelung der maßlosen Ansprüche einer großen Anzahl von Forstberechtigten nahmen ihn voll und ganz in Anspruch. Er bewies hierbei hingebenden Fleiß und scharfes Wissen, nur machte sich bei seinen Maßregeln und Anordnungen nicht selten fühlbar, daß er niemals Gelegenheit gehabt hatte, als Wirthschafter im äußeren Dienste zu wirken. Durch Verleihung des Ritterkreuzes des Verdienstordens vom heiligen Michael von Seiten des Königs und Ehrenbezeugungen von Seiten des ihm unterstellten Personals schon bei Gelegenheit seines 25jährigen Dienstjubiläums (am 27. Juli 1843) wurde ihm die Anerkennung für seine Erfolge zu Theil.

Als Schriftsteller würde M. bei seiner gediegenen Grundlage und vorzüglichen Befähigung zu wissenschaftlicher Arbeit mehr geleistet haben, wenn er seine Thätigkeit nicht auf zu verschiedenartige Gebiete zersplittert hätte. Seinem „System einer auf Theorie und Erfahrung gestützten Lehre“ etc. liegt die Idee, die naturwissenschaftliche Begründung des Waldbaues ausfindig zu machen, zu Grunde; M. war aber nicht der Mann, diese Aufgabe zu lösen. Verhältnißmäßig am besten ist hier die Bodenkunde vorgetragen. In seiner „Forstdirectionslehre“ huldigt er, wie die Mehrzahl seiner Zeitgenossen, einer weitgehenden staatlichen Oberaufsicht und Leitung des forstlichen Betriebs, ganz im Sinne der früheren absoluten Forsthoheit. Er forderte zur Bewirthschaftung der Staatswälder diejenige Umtriebszeit, welche nicht blos die Naturalbedürfnisse der Unterthanen vollkommen befriedige, sondern bei welcher auch die Waldfläche ökonomisch benutzt werde; der größtmögliche Geldreinertrag aus den Waldungen ist für ihn Nebenzweck. Zur Ermittlung des nothwendigen Holzbedarfs der Unterthanen, welchen der Staat zu befriedigen verpflichtet sei, macht er eine ganze Reihe minutiöser Vorschläge, deren Unausführbarkeit von vornherein einleuchten muß. Er gelangte hierbei auf Grund der Erwägung, daß die Holzproduction doch schwerlich in gleichem Maße gesteigert werden könne, wie die Bevölkerung und mit ihr das Holzbedürfniß zunehme, zu der naiven – übrigens von seinem Standpunkte aus ganz consequenten – Forderung, daß der Staat verhüten müsse, daß die Bevölkerung und Holzconsumtion in Zukunft mehr zunehme, als der „festgesetzte Naturalertrag“ gestatte (?!). Solche philosophirende, den Boden der Praxis so gänzlich verlassende Ungeheuerlichkeiten [601] waren freilich bei den damaligen Staatsforstwirthen keine Seltenheit. Immerhin liegt Meyer’s Bedeutung als Schriftsteller wol mehr auf forstpolitischem, bezw. forstadministrativem Gebiete, als auf forstnaturwissenschaftlichem. Der gute Einfluß der Universitätsbildung ist aus allen Schriften unverkennbar, nur leiden dieselben an einer gewissen Breite und Schwerfälligkeit. Er war auch Mitglied mehrerer gelehrter Gesellschaften. – Sein Wesen war schlicht und einfach. An das Leben stellte er keine besonderen Ansprüche, fand vielmehr seine Befriedigung lediglich in Arbeit und Familienglück.

Behlen’s Zeitschrift für das Forst- und Jagdwesen, N. F., 4. Band, 3. Heft, S. 95. – Allgemeine Forst- und Jagdzeitung, 1844, S. 263 und 1849, S. 71. – Fraas, Geschichte der Landbau- und Forstwissenschaft, S. 578 und 592. – Fr. von Löffelholz-Colberg, Forstl. Chrestomathie I. S. 25, Nr. 93 und II, S. 176, Nr. 362. – Ratzeburg, Forstwissenschaftliches Schriftstellerlexikon, S. 356. – Bernhardt, Geschichte des Waldeigenthums etc. I. S. XII; II. S. 263, Bemerkung 39, S. 280, 364, 370, 374, 384; III. S. 314. – Roth, Geschichte des Forst- und Jagdwesens in Deutschland, S. 653. - Privatmittheilungen.